Leitsatz (amtlich)
Wechselt nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens die Zuständigkeit für ein Betreuungsverfahren, ist das Rechtsbeschwerdegericht zur Entscheidung über die eingelegte weitere Beschwerde berufen, das dem jetzt verfahrensführenden VormG übergeordnet ist.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 29.08.2003; Aktenzeichen 83 T 109/03) |
AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 52 XVII 2395) |
AG Amberg (Aktenzeichen XVII 10/04) |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Berlin vom 29.8.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Das VormG bestellte für die Betroffene mit Beschluss vom 6.1.2003 eine Betreuerin für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitssorge und Vermögenssorge. Anlass für die Entscheidung war, dass die Betroffene aufgrund gutachtlich festgestellter schizophrener Erkrankung nicht in der Lage ist, ihre Angelegenheiten in den genannten Bereichen selbst wahrzunehmen. Gegen den amtsgerichtlichen Beschluss legte zunächst die weitere Beteiligte und mit Schreiben vom 4.6.2003 auch die Betroffene Beschwerde ein. Das LG Berlin hat das Rechtsmittel mit Beschluss vom 29.8.2003 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung legte die weitere Beteiligte am 4.11.2003 weitere Beschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle des KG ein. Das AG A. hat mit Beschluss vom 12.1.2004 das Betreuungsverfahren übernommen, nachdem die Betroffene im Rahmen therapeutischer Maßnahmen in eine Einrichtung in dessen Geschäftsbereich umgezogen ist. Das Verfahren über die weitere Beschwerde wurde in der Folge an das BayObLG abgegeben.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das BayObLG ist zur Entscheidung über die weitere Beschwerde berufen. Nach Abgabe des Verfahrens an das AG A. wechselt auch die Zuständigkeit für die Entscheidung über die zulässig beim KG eingelegte weitere Beschwerde (vgl. BayObLG BayObLGZ 1982, 261; v. 8.8.1985 - AllgReg. 72/85, BayObLGZ 1985, 296 = MDR 1985, 1036; Bassenge/Herbst/Roth, FGG/RPflG, 9. Aufl., § 28 Rz. 1; Keidel/Engelhardt, FGG, 15. Aufl., § 46 Rz. 47). Einwände gegen die Zulässigkeit des eingelegten Rechtsmittels sind nicht ersichtlich. Die weitere Beteiligte hat insb. ein Beschwerderecht nach § 69g Abs. 1 FGG.
2. Das LG hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet.
Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers lägen vor. Die Betroffene könne wegen ihrer psychischen wahrscheinlich schizophrenen Erkrankung ihre Angelegenheiten nicht selbst in adäquater Weise besorgen. Sie sei nahezu vollständig unfähig, ihre Lebenssituation kritisch zu beurteilen und ihr Leben selbständig zu planen und zu führen. Zu Recht habe das VormG davon abgesehen, die Mutter, die weitere Beteiligte, zur Betreuerin zu bestellen, obwohl sich die Betroffene anlässlich ihrer Anhörung hierfür ausgesprochen habe. Der weiteren Beteiligten fehle es an der erforderlichen Eignung. Ihre Bestellung würde dem Wohl der Betroffenen nicht gerecht. Die Mutter unterhalte eine symbiotische Beziehung zur Betroffenen, die ihr keine Möglichkeit zur Entwicklung eines eigenständigen Lebens eröffne. Die weitere Beteiligte sei auch nicht in der Lage, das schwere Krankheitsbild ihrer Tochter und die Behandlungsbedürftigkeit zu erkennen. Da geeignete Personen aus dem persönlichen Umfeld der Betroffenen oder Personen, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit wären, als Betreuer nicht zur Verfügung stehen, habe das VormG eine Berufsbetreuerin bestellt.
3. Dies hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Kann ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, bestellt das VormG einen Betreuer (§ 1896 Abs. 1 BGB). Gegen den Willen des Betroffenen ist die Bestellung eines Betreuers nur zulässig, wenn der Betroffene aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung seinen Willen nicht frei bestimmen kann (vgl. BayObLG v. 25.7.1994 - 3Z BR 97/94, BayObLGZ 1994, 209 [211] = BayObLGReport 1994, 76; v. 11.4.2001 - 3Z BR 83/01, BayObLGReport 2001, 60 = FamRZ 2001, 1244; OLG Hamm FamRZ 2000, 494 [496]; OLG Köln FamRZ 2000, 908). Nach § 1896 Abs. 2 S. 1 BGB darf ein Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Dies bedarf für jeden einzelnen Aufgabenkreis der Konkretisierung (vgl. BayObLG BtPrax 2002, 38 m.w.N.).
Nach dem durch das LG verfahrensfehlerfrei ermittelten und damit für den Senat bindenden Sachverhalt steht fest, dass bei der Betroffenen eine Entwicklungsverzögerung und mit großer Wahrscheinlichkeit auch eine schizophrene Erkrankung vorliegt. Sie ist krankheitsbedingt nicht in der Lage, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen und ist aus psychiatrischer Sicht als geschäftsunfähig anzusehen. Das Ergebnis der Begutachtungen und der Anhörungen ist, dass die Betroffene ohne Hilfe Dritter ihr Leben nicht meistern kann. Daher ist die Bestellung einer Betreuerin für die Betroffene für die angeführten Auf...