Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Rechtsgrundlage für Druckkosten einer Antragsschrift durch Justizkasse
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 01.03.1989; Aktenzeichen 1 T 1679/89) |
AG München (Aktenzeichen UR II 982/88 WEG) |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 1. März 1989 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
1. Antragsteller und Antragsgegner (die Verwalterin ausgenommen) sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
Der Antragsteller beantragte beim Amtsgericht, einige in einer Wohnungseigentümerversammlung gefaßte Beschlüsse für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht, das eine Interessenkollision der kraft Gesetzes zustellungsbevollmächtigten Verwalterin als gegeben annahm, ordnete u. a. die Zustellung der Antragsschrift an sämtliche Wohnungseigentümer und die Verwalterin an. Die Antragsschrift wurde mit Ladung in 600-facher Fertigung gedruckt; die Schreibauslagen hierfür wurden dem Antragsteller mit 1 115 DM … in Rechnung gestellt.
2. Gegen den Kostenansatz legte der Antragsteller Erinnerungen ein, da kein Anspruch auf Erstattung der Schreibauslagen bestehe. Da die Hausverwaltung zustellungsbevollmächtigt gewesen sei, habe für das Gericht kein Anlaß bestanden, den Antrag 600mal zu drucken und an die einzelnen Wohnungseigentümer zuzustellen.
Das Amtsgericht änderte auf die Erinnerungen … die Kostenrechnung … dahin ab, daß für nur 550 zur Zustellung benötigte Kopien 1 040 DM zu zahlen seien, und wies die Erinnerungen im übrigen zurück. Zur Begründung wird ausgeführt, daß eine Zustellung der Antragsschrift allein an die Verwalterin wegen Interessenkollision unzulässig gewesen sei. Der Antrag, der (u. a.) der Verwalterin die Einberufung einer Eventualversammlung ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen hierfür anlaste, impliziere nämlich eine Pflichtverletzung der Verwalterin.
Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts legte der Antragsteller Beschwerde ein. Eine Interessenkollision der Verwalterin habe nicht vorgelegen, zumal der Verwalterin eine rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilt worden sei, ausweislich derer sie vom Selbstkontrahierungsverbot befreit sei.
Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab. Das Landgericht hob … den Beschluß des Amtsgerichts … und die Kostenrechnung … auf und ließ die weitere Beschwerde zu. Eine Zahlungspflicht für die Antragskopien bestehe nicht, da es an einer gesetzlichen Vorschrift für die Erhebung derartiger Auslagen fehle. Insbesondere könne in der vorliegenden Angelegenheit der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht auf Nr. 1900 KV zu § 11 Abs. 1 GKG zurückgegriffen werden.
3. Gegen die Entscheidung des Landgerichts wendet sich die Staatskasse mit der weiteren Beschwerde. Das Ergebnis der landgerichtlichen Entscheidung sei für die Staatskasse kaum tragbar. Im Hinblick auf die Beurteilung des vorliegenden Verfahrens als Streitverfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, in dem § 253 ZPO entsprechend anzuwenden sei, erscheine es vertretbar, für Abschriften den Auslagentatbestand der Nr. 1900 Nr. 1 Buchst. b KVGKG analog anzuwenden.
II.
1. Die weitere Beschwerde der Staatskasse ist statthaft (§ 14 Abs. 3 Satz 2 KostO) und formgerecht eingelegt (§ 14 Abs. 4 KostO). Der Bezirksrevisor ist zur Vertretung des Freistaats Bayern zuständig (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b VertrV-BayRS 600-1-F). Die Staatskasse ist durch die landgerichtliche Entscheidung ohne Rücksicht auf die gegenteiligen Anträge des Bezirksrevisors als Gegner des Beschwerdeführers in der Erstbeschwerdeinstanz auch beschwert (vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann – nachfolgend Korintenberg – KostO 11. Aufl. § 14 Rn. 136).
2. Das sonach zulässige Rechtsmittel ist sachlich jedoch nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Für die Erhebung der dem Antragsteller in Rechnung gestellten Schreibauslagen besteht keine Rechtsgrundlage.
Die §§ 136 ff. KostO sehen keine Erstattung der Kosten für die gefertigten Kopien der Antragsschrift vor. Insoweit kommt auch § 136 Abs. 1 Nr. 1 KostO nicht als Rechtsgrundlage in Betracht, da die Bestimmung einen gerade auf die Erteilung oder Anfertigung von Ausfertigungen oder Abschriften gerichteten Antrag voraussetzt (vgl. Rohs/Wedewer KostO 3. Aufl. § 136 Rn. 15), der vorliegend nicht gestellt wurde.
Eine Rechtsgrundlage für den angefochtenen Kostenansatz läßt sich auch nicht aus § 11 Abs. 1 GKG, Nr. 1900 Nr. 1 Buchst. b KVGKG herleiten (vgl. OLG Düsseldorf und OLG Hamm Rpfleger 1983, 177; LG Krefeld JurBüro 1982, 1704 f. mit zust. Anm. Mümmler; Palandt/Bassenge BGB 48. Aufl. § 48 WEG Anm. 1 c; Weitnauer WEG 7. Aufl. § 48 Rn. 1 a; Korintenberg vor § 136 Rn. 1, § 136 Rn. 3; a.A. AG und LG Paderborn JurBüro 1981, 742 f.). Eine Anwendung des Gerichtskostengesetzes scheidet hier deshalb aus, weil es sich um einen Kostenansatz in einer Wohnungseigentumssache, also in einem Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 43 Abs. 1 WEG), handelt. Für ein solches Verfahren gelten, soweit nichts anderes ausdrüc...