Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG, § 136 KostO
Kommentar
In einem Beschlussanfechtungsverfahren in einer Großgemeinschaft ging das AG von einer Interessenkollision der kraft Gesetzes zustellungsbevollmächtigten Verwaltung aus und ordnete u. a. die Zustellung der Antragsschrift an sämtliche Wohnungseigentümer und die Verwaltung an. Die Antragsschrift wurde in gerichtlichem Auftrag mit Ladung in 600-facher Fertigung gedruckt, dem Antragsteller wurden hierfür DM 1.115,- in Rechnung gestellt.
Der Antragsteller legte gegen diese Rechnung Erinnerung ein und begründete diese damit, dass die Verwaltung zustellungsbevollmächtigt gewesen sei, sodass für das Gericht kein Anlass bestanden hätte, den Antrag drucken und an die einzelnen Wohnungseigentümer zustellen lassen zu müssen.
Das AG reduzierte die Rechnung aufgrund nur benötigter 550 Kopien auf DM 1.050,-, wies die Erinnerung i.Ü. zurück. Wegen bestehender Interessenkollision sei eine Zustellung der Antragsschrift allein an die Verwaltung unzulässig.
Der Antragsteller legte gegen diese Entscheidung des AG Beschwerde ein, auch unter Hinweis darauf, dass der Verwaltung eine rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilt worden sei, nach der sie vom Selbstkontrahierungsverbot befreit sei. Das LG entschied dann gegen die Zahlungspflicht durch den Antragsteller mit der Begründung, dass es an einer gesetzlichen Vorschrift für die Erhebung derartiger Auslagen fehle.
Auf berechtigte weitere Beschwerde der Staatskasse unter Hinweis auf analoge Anwendung der Nr. 1900 Nr. 1 b) des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (KVGKG) bestätigte der Senat zwar die Statthaftigkeit der weiteren Beschwerde durch den Bezirksrevisor als Vertreter des Freistaates Bayern (vorliegende Beschwer des weiteren Beteiligten, des Freistaates Bayern - Staatskasse -, vertreten durch den Bezirksrevisor beim AG), wies jedoch das zulässige Rechtsmittel als sachlich nicht begründet zurück; für derart in Rechnung gestellte Schreibauslagen bestehe tatsächlich keine Rechtsgrundlage. § 136 Abs. 1 Nr. 1 KostO setze gerade einen auf die Erteilung oder Anfertigung von Ausfertigungen oder Abschriften gerichteten Antrag voraus, der vorliegend nicht gestellt wurde. Das Gerichtskostengesetz könne im vorliegenden Fall in einer Wohnungseigentumssache (Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit) nicht angewendet werden, auch nicht analog (Ausschließlichkeit der Kostenordnung). Der Gesetzgeber hat auch offenbar bewusst davon abgesehen, § 136 KostO auch hinsichtlich der Fertigung von Abschriften zum Zweck der Zustellung an die Bestimmung der Nr. 1900 Nr. 1 b KVGKG anzupassen.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 22.06.1989, BReg 3 Z 55/89)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Im Fall gerichtlich angenommener Interessenkollision eines Verwalters für die Inempfangnahme gerichtlicher Antragsschriften könnte m.E. allein eine Zwischenverfügung des Gerichts an den Antragsteller ergehen, selbst zu Zwecken einer Zustellung die entsprechenden Antragsschriftkopien vorzulegen und die notwendigen Zustell-Portokosten einzubezahlen. Ein Antragsteller müsste hier allerdings die Möglichkeit haben (wie schon durch die Rechtsprechung anerkannt), gegen eine solche belastende Zwischenverfügung den wohnungseigentumsrechtlichen Beschwerdeweg einschlagen zu können. In einem solchen Zwischenverfahren könnte dann die Frage der tatsächlichen Interessenkollision vorab geklärt werden. Ist tatsächlich von keiner Interessenkollision auszugehen, besteht ja bekanntlich nach derzeit verfestigter Rechtsprechung die Pflicht des Verwalters, die Zustellung auch nur einer Abschrift der Anfechtung in Empfang zu nehmen und sämtliche Eigentümer in angemessener Weise informieren zu müssen. Verwalter von Großanlagen beklagen diese Verpflichtung bereits heftig, zumal sich diese m.E. nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (vgl. § 27 Abs. 2 WEG).
Sicher kann das Gericht auch einem Antragsteller zur Auflage machen, Abschriften einer Beschlussanfechtungsschrift vorzulegen, nicht allerdings androhen, wenn dies in bestimmter Frist nicht geschehe, werde das Gericht selbst zu Kostenlasten des Antragstellers Druckauftrag erteilen (wie hier geschehen).
Das Gericht kann allenfalls den Antrag nicht weiter bearbeiten, wenn der Antragsteller nicht die geforderten Abschriften vorlegt und wenn er nicht gegen eine solche Auflagenzwischenentscheidung zum Zweck der endgültigen Klärung der Berechtigung einer solchen Auflage ein Rechtsmittelverfahren einleitet.