Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenrecht. Erbscheinsverfahren: hier: Kostentragung bei Rücknahme einer weiteren Beschwerde
Leitsatz (redaktionell)
1. Über die Erstattung der im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten ist im Erbscheinsverfahren nicht nach dem Erfolgsprinzip des § 91 Abs. 1 ZPO, sondern gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG nach billigem Ermessen zu entscheiden.
2. Bei der Zurücknahme eines Rechtsmittels entspricht es zwar regelmäßig der Billigkeit, daß derjenige, der ein Rechtsmittelverfahren in Gang gebracht hat, die einem anderen Beteiligten dadurch entstandenen Kosten erstattet, jedoch können besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1; KostO § 2 Nr. 2, § 131 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 1774/95) |
AG Kempten (Aktenzeichen 5 VI 169/86) |
Tenor
I. Die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Verfahren der weiteren Beschwerde unterbleibt.
II. Der Geschäftswert des Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 24 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Erblasser ist am 19.2.1986 verstorben. Die Beteiligte zu 1 ist seine Witwe; die Beteiligten zu 2 bis 5 sind die aus der Ehe des Erblassers hervorgegangenen Kinder. Zum Nachlaß gehören Bankguthaben, außerdem war der Erblasser Eigentümer eines landwirtschaftlichen Anwesens (früherer Erbhof).
Der Erblasser und die Beteiligte zu 1 hatten am 15.4.1943 einen notariellen Ehe- und Erbvertrag errichtet, in dem sie entsprechend den Regelungen des seinerzeit geltenden Reichserbhofgesetzes letztwillige Verfügungen bezüglich des Erbhofes sowie über das Vermögen trafen, welches außerhalb des Erbhofs vorhanden war. Hinsichtlich dieses Vermögensteils bestimmten sie, daß beim Tode eines der Ehegatten jeweils der Überlebende alleiniger Erbe sein solle. Hinsichtlich des Erbhofes bestimmten sie für den Fall des Todes des Erblassers, daß die überlebende Beteiligte zu 1, „falls gesetzliche Anerben nicht vorhanden sind, oder diese auf ihr Anerbenrecht verzichten”, die Anerbin des Erbhofs werden sollte. Für den Fall, daß nach dem Tode des Erblassers die Beteiligte zu 1 nicht Anerbin des Erbhofs werde, sollte sie auf jeden Fall auf die längste nach dem Gesetz zulässige Dauer, womöglich auf Lebensdauer, die Verwaltung und Nutznießung des Erbhofs erhalten.
Die Beteiligte zu 1 hat im Jahr 1986 einen Erbschein beantragt, der sie aufgrund gesetzlicher Erbfolge als Erbin zu einem Viertel und die Beteiligten zu 2 bis 5 als Miterben je zu drei Sechzehntel ausweisen sollte. Das Nachlaßgericht hat am 21.5.1986 einen gemeinschaftlichen Erbschein bewilligt, der zwar diese Erbfolge, als Berufungsgrund aber den Ehe- und Erbvertrag vom 15.4.1943 auswies. Mit Beschluß vom 21.12.1988 hat es den Erbschein dahin berichtigt, daß der Erblasser aufgrund gesetzlicher Erbfolge beerbt worden sei.
Mit Schreiben vom 15.7.1994 hat die Beteiligte zu 1 angeregt, den Erbschein vom 21.5.1986 einzuziehen sowie beantragt, ihr einen Alleinerbschein aufgrund des Erbvertrags zu erteilen. Die Beteiligten zu 4 und 5 schlossen sich dem Antrag an; der Beteiligte zu 2 trat ihm entgegen.
Mit Beschluß vom 13.2.1995 hat das Amtsgericht den Erbschein vom 21.5.1986 als unrichtig eingezogen. Am 6.4.1995 hat es einen neuen Erbschein bewilligt, der die Beteiligte zu 1 als Alleinerbin aufgrund des Erbvertrags vom 15.4.1943 ausweist. Eine Ausfertigung dieses Erbscheins wurde an die Beteiligte zu 1 hinausgegeben.
Gegen die Beschlüsse vom 13.2.1995 und 6.4.1995 hat der Beteiligte zu 2 jeweils Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 31.8.1995 die Rechtmittel zurückgewiesen. Mit seiner gegen diese Entscheidung gerichteten weiteren Beschwerde hat der Beteiligte zu 2 beantragt, den Beschluß des Landgerichts sowie die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 13.2. und 6.4.1995 aufzuheben, das Amtsgericht anzuweisen, den Erbschein vom 6.4.1995 einzuziehen sowie einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, daß der Erblasser aufgrund gesetzlicher Erbfolge von der Beteiligten zu 1 zu 1/4 und von den Beteiligten zu 2 bis 5 je zu 3/16 beerbt worden ist; hilfsweise je zur Hälfte durch die Beteiligten zu 1 und 2. Die Beteiligten zu 1 und 3 sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Das Oberlandesgericht hat im landwirtschaftlichen Hofzuweisungsverfahren mit Beschluß vom 3.11.1993 dem Beteiligten zu 2 das landwirtschaftliche Anwesen (Erbhof) zugewiesen sowie Abfindungsbeträge (30 800 DM zugunsten der Beteiligten zu 1 und jeweils 23 100 DM zugunsten der Beteiligten zu 3 bis 5) festgesetzt. Die hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 1 und 3 bis 5 hat der Bundesgerichtshof als unzulässig verworfen; ihre Verfassungsbeschwerden hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen. Gestützt auf den Alleinerbschein vom 6.4.1995 haben die Beteiligten zu 1 und 3 bis 5 beim Oberlandesgericht die Wiederaufnahme des Zuweisungsverfahrens und die Aufhebung des Zuweisungsbeschlusses vom 3.11.1993 beantragt. Diese Anträge hat da...