Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Über die Erstattung der im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten ist im Erbscheinsverfahren nicht nach dem starren Erfolgsprinzip des § 97 Abs. 1 ZPO, sondern gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG nach billigem Ermessen zu entscheiden.
2. Für den gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO festzusetzenden Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde ist, wenn wie hier besondere Umstände nicht vorliegen, die Bedeutung des Rechtsmittels für den Rechtsbeschwerdeführer maßgebend; insbesondere das damit verfolgte wirtschaftliche Interesse.
Normenkette
KostO § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 S. 1, § 131 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Rosenheim (Aktenzeichen VI 511/90) |
LG Traunstein (Aktenzeichen 4 T 3277/92) |
Tenor
I. Die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Verfahren der weiteren Beschwerde unterbleibt.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 160.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Erblasserin war verwitwet und hatte keine Kinder. Der Beteiligte zu 1 war ihr langjähriger Hausarzt. Die Beteiligten zu 2 bis 4 sind als gesetzliche Erben in Betracht kommende Abkömmlinge der Eltern der Erblasserin. Zum Nachlaß gehört Geldvermögen in Höhe von rund 78 000 DM sowie Grundvermögen im Wert von rund 410 000 DM.
Die Erblasserin errichtete am 1.10.1986 ein notarielles Testament, in dem sie den Beteiligten zu 1 als ihren Alleinerben einsetzte. Dieser hat beim Nachlaßgericht einen Erbschein beantragt. Demgegenüber hat die Beteiligte zu 2 einen Teil-erbschein beantragt, der sie als gesetzliche Miterbin zu 1/3 ausweisen soll. Sie hat behauptet, die Erblasserin sei bei Errichtung des notariellen Testaments testierunfähig gewesen.
Das Amtsgericht hatte einen Erbschein für den Beteiligten zu 1 als Alleinerben angekündigt. Auf die hiergegen gerichteten Beschwerden der Beteiligten zu 2 und 4 hat das Landgericht den Vorbescheid aufgehoben und das Verfahren an das Nachlaßgericht zurückgegeben. Dieses hat nach Durchführung von Ermittlungen mit Beschluß vom 29.7.1992 den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge angekündigt. Das Landgericht hat auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 den Beschluß vom 29.7.1992 aufgehoben und die Sache erneut dem Nachlaßgericht zu anderer Behandlung zurückgegeben.
Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte zu 2 – gestützt auf neue Beweismittel- weitere Beschwerde eingelegt. Dieses Rechtsmittel nahm sie auf einen Hinweis des Gerichts zurück. Der Beteiligte zu 1, der dem Rechtsmittel durch seine Verfahrensbevollmächtigte entgegengetreten war, beantragt nunmehr, der Beschwerdeführerin die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Nach Zurücknahme des Rechtsmittels, das als weitere Beschwerde statthaft war (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG), ergibt sich die Pflicht der Rechtsbeschwerdeführerin, die Gerichtskosten zu tragen, unmittelbar aus dem Gesetz (§ 131 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 1 KostO; vgl. BayObLG FamRZ 1983, 96).
2. Über die Erstattung der im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten ist im Erbscheinsverfahren nicht nach dem starren Erfolgsprinzip des § 97 Abs. 1 ZPO, sondern gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG nach billigem Ermessen zu entscheiden (BGHZ 28, 117/121; BayObLGZ 1991, 382/384, ständige Rechtsprechung).
Bei der Zurücknahme eines Rechtsmittels entspricht es zwar regelmäßig der Billigkeit, daß derjenige, der ein Rechtsmittelverfahren in Gang gebracht hat, die einem anderen Beteiligten dadurch entstandenen Kosten erstattet, jedoch können besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen (vgl. BGH aaO; BayObLG FamRZ 1983, 96). Solche Umstände liegen hier vor, da die Zurücknahme des Rechtsmittels – entsprechend einem Hinweis des Rechtsbeschwerdegerichts – darauf beruht, daß neue tatsächliche Umstände bekanntgeworden sind, die eine erneute Überprüfung der Testierfähigkeit rechtfertigen können, die aber im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr hätten berücksichtigt werden können.
3. Für den gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO festzusetzenden Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde ist, wenn wie hier besondere Umstände nicht vorliegen, die Bedeutung des Rechtsmittels für den Rechtsbeschwerdeführer maßgebend; insbesondere das damit verfolgte wirtschaftliche Interesse. Dieses ist entsprechend dem Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 auf 1/3 des Wertes des Reinnachlasses gerichtet. Auf dieser Grundlage schätzt der Senat das Rechtsmittelinteresse der Beteiligten 2 auf rund 160 000 DM. Danach wird der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens festgesetzt.
Unterschriften
Gummer, Dr. Kahl, Sprau
Fundstellen