Entscheidungsstichwort (Thema)
Mieterhöhung
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 20 C 3557/83) |
LG München I (Aktenzeichen 14 S 12523/83) |
Tenor
Die „Kappungsgrenze” des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG i.d.F. des Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen vom 20.12.1982 ist auch auf ein dem Mieter nach dem 1.1.1983 zugegangenes Mieterhöhungsverlangen anzuwenden, durch welches eine Mieterhöhung erstmals nach dem Wegfall einer Preisbindung verlangt wird.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist Eigentümer einer an den Beklagten vermieteten Wohnung in der … in … deren Preisbindung ab 1.1.1983 entfallen ist. Nachdem die monatliche Nettomiete letztmals ab 1.8.1981 auf DM 186,90 erhöht worden war, verlangte der Kläger mit einem dem Beklagten am 15.2.1983 zugegangenen Schreiben eine Erhöhung auf DM 448,– (was einem Preis von DM 14,50 pro m² entspricht) und begründete dieses Verlangen mit der Angabe von vier Vergleichswohnungen. Da der Beklagte einer Erhöhung auf lediglich DM 243,– zustimmte, beantragt der Kläger mit seiner am 24.5.1983 erhobenen Klage, den Beklagten zu verurteilen, einer Erhöhung der Miete auf DM 448,– monatlich ab 1.5.1983 zuzustimmen.
Das Amtsgericht München hat die Klage durch Urteil vom 10.6.1983 abgewiesen, weil die vom Kläger verlangte Erhöhung der Miete mehr als 30 % betrage und deshalb nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des MHG in der seit 1.1.1983 geltenden Fassung unzulässig sei.
Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und ordnungsgemäß begründeten Berufung verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter, während der Beklagte die Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt.
Das Landgericht München I hat am 28.9.1983 beschlossen, einen Rechtsentscheid zu folgender Rechtsfrage zu erholen:
Ist die 30-%-Kappungsgrenze nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 MHG auch dann anzuwenden, wenn das Mieterhöhungsschreiben nach dem 1.1.1983 zugegangen ist, die Wohnung aber innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren vorher einmal der Preisbindung unterlag?
Das Landgericht hat den Parteien Gelegenheit zur Äußerung gegeben und die Rechtsfrage dem Bayer. Obersten Landesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Vorlage, über die das Bayer. Oberste Landesgericht zu entscheiden hat (BayObLGZ 1980, 360/363 und ständige Rechtsprechung, zuletzt BayObLGZ 1983 Nr. 56), ist zulässig.
a) Die vorgelegte Rechtsfrage ergibt sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum (Art. III Abs. 1 Satz 1 des 3. MietRÄndG).
b) Sie kann auch entscheidungserheblich (vgl. zur Prüfung der Entscheidungserheblichkeit BayObLGZ 1982, 173/174 m.Nachw.; BayObLGZ 1983 Nr. 56 m.w.Nachw.) sein.
aa) Durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. a des am 1.1.1983 in Kraft getretenen Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen vom 20.12.1982 (BGBl I S. 1912) wurde § 2 Abs. 1 Satz 1 MHG u.a. dahin geändert, daß der Vermieter die Zustimmung des Mieters zu einer Erhöhung des Mietzinses nur unter der weiteren Voraussetzung verlangen kann, daß sich dieser innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren – von Erhöhungen wegen gebrauchswerterhöhender baulicher Maßnahmen und solchen wegen Erhöhung von Kapitalkosten abgesehen – „nicht um mehr als 30 vom Hundert erhöht” (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG). Weil das Mieterhöhungsverlangen in dem der Vorlage zugrunde liegenden Rechtsstreit dem Mieter nach dem 1.1.1983 zugegangen ist, stellt sich die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage der zeitlichen Geltung der allgemein als „Kappungsgrenze” (vgl. dazu Heublein/Kuda WM 1983, 95) bezeichneten Vorschrift hier nicht (vgl. dazu aber den Rechtsentscheid des OLG Frankfurt vom 8.12.1983 – 20 RE-Miet 1/83 – BAnz. 1984 Nr. 1 S. 11 und Beschluß des OLG Koblenz vom 6.1.1984 – 4 W – RE – 608/83).
Da das Landgericht ersichtlich davon ausgeht, daß die Berufung zurückzuweisen ist, wenn die „Kappungsgrenze” anwendbar ist (weil dann dem Kläger kein höherer Mietzins zusteht, als der, den der Beklagte zu zahlen bereit ist, nämlich eine Erhöhung der seit 1.8.1981 bezahlten Miete um 30 %), ist auch die Frage der Berechnung der Dreijahresfrist und der „Ausgangsmiete” (vgl. dazu statt vieler Barthelmess Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz – Miethöhegesetz 3. Aufl. § 2 MHG RdNrn. 55 und 56) vom Senat nicht zu entscheiden.
bb) Entscheidungserheblich ist mithin allein die Frage, ob die „Kappungsgrenze” auch beim erstmaligen Übergang von bisher preisgebundenem Wohnraum zur Preisfreiheit (und damit, zur Anwendbarkeit des MHG) Anwendung findet. Das Landgericht ist der Rechtsgrundlage der Preisbindung für die streitgegenständige Wohnung nicht nachgegangen, sondern hat eine solche und deren Ablauf am 31.12.1982 – dem Sachvortrag beider Parteien folgend – als unstreitig behandelt. Auch hieran ist der Senat gebunden.
c) Die – soweit ersichtlich – durch Rechtsentscheid noch nicht beantwortete Rechtsfrage (vgl. aber Vorlagebeschluß des LG Hannover WM 1983, 302) ist auch von grundsätzlicher Bedeutung (Art. III Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz des 3. MietRÄndG). Es ist zu erwarten, daß sie wiederholt auftreten und – wie...