Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlasspflegschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Beschwerde gegen die Ablehnung der Anordnung einer Pflegschaft wird hinsichtlich der Beschwerdeberechtigung lediglich ein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers an der Anordnung der Pflegschaft vorausgesetzt.

 

Normenkette

FGG § 20 Abs. 1, § 57 Abs. 1 Nr. 3; BGB §§ 1589, 1600a S. 2, § 1600n Abs. 2, § 1960 Abs. 2, § 1962

 

Verfahrensgang

LG Ansbach (Beschluss vom 11.08.1997; Aktenzeichen 4 T 864/97)

AG Ansbach (Aktenzeichen VI 405/97)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluß des Landgerichts Ansbach vom 11. August 1997 aufgehoben.

II. Die Sache wird zu anderer Behandlung und neuer Entscheidung an das Landgericht Ansbach zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Erblasser, ein deutscher Staatsangehöriger, der längere Zeit in Kanada gelebt hatte, ist 1997 in Erlangen verstorben. Er war ledig und hatte ausweislich der Todesanzeige des Standesamts keine Kinder. Die im Jahr 1963 geborene Beteiligte zu 2 behauptet, die nichteheliche Tochter des Erblassers zu sein. Die Beteiligte zu 1 war seine langjährige Lebensgefährtin. Die Eltern des Erblassers sind vor ihm verstorben. Als gesetzlicher Erbe kommt derzeit der Bruder des Erblassers in Betracht. Der Nachlaß besteht nach Angabe der Beteiligten zu 1 aus Bankguthaben in Deutschland und Kanada.

Im Nachlaßverfahren hat der Rechtspfleger die Kopie eines am 8.4.1988 vor einem kanadischen Notar in englischer Sprache errichteten Testaments des Erblassers samt offizieller Übersetzung eröffnet. Die Beteiligte zu 1 behauptet, das Original sei vor ca. fünf Jahren auf einem Flug des Erblassers von Kanada nach Deutschland verloren gegangen. Die vorgelegte Kopie sei bei dem Notar verblieben. In dem Testament hat der Erblasser einen Treuhänder eingesetzt und diesen beauftragt, jeweils $ 10 000 an die als Tochter bezeichnete Beteiligte zu 2 sowie an seinen Bruder auszuzahlen und den Rest seines Vermögens der Beteiligten zu 1 auszuhändigen. Letztere hat einen Erbschein beantragt, der sie aufgrund des Testaments als Alleinerbin ausweisen soll.

Die Beteiligte zu 2 tritt dem Erbscheinsantrag entgegen. Sie macht geltend, das Testament vom 8.4.1988 sei unwirksam. Hilfsweise hat sie dessen Anfechtung erklärt. Sie behauptet, einziger Abkömmling und damit gesetzliche Alleinerbin des Erblassers zu sein. Zwar sei zu Lebzeiten des Erblassers die Vaterschaft weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt worden. Ein Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft sei aber auf ihren Antrag beim Vormundschaftsgericht anhängig.

Die Beteiligte zu 2 hat beim Nachlaßgericht beantragt, zur Sicherung des Nachlasses bis zum rechtskräftigen Abschluß des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens eine Nachlaßpflegschaft anzuordnen. Mit Beschluß vom 4.7.1997 hat der Rechtspfleger den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Beteiligte zu 1 habe als alleinige Testamentserbin die Erbschaft angenommen. Die Beteiligte zu 2 gehöre derzeit nicht zu den gesetzlichen Erben. Der Bruder des Erblassers habe keine Einwendungen gegen das Testament erhoben. Für die Anordnung einer Nachlaßpflegschaft bestehe kein Bedürfnis, da ein Erbschein noch nicht erteilt sei und somit über die Konten des Erblassers nicht verfügt werden könne. Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte zu 2 Erinnerung eingelegt. Sie hat vorgetragen, der Nachlaß bestehe nicht nur aus Bankguthaben, sondern auch aus persönlichen Gegenständen im In- und Ausland, deren Auflösung die Beteiligte zu 1 betreibe. Ohne die Aufnahme eines Nachlaßverzeichnisses und Inbesitznahme der Nachlaßgegenstände durch einen Nachlaßpfleger würden ihr erhebliche Rechtsnachteile drohen.

Der Rechtspfleger sowie der Nachlaßrichter haben der Erinnerung nicht abgeholfen. Mit Beschluß vom 11.8.1997 hat das Landgericht die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wegen fehlender Beschwerdeberechtigung verworfen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 2 ergibt sich schon daraus, daß ihre Erstbeschwerde verworfen worden ist (vgl. BayObLGZ 1996, 192/194; Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 27 Rn. 10 a.E. m.w.N.).

2. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

a) Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung damit begründet, daß die Beteiligte zu 2 nicht beschwerdeberechtigt sei. Ihr stehe kein materielles subjektives Recht im Sinn von § 20 Abs. 1 FGG zu, welches durch die Ablehnung der Nachlaßpflegschaft beeinträchtigt sein könne, da die behauptete Vaterschaft des Erblassers nicht festgestellt sei. Aus der Tatsache, daß beim Vormundschaftsgericht ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren anhängig sei, lasse sich keine Rechtsstellung im Sinn von § 20 Abs. 1 FGG herleiten. Im übrigen sei das Erinnerungsschreiben der Beteiligten zu 2 nicht unterzeichnet, so daß offen bleibe, ob es mit W...

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