Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwiderhandlung gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz nach Anhörung der Staatsanwaltschaft
Verfahrensgang
AG Cham (Urteil vom 09.12.1991) |
Tenor
I. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Cham vom 9. Dezember 1991 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht Cham verhängte durch Urteil vom 9.12.1991 gegen den Betroffenen wegen zweier rechtlich zusammentreffender, fortgesetzt und vorsätzlich begangener Ordnungswidrigkeiten gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 JArbSchG, § 25 Abs. 1 Nr. 3 AZO eine Geldbuße von 3.000 DM. Vom Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 111 OWiG sprach es ihn frei.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts beschäftigte der Betroffene jugendliche Arbeitnehmer im Zeitraum vom 7.5.1990 bis 10.8.1990 mehrfach über 40 Wochenstunden und im Zeitraum vom 8.5. bis 29.8.1990 mehrfach bzw. am 27. und 28.6.1990 jeweils über 8 Tagesstunden sowie erwachsene Arbeitnehmer im Zeitraum vom 9.5.1990 bis 29.8.1990 wiederholt mehr als 10 Stunden am Tag ohne Erlaubnis des Gewerbeaufsichtsamtes zur Arbeitszeitverlängerung und ohne tarifrechtliche Regelung.
Am 9.5.1990 war der Betroffene vom Gewerbeaufsichtsamt zur Abhilfe aufgefordert und darauf hingewiesen worden, daß hinsichtlich der Arbeitszeiten der bei ihm Beschäftigten die Arbeitsschutzvorschriften nicht eingehalten würden.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde bleibt sachlich ohne Erfolg.
1. Die Verfahrensrüge ist offensichtlich unbegründet.
Ganz abgesehen davon, daß der ausweislich des Sitzungsprotokolls in der Hauptverhandlung vom 2.12.1991 gestellte Antrag nicht auf die Klärung einer Tat-, sondern einer Rechtsfrage abzielt und deshalb gar keinen Beweisantrag beinhaltet, ist das Amtsgericht der Anregung ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 9.12.1991 nachgekommen. Wie aus dieser Sitzungsniederschrift hervorgeht, hat der Verteidiger ausdrücklich auf die Einvernahme weiterer Zeugen verzichtet. Anhaltspunkte für die Verletzung von Verfahrensvorschriften (Aufklärungspflicht) liegen insoweit nicht vor.
An welche – unzutreffende – Rechtsansicht sich das Amtsgericht nicht gehalten und hierdurch den Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt haben soll, ist weder dargetan noch ersichtlich.
2. Die Sachrüge führt ebenfalls nicht zum Erfolg.
a) Die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts tragen den Schuldspruch.
Das Amtsgericht hat den objektiven Tatbestand der Ordnungswidrigkeiten gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 JArbSchG, § 25 Abs. 1 Nr. 3 AZO ohne Rechtsverstoß als erfüllt betrachtet. Zutreffend hat es die durch die Betätigung der Stechuhr festgehaltenen Zeitpunkte als Beginn und Ende der Arbeitszeit gewertet und hierbei die Auffassung zugrundegelegt, daß die Fahrtzeiten sowohl von der Betriebsstätte zur auswärtigen Arbeitsstätte als auch von dort zur Betriebsstätte zurück als Arbeitszeiten zu werten sind. Folgerichtig hat es daher auf die Feststellung der Länge dieser Fahrtzeiten verzichtet.
§ 2 Abs. 1 AZO und § 4 Abs. 1 JArbSchG bestimmen durch eine Legaldefinition den Begriff der Arbeitszeit bzw. täglichen Arbeitszeit, füllen jedoch die hierbei verwendeten Begriffe der Arbeit und Beschäftigung nicht aus. Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 1 AZO liefert aber einen Anhaltspunkt für eine systematische Abgrenzung (vgl. Zmarzlik DB 1967, 1264). Danach ist als Arbeitszeit im Sinne der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften die Zeit zu verstehen, während welcher der Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeitsleistung im Betrieb, d.h. der Arbeitsstelle, an welcher er Arbeiten zu verrichten hat, zur Verfügung steht oder aber außerhalb des Betriebes tatsächlich arbeitet (vgl. Zmarzlik a.a.O. S. 1265).
Für die Bewertung der Zeiten, innerhalb derer der Arbeitnehmer von der Betriebsstätte aus auswärtige Arbeitsstätten aufsucht, sind zum einen der räumliche, organisationsbedingte Bezug zum Betrieb und zum anderen die Direktionsbefugnis des Arbeitgebers maßgebend. Findet der Transport von der Betriebsstätte zur auswärtigen Arbeitsstätte in betriebseigenen Beförderungsmitteln statt, so ist der räumliche und organisatorische Bezug zum Betrieb hergestellt. In gleicher Weise drückt sich in der Anordnung von Kontrollen durch eine sogenannte Stechuhr das Direktionsrecht des Arbeitgebers aus, der damit auch arbeitsschutzrechtlich wirksam Beginn und Ende der Arbeitszeit festlegt (vgl. Denecke/Neumann AZO § 2 Rn. 9; Schulte-Langforth/Welzel JArbSchG § 4 Anm. 12; a.A. Meisel/Hiersemann AZO § 2 Rn. 53). Dies entspricht auch der Überlegung, daß im Rahmen des Arbeitszeitschutzes eine mehr äußerliche Betrachtungsweise angemessen ist, da die Arbeitszeitschutzbestimmungen so ausgestaltet sein müssen, daß sie von der zuständigen Behörde überwacht werden können (Zmarzlik a.a.O. S. 1264).
Entscheidend ist jedoch für die Auslegung des Begriffs der Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 1 AZO, § 4 Abs. 1 JArbSchG Sinn und Zweck des Arbeitszeitschutzes. Er best...