Leitsatz (amtlich)

Über den im Beschwerdeverfahren angebrachten Ablehnungsantrag gegen einen Sachverständigen, der schon in erster Instanz tätig war, aber in der Beschwerdeinstanz erneut mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt war, entscheidet das Beschwerdegericht (Klarstellung zu BayObLGZ 1997, 144/146).

 

Normenkette

FGG §§ 6, 15; ZPO § 416 Abs. 2-4

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Beschluss vom 19.12.1997; Aktenzeichen 14 T 1914/96)

AG Memmingen (Aktenzeichen 1 XVII 192/96)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluß des Landgerichts Memmingen vom 19. Dezember 1997 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 16.10.1996 für den Betroffenen einen Betreuer bestellt und als dessen Aufgabenkreis die Sorge für die Gesundheit, die Aufenthaltsbestimmung, die Entscheidung über eine Unterbringung oder über eine unterbringungsähnliche Maßnahme sowie die Vermögens sorge bestimmt. Auf die Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht mit Beschluß vom 20.12.1996 die Betreuung für den Aufgabenkreis „Gesundheitsfürsorge” aufgehoben und im übrigen die Beschwerde zurückgewiesen. Auf die weitere Beschwerde des Betroffenen hob das Bayerische Oberste Landesgericht am 16.10.1997 den Beschluß vom 20.12.1996 auf und verwies die Sache zu anderweitiger Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück, weil ausreichende tatsächliche Feststellungen fehlen würden, inwieweit der Betroffene seinen Willen nicht frei bestimmen könne. Unklarheiten bestünden bezüglich der Erforderlichkeit der Anordnung einzelner Aufgabenkreise. Schließlich würden Ausführungen zur Frage des Einwilligungsvorbehalts für den Aufgabenkreis „Vermögenssorge” fehlen.

Mit Verfügung vom 5.11.1997 beauftragte das Landgericht den Sachverständigen S, den Betroffenen erneut zu untersuchen und das bisherige Gutachten gemäß den in Einzelpunkten angeführten Vorgaben des Beschlusses des Bayerischen Obersten Landesgerichts, so insbesondere zu den Aufgabengebieten eines Betreuers, zu ergänzen.

Diese Untersuchung hat S am 12.11.1997 in der JVA durchgeführt.

Mit Schreiben vom gleichen Tage, eingegangen beim Landgericht am 19.11.1997 lehnte der Betroffene den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Im wesentlichen führt der Betroffene an, die am 12.11.1997 vorgenommene Untersuchung habe gegen seinen Willen stattgefunden. Er sei zu Erklärungen genötigt worden, die er niemals habe abgeben wollen.

Das erneute schriftliche Gutachten des Sachverständigen mit Äußerungen zu den Aufgabenkreisen des Betreuers und zur Frage, inwieweit der Beschwerdeführer in „freier Willensbestimmung” zu handeln vermag, ging am 9.12.1997 bei Gericht ein.

Den Ablehnungsantrag wies das Landgericht mit Beschluß vom 19.12.1997 zurück. Gegen diesen am 13.1.1998 zugestellten Beschluß wendet sich der Betroffene mit der am 15.1.1998 eingegangenen sofortigen Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß vom 19.12.1997, wodurch der Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen zurückgewiesen wurde, ist zulässig (§ 15 Abs. 1 Satz 1 FGG, § 406 Abs. 5 ZPO). Der Betroffene ist beschwerdebefugt, weil das Landgericht die Ablehnung für unbegründet erklärt hat.

Die Beschwerde wurde fristgerecht eingelegt, da der Beschluß am 13.1.1998 dem Betroffenen zugestellt wurde und das Beschwerdeschreiben vom 14.1.1998 am 15.1.1998 bei Gericht einging (§ 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 FGG). Das Rechtsmittel konnte entgegen der dem angefochtenen Beschluß beigefügten Beschwerdebelehrung (zu § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG) durch Einreichung einer vom Betroffenen unterzeichneten Beschwerdeschrift eingelegt werden (§ 21 Abs. 2 FGG).

2. Im Ergebnis bleibt das Rechtsmittel erfolglos.

a) Das Landgericht war zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag berufen.

Das Verfahren über die Anordnung der Betreuung befindet sich im Beschwerde verfahren. Der Betroffene stützt seine Ablehnung auf ein Verhalten des Sachverständigen S anläßlich einer Untersuchung, die das Landgericht im Beschwerdeverfahren angeordnet hat.

Der Annahme der Zuständigkeit des Landgerichts zur Entscheidung über die Ablehnung des Sachverständigen steht der Beschluß des 3. Zivilsenats vom 9.4.1997 (BayObLGZ 1997, 144/146) nicht entgegen. Der Leitsatz dieser Entscheidung betrifft trotz der etwas allgemeinen Formulierung, wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung ergibt, nur den Fall, daß das Beschwerdegericht den vom Amtsgericht ernannten Sachverständigen nicht seinerseits im Beschwerdeverfahren beauftragt hatte und gleichwohl der Antrag auf Ablehnung im Beschwerdeverfahren angebracht worden war.

b) Die Begründung der landgerichtlichen Entscheidung entspricht der Sach- und Rechtslage. Zutreffend hält das Landgericht fest, daß in dem Vorbringen des Betroffenen zur Ablehnung des Sachverständigen keine Tatsachen angeführt sind, aus denen sich eine Unsachlichkeit bei der durchgeführten Untersuchung oder in der Abfassung des schriftlichen Gutachtens ergäbe. Auch wird die behauptete Nötigung nicht auf tatsächliche V...

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