Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Erstattung außergerichtlicher Kosten bei Rücknahme eines Rechtsmittels

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 17.02.1993; Aktenzeichen 1 T 24682/92)

AG München (Entscheidung vom 10.11.1992; Aktenzeichen UR II 341/92)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 17. Februar 1993 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.870 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Wohnungseigentümerin in einer Wohnanlage, die von der Antragsgegnerin verwaltet wird. Die Antragsgegnerin erwirkte gegen die Antragstellerin wegen Sanierungs- und Gutachterkosten, die den Balkon der Wohnung der Antragstellerin betrafen, einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid in Höhe von 17.034,68 DM.

Die Antragstellerin hat mit der Behauptung, der Vollstreckungsbescheid sei von der Antragsgegnerin arglistig erschlichen worden, beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid für unzulässig zu erklären und die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Titel herauszugeben. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 10.11.1992 den Antrag abgewiesen. Die Antragstellerin hat gegen den Beschluß sofortige Beschwerde eingelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat sie ihr Rechtsmittel zurückgenommen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 17.2.1993 die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens der Antragstellerin auferlegt; die Erstattung außergerichtlicher Kosten hat es nicht angeordnet. Die Antragsgegnerin hat dagegen sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist zulässig (§ 43 Abs. 1 WEG, § 20 a Abs. 2, § 27 Abs. 1 und 2 FGG); es ist aber nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Grundsätzlich sei es angebracht, daß derjenige, der ein Rechtsmittelverfahren in Gang gesetzt hat, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zu tragen habe, wenn er das Rechtsmittel zurücknehme; dies folge aus dem den §§ 515 Abs. 3, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zugrundeliegenden Rechtsgedanken. Nur besondere Umstände könnten eine andere Beurteilung rechtfertigen. Hier lägen solche vor. Zwar hätte die sofortige Beschwerde voraussichtlich keinen Erfolg gehabt. Angesichts dessen, daß die Beschwerdeführerin sich nach Hinweisen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung einsichtig gezeigt und ihr Rechtsmittel zurückgenommen habe, entspreche es der Billigkeit, es bezüglich der außergerichtlichen Kosten beim gesetzlichen Regelfall des § 47 WEG zu belassen. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil es grob unbillig wäre, die einsichtige Beschwerdeführerin bei Beschwerderücknahme ungünstiger zu stellen, als sie im Fall der Entscheidung gestanden hätte; im letztgenannten Fall wäre voraussichtlich ebenfalls keine Kostenerstattung angeordnet worden, da von einem mutwilligen Rechtsmittel nicht gesprochen werden könne.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Nach der Zurücknahme der sofortigen Beschwerde hatte das Landgericht noch gemäß § 47 WEG über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Die Entscheidung des Landgerichts, die vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Ermessensfehler hin überprüft werden kann, läßt einen solchen nicht erkennen. Das Landgericht befindet sich vielmehr im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (BayObLG WuM 1992, 569 m.w.N.), wonach von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten abgesehen werden kann, wenn wie hier die Zurücknahme eines Rechtsmittels auf der vom Gericht vermittelten Einsicht von der Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels beruht.

Ohne Erfolg greift die Antragsgegnerin auch die Feststellung des Landgerichts an, daß das Rechtsmittel nicht mutwillig gewesen sei. Es wäre zwar, wie die Vorinstanzen übereinstimmend festgestellt haben, voraussichtlich ohne Erfolg geblieben, weil die Antragstellerin nicht nachweisen konnte, daß die Antragsgegnerin unter Verstoß gegen die guten Sitten den Vollstreckungstitel erwirkt hatte. Mutwilligkeit kann der Antragstellerin aber nicht angelastet werden, weil sie – wobei dahingestellt bleiben kann, ob zu Recht oder zu Unrecht – der Auffassung war und ist, sie hätte mit den gegen sie geltend gemachten Sanierungs- und Gutachterkosten nicht belastet werden dürfen, da die entstandenen Feuchtigkeitsschäden an dem Balkon auf einem ursprünglichen Baumangel beruhen.

3. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG, die Festsetzung des Geschäftswerts auf § 48 Abs. 2 WEG; zugrunde zu legen sind die Anwaltskosten der Antragsgegnerin im zweiten Rechtszug.

 

Unterschriften

Dr. H, L, Dr. D

 

Fundstellen

Dokument-Index HI545702

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