Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Beschlussfassung zur Sanierung einer Großanlage
Verfahrensgang
LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 1220/96) |
AG Lindau (Bodensee) (Aktenzeichen UR II 9/95) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zu 1 bis 12 wird der Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 6. Mai 1997 aufgehoben.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 1 bis 3 gegen den Teilbeschluß des Amtsgerichts Lindau (Bodensee) vom 26. April 1996 wird zurückgewiesen.
III. Die Antragsteller zu 1 bis 3 tragen als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Beschwerde- und das Rechtsbeschwerdeverfahren wird jeweils auf 500 000 DM festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde der Antragsgegner gegen die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Anlage, die aus mehreren Gebäuden mit rund 300 Appartementwohnungen, Restaurant, Schwimmbad, medizinischen Bädern und weiteren gewerblich nutzbaren Räumen besteht. Der weitere Beteiligte ist der Verwalter. Die Gemeinschaftsordnung vom 31.10.1972 bestimmt in § 6, daß die Gesamtwohnanlage als Kurzentrum und Apparthotel für Kur oder klinische Behandlung oder für Behandlung nach anerkannten Naturheilverfahren betrieben wird.
Die Eigentümerin der gewerblichen Teileigentumseinheiten (im folgenden auch: Gewerbeteil oder Sondereigentum Gewerbe), eine Hotelbetriebsgesellschaft, der rund 20 % der Miteigentumsanteile gehörten, meldete im Jahr 1986 Konkurs an. Es entstand vor Beginn des Konkursverfahrens und während seiner Dauer ein Wohngeldausfall von insgesamt rund 1,3 Millionen DM. Für das gewerbliche Teileigentum wurde die Zwangsversteigerung angeordnet. Am 6.4.1991 gründeten einige Wohnungseigentümer einen Treuhandverein mit dem Ziel der Übernahme des Gewerbeteils. Als Vereinszweck bestimmt § 2 Abs. 1 der Satzung u.a.:
Integration des Gewerbeteils oder von Teilen davon in die Struktur der Eigentümergemeinschaft, hierzu auch interimsweise die Übernahme von Grundstücksteilen und Verkehrswegen einschließlich einer zwischenzeitlichen Bewirtschaftung.
Mitglieder im Verein können gemäß § 7 Abs. 1 der Satzung nur natürliche oder juristische Personen werden, sobald und soweit sie Raumeigentum in der Wohnungseigentümergemeinschaft haben. Gemäß § 12 Abs. 3 fällt bei Auflösung des Vereins das Vermögen an das Gemeinschaftsvermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft; falls dies nicht möglich sein sollte, ist es den einzelnen Wohnungseigentümern entsprechend ihren Miteigentumsanteilen schenkweise anzubieten; gegebenenfalls ist nach Verwertung des Restvermögens der Erlös der Instandhaltungsrücklage der Wohnungseigentümergemeinschaft zuzuführen.
Ein Abdruck der Satzung und Erläuterungen zum Vorschlag einer Übernahme des Gewerbeteils durch den Treuhandverein wurde den Wohnungseigentümern mit der Einladung zur Eigentümerversammlung vom 11.5.1991 übersandt. Die Tagesordnung enthielt als Tagesordnungspunkt (TOP) 7a „Informationen über das Konkursverfahren B. GmbH und Stand der Zwangsversteigerung” sowie als TOP 7b „Überlegungen und Beschlußfassung über die Übernahme von Teilen des Sondereigentums Gewerbe durch den Treuhandverein”. Der Versammlungsniederschrift vom 11.5.1991 zufolge nahmen die Wohnungseigentümer nach längeren Erörterungen mit 6 700/10.000 Ja-Stimmen bei 372/10.000 Nein-Stimmen und 132/10.000 Enthaltungen folgendes „Beschlußpaket” zu TOP 7b an:
- Die WEG nimmt zustimmend von den Vorschlägen, welche in der mit der Einladung zur Eigentümerversammlung beigefügten Beilage zu TOP 7b niedergelegt sind Kenntnis und billigt den dort vorgeschlagenen Weg zur Verwirklichung der Übernahme von Teilen des Sondereigentums Gewerbe durch die Wohnungseigentümer, mit Hilfe des Treuhandvereins … Die WEG stellt die für den Verein handelnden Personen von jeglicher Haftung, ausgenommen Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit frei.
Für den Fall, daß der Treuhandverein in das Vereinsregister eingetragen wird, beschließt die WEG folgendes:
- Die WEG übernimmt zugunsten des Vereins die für den Erwerb von Teilen des Sondereigentums Gewerbe anfallenden Kosten, Gebühren und Steuern, sowie die entstandenen Gründungskosten.
- Die WEG beschließt dazu die Erhebung einer zur Deckung ausreichenden Sonderumlage im Gesamtbetrag von 100 000 DM, …
- Die WEG bietet dem Treuhandverein an, auf die Erstattung verauslagter oder zur Verfügung gestellter Mittel endgültig und unwiderruflich zu verzichten, sobald der Treuhandverein als Alleineigentümer der erworbenen Teile des Sondereigentums Gewerbe im Grundbuch eingetragen ist.
- Die WEG bietet ferner in unwiderruflicher Weise bereits heute dem Treuhandverein an, ihn von dem anteiligen Haus- und Wohngeld, sowie Steuern, Gebühren und Abgaben für den Gewerbeteil, überhaupt von sämtlichen rechtlichen Lasten und Kosten ...