Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersetzung der Zustimmung zur Teilungsversteigerung. Teilungsversteigerung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ob ein Geschäft den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, richtet sich nach dem Familieninteresse; der Maßstab ist ein sorgsamer Wirtschafter, der die richtig verstandenen Bedürfnisse der Familie und deren wirtschaftliche Möglichkeiten im Auge hat.
2. Eine Abwägung der Interessen im Rahmen der vom Gesetz geforderten ordnungsmäßigen Verwaltung setzt voraus, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten ebenso wie die Lasten und die Erträge des Anwesens festgestellt werden und die wirtschaftliche Lage vor der Versteigerung mit den Verhältnissen verglichen wird, die sich voraussichtlich nach der Versteigerung ergeben würden. Nur wenn eine solche Gegenüberstellung wesentliche Vorteile für eine oder mehrere Beteiligte ohne unzumutbare Benachteiligung anderer Beteiligter ergibt, kann die Ersetzung der Zustimmung des anderen Ehegatten gerechtfertigt sein.
Normenkette
BGB § 1365 Abs. 2, § 753 Abs. 1; ZVG § 180 ff.; FGG § 12
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 22.01.1985; Aktenzeichen 4 T 3739/84) |
AG Rosenheim (Aktenzeichen X 122/84) |
Tenor
I. Der Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 22. Januar 1985 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zur anderweiten Behandlung und neuen Entscheidung an das Landgericht Traunstein zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
1. Die Parteien sind seit 1966 im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet. Sie leben seit Oktober 1983 getrennt. Das Scheidungsverfahren ist anhängig. Aus der Ehe ist ein Kind hervorgegangen, das bei der Antragsgegnerin lebt.
Die Parteien sind Miteigentümer je zur Hälfte des im Grundbuch des Amtsgerichts Rosenheim für … Bd. … Bl. … eingetragenen Grundstücks … das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Nachdem die Antragsgegnerin mit dem Kind ausgezogen ist, wohnt der Antragsteller allein in dem Anwesen. Der Hälfteanteil des Antragstellers stellt unstreitig sein gesamtes Vermögen dar.
Beide Parteien sind berufstätig. Der Antragsteller verdient monatlich über 6 000 DM netto, die Antragsgegnerin über 700 DM netto. Für sie und das Kind zahlt der Antragsteller seit 1.7.1983 monatlich etwa 2 000 DM Unterhalt; wegen Mehrforderungen hat er sie auf den Prozeßweg verwiesen. Das Anwesen ist im wesentlichen schuldenfrei. Die monatliche Belastung mit Tilgungsraten und Zinsen beläuft sich auf etwa 378 DM.
2. Der Antragsteller möchte das seiner Ansicht nach für ihn unwirtschaftlich gewordene Anwesen verwerten, zumal es ihm für seine Bedürfnisse zu groß erscheint, die Aufwendungen hierfür zu hoch seien und die Antragsgegnerin an ihn beträchtliche Geldforderungen stelle. Die Antragsgegnerin sieht demgegenüber gerade die Teilungsversteigerung nicht als Maßnahme ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung an. Der Antragsteller wolle ihrer Ansicht nach überhaupt nicht versuchen, gemeinsam das Anwesen auf der Grundlage eines Gutachtens über dessen Wert zu veräußern. Die Annahme sei berechtigt, daß der Antragsteller mit Hilfe des Zwangsversteigerungsverfahrens „billig” den Anteil der Antragsgegnerin erwerben wolle.
3. Der Antragsteller hatte bereits ein Verfahren auf Teilungsversteigerung eingeleitet. Nunmehr erwirkte er einen Beschluß des Amtsgerichts Rosenheim, Vormundschaftsgericht, vom 27.11.1984, wonach die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Durchführung der Teilungsversteigerung für das Anwesen in … ersetzt wurde. Er beabsichtigt, einen neuen Antrag auf Teilungsversteigerung zu stellen.
4. Gegen die den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin deren Angaben zufolge am 3.12.1984 zugestellte Entscheidung legten diese mit Schriftsatz vom 17.12.1984, eingegangen am selben Tage, sofortige Beschwerde ein. Das Landgericht Traunstein wies am 22.1.1985 das Rechtsmittel zurück. Der Beschluß des Landgerichts wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 4.2.1985 förmlich zugestellt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz vom 18.2.1985, eingegangen am selben Tage, eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie die Ablehnung des Ersetzungsantrags erstrebt.
Der Antragsteller tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft (§§ 27, 53 Abs. 1 Satz 1, § 60 Abs. 1 Nr. 6 FGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 4, § 22 Abs. 1, § 16 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1, § 17 FGG). Die Berechtigung der Antragsgegnerin, weitere Beschwerde einzulegen, folgt aus § 29 Abs. 4, § 20 Abs. 1 FGG, weil die vormundschaftsgerichtliche Ersetzung der Zustimmung einen unmittelbaren Eingriff in ihr durch § 1365 Abs. 1 BGB gewährtes Recht darstellt (BayObLGZ 1971, 284/286; 1975, 12/14). Außerdem ist ihre Erstbeschwerde zurückgewiesen worden, vgl. BGHZ 31, 92/95; BayObLGZ 1979, 427/429; BayObLGZ 1983, 305).
2. Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg.
Die Zulässigkeit der Erstbeschwerde der Rechtsbeschwerdeführerin ist zu bejah...