Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Anspruch auf Unterlassung der Nutzung eines Teileigentums mit der Zweckbestimmung "Laden" als Kneipe gegen Teileigentümer bei Vermietung bzw Verpachtung
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Entscheidung vom 10.03.1997; Aktenzeichen 1 T 1919/16) |
AG Ingolstadt (Entscheidung vom 11.11.1996; Aktenzeichen 12 UR II 18/95) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Ingolstadt vom 10. März 1997 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und die den Antragstellern und den weiteren Beteiligten im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10 600 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Den Antragstellern gehört eine Wohnung, die sie vermietet haben. Der Antragsgegnerin gehört ein Teileigentum (Laden) im Erdgeschoß, das ab 1.9.1985 für die Dauer von zehn Jahren an die Streithelferin der Antragsgegnerin zum Betrieb eines Feinkostgeschäfts vermietet wurde.
In der Gemeinschaftsordnung ist bestimmt, daß die Gewerbeeinheiten beliebig genutzt werden dürfen, eine Nutzung als Gaststätte jedoch nicht zulässig ist. Im Jahr 1985 beschlossen die Wohnungseigentümer, daß in dem Laden der Antragsgegnerin „Speisen und Getränke aller Art zum sofortigen Verzehr während der üblichen Ladenöffnungszeiten nach dem Ladenschlußgesetz abgegeben” werden dürfen; ferner beschlossen die Wohnungseigentümer im Dezember 1985, daß „diese Tätigkeit bis 21.00 Uhr ausgeübt werden darf”, weil dadurch der Begriff der Gaststätte nicht erfüllt werde; vorausgesetzt wurde aber eine behördliche Genehmigung.
Die Antragsteller behaupten, in dem Teileigentum der Antragsgegnerin werde eine „Kneipe” betrieben, die von 20.00 Uhr bis nach Mitternacht geöffnet sei; ihr Mieter habe wegen der damit verbundenen Ruhestörungen die Miete ab September 1995 um 300 DM im Monat gekürzt.
Die Antragsteller haben beantragt, der Antragsgegnerin zu untersagen, in ihrem Teileigentum eine Gaststätte zu betreiben oder betreiben zu lassen und das Ladenlokal nach 21.00 Uhr geöffnet zu halten oder durch Dritte geöffnet halten zu lassen. Außerdem haben sie beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.500 DM nebst Zinsen zu verpflichten. Das Amtsgericht hat am 11.11.1996 dem Unterlassungsantrag uneingeschränkt und dem Zahlungsantrag in Höhe von 600 DM nebst Zinsen stattgegeben. Die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und ihrer Streithelferin hat das Landgericht durch Beschluß vom 10.3.1997 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Aufgrund der Beweisaufnahme durch die Beschwerdekammer stehe fest, daß das Ladenlokal der Antragsgegnerin entgegen der Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung als Gaststätte geführt und dabei die zeitliche Begrenzung bis 21.00 Uhr gemäß dem Eigentümerbeschluß vom Jahr 1985 nicht beachtet werde. Aus dem Lokal seien nach Angabe der vernommenen Zeugen insbesondere am Wochenende gelegentlich bis gegen 4.00 Uhr laute Musik und Stimmengewirr zu hören. Die Streithelferin habe eingeräumt, daß das Café über 21.00 Uhr hinaus geöffnet sei. Damit stehe fest, daß das Ladenlokal entgegen den Vereinbarungen der Wohnungseigentümer und damit in unzulässiger Weise betrieben werde.
Die Untersagung eines Gaststättenbetriebs schließe nicht aus, daß Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle im Rahmen eines Feinkostgeschäfts abgegeben werden. Zu Recht werde die Antragsgegnerin auf Unterlassung in Anspruch genommen. Wie der Unterlassungsanspruch gegen sie im Hinblick auf die Vermietung durchgesetzt werde, sei eine Frage der Zwangsvollstreckung.
Weder der Einwand der Schikane noch der der Verwirkung griffen durch, weil die Beanstandungen seitens des Mieters der Antragsteller schon im Jahr 1989 vorgebracht worden seien.
Grundlage des Schadensersatzanspruchs sei das gesetzliche Schuldverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander. Die Antragsgegnerin habe ihr Gebrauchsrecht überschritten und dadurch den Antragstellern einen Schaden verursacht. Eine Mietminderung in Höhe von 15 % der Kaltmiete sei im Hinblick auf den ruhestörenden Lärm nicht überhöht.
2. Die Entscheidung des Landgerichts ist in allen Punkten rechtsfehlerfrei begründet.
a) Die Antragsteller haben gegen die Antragsgegnerin gemäß § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung des Teileigentums als Gaststätte. Der Unterlassungsanspruch richtet sich unbeschadet der Tatsache, daß das Teileigentum von der Antragsgegnerin an deren Streithelferin vermietet ist, gegen die Antragsgegnerin als Eigentümerin; sie ist Störerin im Sinn des § 1004 BGB (BGH NJW 1996, 714; BayObLG NJW-RR 1991, 658). Die Antragsteller...