Leitsatz
1. Ist das Teileigentum vermietet, kann der Anspruch, die Nutzung eines in der Teilungserklärung als Laden ausgewiesenen Teileigentums als Gaststätte auch gegen den Teileigentümer geltend gemacht werden.
2. Dieser Unterlassungsanspruch kann ohne Ermächtigung der übrigen Teileigentümer von jeden Wohnungseigentümer geltend gemacht werden.
3. Die Nutzung des Mieters, die den Vereinbarungen und Beschlüssen der Wohnungseigentümer entgegensteht, kann zu Schadenersatzansprüchen gegen den Teileigentümer führen.
Sachverhalt
In der Gemeinschaftsordnung einer Wohneigentumsanlage ist bestimmt, daß die dort vorhandenen Gewerbeeinheiten beliebig genutzt werden können, eine Nutzung als Gaststätte jedoch ausdrücklich nicht zulässig ist. Die Wohnungseigentümer beschlossen weiter, daß in einer der Einheiten Speisen und Getränke aller Art zum sofortigen Verzehr während der üblichen Ladenöffnungszeiten bis max. 21 Uhr ausgeschenkt werden dürften.
Ein Wohnungseigentümer wendet sich nun gegen diese Nutzung mit der Behauptung, in besagter Einheit werde eine Kneipe betrieben, die bis weit nach Mitternacht geöffnet habe. Seine Mieter hätten deshalb und wegen der damit verbundenen Störungen bereits die Miete um monatlich 300 DM gemindert. Aus diesem Grund sei die Nutzung zu untersagen. Weiter begehrt er Schadensersatz in Höhe von 1.500 DM wegen der Mietminderung.
Entscheidung
Der Wohnungseigentümer hat in der Tat gegen den vermietenden Eigentümer der Gewerbeeinheit einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung als Gaststätte.
Das Teileigentum ist in der Teilungserklärung als Laden ausgewiesen. Hierin liegt eine Zweckbindung mit Vereinbarungscharakter. Die Zweckbestimmung ist in der Gemeinschaftsordnung auch dahin eingeschränkt, daß einen Nutzung als Gaststätte ausgeschlossen ist. Zwar ist durch bestandskräftigen Eigentümerbeschluß eine Nutzung bis 21.00 Uhr gestattet worden, die in Streit stehende Nutzung lag jedoch auch nicht in diesem Rahmen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß eine derartige Nutzungserweiterung aufgrund Eigentümerbeschlusses grundsätzlich möglich ist.
Das Teileigentum war zwar vermietet, hieraus folgte jedoch nicht zwingend, daß der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zwingend gegen den Mieter der in Rede stehenden Gewerbeeinheit geltend zu machen war. Dieser konnte vielmehr direkt gegen deren Eigentümer gerichtet werden. Der Vermieter und Eigentümer wäre vielmehr verpflichtet gewesen, gegen diese abredewidrige Nutzung seines Mieters einzuschreiten. Da dieser jedoch die streitige Nutzung duldete, war er somit ebenfalls als sog. Störer anzusehen.
Jeder Mieteigentümer ist nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes gehalten, sein Eigentum nur in einer solchen Weise zu nutzen, daß den übrigen Eigentümern kein über das Maß eines ordnungsgemäßen Zusammenlebens hinausgehender Nachteil erwächst. Ist er dabei nicht unmittelbarer Nutzer, so hat er dennoch darauf hinzuwirken, daß auch der Mieter den störenden Gebrauch unterläßt. Den Mieter bezeichnet man in diesem Zusammenhang als Handlungsstörer, den Eigentümer als Zustandsstörer.
Der geltend gemachte Anspruch war hier nicht an einen Mehrheitsbeschluß der übrigen Wohnungseigentümer gebunden. Den Unterlassungsanspruch kann vielmehr jeder Wohnungseigentümer, der sich durch die Nutzung von Teilen der Wohnungseigentumsanlage gestört fühlt unabhängig von den anderen Wohnungseigentümern geltend machen.
Doch nun zu dem ebenfalls geltend gemachten Schadensersatzanspruch. Auch dieser wurde dem Eigentümer in voller Höhe zuerkannt. Da der Eigentümer der Gewerbeeinheiten von seinem Eigentum eben in der oben geschilderten Weise Gebrauch machte, hatte er seine den anderen Wohnungseigentümern gegenüber bestehenden Pflichten schuldhaft verletzt. Soweit diesen hieraus ein Schaden entsteht, ist dieser auch zu ersetzen.
Die Mietminderung der Wohnungsmieter war letztlich auf den störenden Gaststättenbetrieb zurückzuführen, durch die der vermietende Eigentümer geschädigt wurde. Der berechtigte Wohnungseigentümer ist nämlich so zu stellen, als habe die unzulässige Nutzung nicht stattgefunden.
Link zur Entscheidung
BayObLG, Beschluss vom 23.05.1997, 2Z BR 44/97
Fazit:
Sowohl der gegen den Vermieter geltende gemachte Unterlassungsanspruch als auch der Schadenersatzanspruch kann alternativ direkt gegen den störenden Mieter geltend gemacht werden. Obwohl keine rechtlichen Beziehungen zwischen den übrigen Wohnungseigentümern und dem Mieter bestehen, folgt dieses Recht daraus, daß diese nicht zur Duldung der Störung verpflichtet sind. Der Mieter kann sich gegenüber den anderen Wohnungseigentümern auf ein Recht zur Störung nur dann berufen, wenn er diese Recht von seinem Vermieter ableiten könnte, dieser also zur Störung berechtigt wäre, was wohl seltenst der Fall sein dürfte.
Zu beachten ist noch, daß entsprechende Unterlassungsansprüche gegen den Mieter vor den Zivilgerichten zu verfolgen sind und nicht im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie dies bei Ansprüchen gegen den Eigentümer der...