Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Gemeinschaftliche Ansprüche auf Unterlassung gegen Mieter
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 12.03.1993; Aktenzeichen 9 O 332/92) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12. Februar 1993 – 9 O 332/92 – wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Wert der Beschwer des Beklagten beträgt 15.000,00 DM.
Tatbestand
Die Kläger machen als Eigentümer zweier Wohnungen des Hauses L -Str. in M gegen den Beklagten einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Betriebs einer Pizza-Imbißstube in den Räumlichkeiten im Erdgeschoß des genannten Anwesens geltend. Der Beklagte betreibt in den in der Teilungserklärung mit Nr. 3 bezeichneten Räumlichkeiten aufgrund eines am 19.04.1991 abgeschlossenen schriftlichen Mietvertrags mit der Eigentümerin Frau J eine Pizza-Imbißstube. In der Teilungserklärung ist das genannte Miteigentum als Ladenlokal bezeichnet.
Von der Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird abgesehen (§ 543 ZPO); insoweit wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren weiter. Er ist der Auffassung, daß der bloße Umstand, daß die konkrete Nutzung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten mit der Zweckbestimmung in der Teilungserklärung nicht übereinstimmt, keine den Unterlassungsanspruch auslösende Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger darstelle. Den gemäß § 15 WEG in der Teilungserklärung getroffenen Gebrauchsregelungen könne nicht der Charakter eines absolut nach außen wirkenden dinglichen Rechtes beigemessen werden. Im übrigen sei eine von der in der Gebrauchsregelung enthaltenen beschränkten Nutzung abweichende Benutzung dann hinzunehmen, wenn sich daraus keine weitergehenden und/oder unzumutbaren Beeinträchtigungen ergäben. Somit sei letztlich allein darauf abzustellen, ob die vom Beklagten vorgenommene Nutzung als Pizza-Imbißstube bzw. die damit verbundenen Immissionen als ortsüblich im Sinne des § 906 Abs. 2 BGB anzusehen seien, was uneingeschränkt der Fall sei.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.02.1993 aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil. Sie sind der Auffassung, die in der notariellen Teilungserklärung enthaltene Gebrauchsregelung werde als Zweckbestimmung zum Inhalt des Sondereigentums gemäß § 15 Abs. 1, § 5 Abs. 4 WEG. Die Kläger seien als Eigentümer zur Duldung eines störenden Gebrauchs weder dem Eigentümer noch dem Beklagten gegenüber, der die Räumlichkeiten als Mieter nutze, verpflichtet.
Wegen des Parteivorbringens im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB wegen der Beeinträchtigung ihres Wohnungseigentums.
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Wohnungseigentümer, der durch eine von der in der Teilungserklärung festgesetzten Nutzung abweichende Nutzung eines anderen Wohnungseigentumsanteils betroffen ist, einen unmittelbaren Unterlassungsanspruch gegen den Mieter bzw. Pächter dieses Wohnungseigentumsanteils geltend machen kann, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. So wird die Auffassung vertreten, ob der Mieter auf Unterlassung in Anspruch genommen werden könne, richte sich lediglich danach, ob er den Rahmen der ortsüblichen Nutzung überschreite, so daß sich die Grenzen des Anspruchs nach § 906 BGB richteten, während der Verstoß gegen den in der Teilungserklärung vorgesehenen und bezeichneten Gebrauch für sich allein betrachtet den anderen Wohnungseigentümern gegenüber unbeachtlich sei (Wangemann, Die Haftung für den unzulässigen Gebrauch in Sondereigentumsräumen, WuM 1987, 43, 46).
Demgegenüber vertritt Weitnauer (WEG, 7. Aufl., § 15 Rdnr. 40 und Anhang zu § 13 Rdnr. 4) die Auffassung, daß die durch den – nach der Gemeinschaftsordnung unzulässigen – Gebrauch gestörten anderen Wohnungseigentümer nicht nur vom Vermieter die Beseitigung der Störung, sondern auch unmittelbar vom Mieter aufgrund des § 1004 BGB Unterlassung der Störung verlangen können. Dies folge daraus, daß die anderen Wohnungseigentümer zur Duldung einer solchen Störung auch dann nicht verpflichtet seien, wenn der vermietende Wohnungseigentümer seinem Mieter mehr an Rechten eingeräumt habe, als ihm selbst im Verhältnis zu den anderen Wohnungseigentümern zustehe.
Das OLG München (ZMR 1992, 307, 308) hat sich dieser Auffassung angeschlossen: Die Zweckbestimmung, die in der (im Grundbuch in Bezug genommenen) Teilungserklärung für einen bestimmten Sondereigentumsanteil vorgenommen werde, werde zum Inhalt des betreffenden Sondereigentums (§ 15 A...