Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundbuchsache: Begründung von Wohnungseigentum

 

Verfahrensgang

AG München

LG München I (Aktenzeichen 1 T 14 839/89)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluß des Landgerichts München I vom 10. August 1989 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – München vom 11. Juli 1989 aufgehoben.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind Miteigentümer eines Grundstücks, auf dem ein älteres Wohnhaus mit mehreren Wohnungen steht. Mit notarieller Urkunde vom 19.6.1989 haben sie das Grundstück nach dem Wohnungseigentumsgesetz in 12 Miteigentumsanteile, verbunden mit je einer Eigentumswohnung, aufgeteilt. Zugleich haben die Beteiligten bewilligt und beantragt, die Wohnungseigentumsgrundbücher anzulegen und die Teilung im Grundbuch einzutragen.

Dem Eintragungsantrag haben sie einen Aufteilungsplan und eine Abgeschlossenheitsbescheinigung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WEG vom 14.2.1984 beigefügt; diese Bescheinigung trägt den Vermerk: „Der derzeitige Bauzustand entspricht nicht den genehmigten Plänen.”

Mit Zwischenverfügung vom 11.7.1989 verlangte das Grundbuchamt von den Beteiligten eine Bescheinigung der für die Erteilung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen zuständigen Behörde, daß die Voraussetzungen der Abgeschlossenheitsbescheinigung auch unter Berücksichtigung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8.5.1989 – 2 B 87.01993 – vorliegen.

Das Landgericht hat die ihm als Beschwerde vorgelegte Erinnerung der Beteiligten mit Beschluß vom 10.8.1989 zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel des Beteiligten ist begründet; das vom Grundbuchamt in der Zwischenverfügung angenommene Eintragungshindernis besteht in Wirklichkeit nicht.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG solle Wohnungseigentum nur eingetragen werden, wenn die Wohnungen in sich abgeschlossen sind. Die Abgeschlossenheit sei von der Baubehörde zu bescheinigen. Die vorgelegte Abgeschlossenheitsbescheinigung sei ausgestellt nach der vor dem Urteil des BayVGH vom 8.5.1989 üblichen Praxis. Demnach sei von der Baubehörde nicht geprüft worden, ob die Wohnungstrennwände und -decken den im Zeitpunkt der Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung geltenden bauordnungsrechtlichen Anforderungen entsprechen. Dies sei aber nach dem Urteil des VGH nunmehr Voraussetzung für die Abgeschlossenheit einer Wohnung und von den antragstellenden Grundstückseigentümern nachzuweisen. Das Grundbuchamt sei im Antragsverfahren zu eigenen Ermittlungen weder berechtigt noch verpflichtet; es sei Sache der Antragsteller, die erforderlichen Unterlagen beizubringen. Demgegenüber könne nicht eingewandt werden, daß die Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 14.2.1984 bestandskräftig und nicht abänderbar sei. Ungeachtet der Frage, wie weit die Prüfungspflicht des Grundbuchamts gehe, sei das Grundbuchamt jedenfalls berechtigt zu überprüfen, ob die Baubehörde bei Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung vom richtigen Verständnis des Begriffs Abgeschlossenheit ausgegangen sei. Sei dies nicht der Fall, sei das Grundbuchamt an die Bescheinigung nicht gebunden. Denn das Grundbuchamt dürfe keine Hilfestellung leisten, daß Wohnungseigentum entstehe, obwohl die Abgeschlossenheit fehle. Hier seien aufgrund eines Schreibens der Baubehörde vom 19.5.1989 konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Anforderungen an Decken und Trennwände nicht nach der heute gültigen Norm geprüft worden sei. Demnach sei denkbar, daß die Wohnungen nicht als abgeschlossen gelten könnten. Damit bestünden Zweifel an der Richtigkeit der vorliegenden Abgeschlossenheitsbescheinigung. Diese Zweifel hätten das Grundbuchamt zu der beanstandeten Zwischenverfügung berechtigt.

2. Die Entscheidung des Landgerichts und damit auch die Zwischenverfügung des Grundbuchamts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Eine Zwischenverfügung setzt nach § 18 Abs. 1 GBO voraus, daß der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht. Der Begriff des Eintragungshindernisses ist im Gesetz nicht näher umschrieben. Es besteht aber Einigkeit, daß darunter das Fehlen von Eintragungsvoraussetzungen oder ein Umstand fällt, der zur Unrichtigkeit des Grundbuchs führen würde (z. B. Horber/Demharter GBO 18. Aufl. Anm. 2 a, KEHE/Herrmann GBR 3. Aufl. Rn. 7, Meikel/Böttcher Grundbuchrecht 7. Aufl. Rn. 6, jeweils zu § 18). Das Bestehen eines Eintragungshindernisses ist nicht nur dann zu bejahen, wenn eine Eintragungsvoraussetzung unzweifelhaft nicht vorliegt, sondern auch dann, wenn ernsthafte, auf Tatsachen gegründete Zweifel daran bestehen, ob eine wirksame Eintragungsvoraussetzung vorliegt. Dabei können sich Zweifel auch auf Tatsachen und Erkenntnisquellen außerhalb des Grundbuchs stützen (KEHE/Herrmann Rn. 9 und 10, Meikel/Böttcher Rn. 13, jeweils zu § 18). Wenn das Eintragungshindernis hingegen darin besteht, daß die beantragte Eintragung das Grundbuch inhaltlich unrichtig machen würd...

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