Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuungssache
Leitsatz (amtlich)
1. Die Schongrenze des vom Betreuten für die Vergütung des Betreuers einzusetzenden Vermögens liegt seit 1.1.1999 grundsätzlich bei 4 500 DM.
2. Ist für den vermögenden Betreuten ein Vereinsbetreuer bestellt, ist bei der Vergütung des Betreuungsvereins die Übergangsregelung des § 1 Abs. 3 BVormVG entsprechend anwendbar.
3. Bei einem vermögenden Betreuten ist für die Festsetzung des Aufwendungsersatzes durch das Vormundschaftsgericht kein Raum.
Normenkette
BGB § 1836 Abs. 2, § 1836c Nr. 2, § 1908e Abs. 1 S. 1; BSHG § 88; BVormVG § 1 Abs. 3; FGG § 56g Abs. 1
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Aktenzeichen früher: 3Z BR 138/00, 2 T 334/00) |
AG Tirschenreuth (Aktenzeichen XVII 0070/96) |
Tenor
I. Der Beschluß des Landgerichts Weiden i.d.OPf. vom 19. April 2000 wird aufgehoben.
II. Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluß des Amtsgerichts Tirschenreuth vom 16. Februar 2000 aufgehoben, soweit er die Festsetzung des Ersatzes von Aufwendungen des weiteren Beteiligten zu 1) zum Inhalt hat. Insoweit werden die Anträge des weiteren Beteiligten zu 1) vom 7. und 11. Januar 2000 abgelehnt.
III. Im übrigen wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Weiden i.d.OPf. zurückverwiesen.
Gründe
I.
Für den Betroffenen ist seit 1996 eine Mitarbeiterin eines Betreuungsvereins zur Betreuerin bestellt. Als Aufgaben sind ihr die Sorge für die Gesundheit des Betroffenen, die Aufenthaltsbestimmung, die Entscheidung über unterbringungsähnliche Maßnahmen, die Regelung der Wohnungsangelegenheiten, die Vermögenssorge sowie die Vertretung bei Behörden und Ämtern, insbesondere die Regelung der Rentenangelegenheiten, übertragen.
Bis einschließlich 1998 wurde der Betreuungsverein für die Tätigkeit der Mitarbeiterin auf der Basis eines Stundensatzes von 65 DM vergütet. Mit Schreiben vom 7. und 11.1.2000 beantragte er, der Vergütung, die ihm für den vom 1.7. bis 31.12.1999 angefallenen Zeitaufwand von 1 840 Minuten zustehe, einen Stundensatz von 75 DM zugrundezulegen. Ferner beantragte er die Festsetzung der in dem genannten Zeitraum zum Zwecke der Führung der Betreuung gemachten Aufwendungen in Höhe von 309,16 DM. Vergütung und Aufwendungsersatz seien von dem vermögenden Betroffenen zu leisten.
Mit Beschluß vom 16.2.2000 entsprach das Amtsgericht dem Antrag des Betreuungsvereins.
Die vom Betroffenen eingelegte sofortige Beschwerde ist gemäß Beschluß des Landgerichts vom 19.4.2000 ohne Erfolg geblieben.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
II.
Das zulässige, insbesondere vom Landgericht zugelassene (§ 56g Abs. 5 Satz 2 FGG) Rechtsmittel führt zur Ablehnung der Anträge des Betreuungsvereins auf Festsetzung der vom Betroffenen zu ersetzenden Aufwendungen und im übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Keinen rechtlichen Bedenken begegnet die Beschwerdeentscheidung, soweit das Landgericht entgegen der Meinung des Betroffenen davon ausgeht, daß die dem Betreuungsverein zustehende Vergütung vom Betroffenen zu erbringen sei.
a) Ist ein Vereinsbetreuer bestellt, ist dem Verein für dessen Tätigkeit eine Vergütung zu bewilligen (§ 1908e Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz BGB). Schuldner der Vergütung ist grundsätzlich der Betreute. Ist er mittellos, kann der Verein die Vergütung aus der Staatskasse verlangen (§ 1908e Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz i.V.m. § 1836 Abs. 2. § 1836a BGB).
b) Ein Betreuter ist mittellos, wenn er die Vergütung des Betreuers oder Betreuungsvereins aus seinem Einkommen oder Vermögen nicht aufbringen kann (§ 1836d BGB). Welches Einkommen oder Vermögen der Betreute hierbei aufzuwenden hat, bestimmt sich nach § 1836c BGB. Danach hat der Betreute für die Vergütung des Betreuers Vermögen nach Maßgabe des § 88 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) einzusetzen (§ 1836c Nr. 2 BGB).
c) Die Würdigung des Landgerichts, daß der Betroffene nicht mittellos sei, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach den Feststellungen der Kammer belief sich im Zeitpunkt ihrer Entscheidung (vgl. BayObLGZ 1995, 395/396; Gregersen/Deinert Die Vergütung des Betreuers 2. Aufl. Rn. 8.2) das aus Guthaben auf einem Girokonto, einem Sparbuch und einem Bausparkonto bestehende Vermögen des Betroffenen unter Einbeziehung einer nach seinen Angaben inzwischen an den Betreuungsverein geleisteten Abschlagszahlung auf über 9 000 DM. Damit lag das vom Betroffenen einzusetzende Vermögen deutlich über der im Bereich der Sozialhilfe für die „Hilfe in besonderen Lebenslagen” geltenden Schongrenze von 4 500 DM (§ 88 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 BSHG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 b der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 des Bundessozialhilfegesetzes). Diese Schongrenze ist im Grundsatz seit 1.1.1999 für die Feststellung der „Mittellosigkeit” maßgebend (§ 1836c Nr. 2 BGB; BT-Drucks. 13/7158 S. 17 und 29 ff.; vgl. LG Koblenz BtPrax 1999, 113/114; Bühler BWNotZ 1999, 25/36; Deinert ZfJ 1998, 232/235; Gregersen/Deinert Rn. 8.1, 8.5.1; Hansen SchlHA 200...