Entscheidungsstichwort (Thema)
Stiftung
Leitsatz (redaktionell)
Die Geltung der staatlichen Vorschriften im Grundbucheintragungsverfahren schließt nicht aus, daß die Kirchen durch normative Regelungen im Rahmen ihrer Zuständigkeit und Autonomie mittelbar Einfluß auf den Rechtsverkehr und die Rechtsanwendung nehmen. So sind kirchliche Vertretungsregelungen und Veräußerungsverbote auch von den staatlichen Behörden und den Gerichten zu beachten; es ist auch rechtlich möglich, durch ein kirchliches Gesetz oder durch die Verschmelzung von Kirchengemeinden Eigentum wirksam von einer kirchlichen Körperschaft auf eine andere übergehen zu lassen und damit das Grundbuch unrichtig zu machen.
Normenkette
GG §§ 137, 140; BGB §§ 46, 88, 1964
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 16.08.1993; Aktenzeichen 1 T 2386/93) |
AG München |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 16. August 1993 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 10 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Katholische Kirchenstifung F. ist im Grundbuch als Eigentümerin mehrerer Grundstücke eingetragen. Das Bayerische Staatsministrium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst hob die Stiftung auf Antrag der Beteiligten, der Erzdiözese München und Freising, mit Verfügung vom 29.8.1991 auf. In dem an die Vertretungsbehörde der Beteiligten gerichteten Aufhebungsschreiben heißt es u.a., daß die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden und die Stiftung antragsgemäß aufzuheben sei. Das vorhandene Restvermögen falle an die Beteiligte (Art.20 Abs.1 StG).
Unter Berufung auf die Aufhebung hat die Beteiligte am 12.9.1991 beantragt, sie im Wege der Berichtigung als neue Eigentümerin der Grundstücke in das Grundbuch einzutragen. Die Gründungsurkunde der Stiftung oder eine Satzung (Verfassung) konnte nicht vorgelegt werden. Das Nachlaßgericht stellte mit Beschluß vom 1.9.1992 fest, daß ein anderer Rechtsnachfolger als die Beteiligte nicht vorhanden sei.
Das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag mit Zwischenverfügung vom 10.11.1992 beanstandet. Die Berichtigung hänge, wie bei der Eintragung des Staates als gesetzlichem Erben, von der Vorlage eines Erbscheins ab. Der Feststellungsbeschluß des Nachlaßgerichts reiche nicht aus.
Die Beteiligte hat dagegen Erinnerung eingelegt, der das Grundbuchamt (Rechtspfleger und Richter) nicht abgeholfen hat.
Mit an das Grundbuchamt gerichtetem Schreiben vom 12.2.1993 erklärte die Beteiligte in Vertretung der Kath. Kirchenstifung F. gemäß Art.42 (VII) der kirchlichen Stiftungsordnung sowie zugleich im eigenen Namen als Stiftungsaufsichtsbehörde, daß das gesamte Stiftungsvermögen an die Erzdiözese München und Freising gefallen ist. Andere kirchliche Rechtsträger kommen für die Anfallberechtigung nicht in Betracht. Unser Berichtigungsantrag vom 10.9.1991 wird hiermit auch ausdrücklich im Namen der Kath. Kirchenstiftung F. gestellt.
Das Landgericht hat das Rechtsmittel gegen die Zwischenverfügung mit Beschluß vom 16.8.1993 zurückgewiesen. Die Beteiligte hat weitere Beschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Das Grundbuchamt habe zum Nachweis für die Rechtsnachfolge der Beteiligten zu Recht einen Erbschein verlangt. Dies sei zwar sehr formalistisch, wegen der als zwingend angesehenen Verweisung in Art.20 Abs.1 des Bayerischen Stiftungsgesetzes, wegen der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts zum Staat als gesetzlichem Erben und wegen der fehlenden Gründungsurkunde aber nicht zu umgehen.
Nach Art.20 Abs.1 StG könne das Vermögen einer erloschenen Stiftung auch an einen in der Satzung bestimmten Berechtigten fallen; dies gelte gemäß Art.37 Abs.3 StG auch für kirchliche Stiftungen. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, daß die Verweisung auf die Vorschriften über eine dem Fiskus als gesetzlichem Erben anfallende Erbschaft bei kirchlichen Stiftungen nur eingeschränkt gelten sollte. Die Verweisung erfasse nicht nur das materielle Recht, sondern auch die Vorschriften über das Erbscheinsverfahren.
Der Nachweis der Erbfolge oder der entsprechende Nachweis einer Gesamtrechtsnachfolge sei grundsätzlich durch Erbschein zu führen. Die Sondervorschrift des § 35 GBO schließe innerhalb ihres Anwendungsbereichs den Nachweis der Rechtsnachfolge durch einfache öffentliche Urkunden aus. Ein Erbschein sei nur dann entbehrlich, wenn die Erbfolge beim Grundbuchamt offenkundig sei. Dies sei aber nicht der Fall. Die Feststellungen und Vorgänge in den Urkunden, auf die sich die Beteiligte stütze, seien aktenkundig, aber nicht offenkundig.
Über den erstmals im Beschwerdeverfahren gestellten Berichtigungsantrag der Katholischen Kirchenstifung F. werde das Grundbuchamt in eigener Zuständigkeit zu entscheiden haben.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Vorinstanzen haben die Eintragung der Beteiligten als Eigentümerin der Grundstücke zu...