Entscheidungsstichwort (Thema)

Personenstandsurkunde

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Tauglichkeit von Personenstandsurkunden als Beweismittel im Erbscheinsverfahren.

 

Normenkette

PStG §§ 47, 60 Abs. 1, § 66

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 24.03.1997; Aktenzeichen 13 T 1200/97)

AG Nürnberg (Aktenzeichen VI 1305/72)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4 und 5 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24. März 1997 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten zu 4 und 5 haben die dem Beteiligten zu 3 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 21.500 DM festgesetzt. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird ebenfalls auf 21.500 DM festgesetzt; insoweit wird der Beschluß des Landgerichts in Nr. II abgeändert.

 

Tatbestand

I.

Der Erblasser wurde 1908 in Fischerdorf, Kreis Dnjepropetrowsk/Ukraine, geboren. Aus der mit der Beteiligten zu 1 1930 in der Ukraine geschlossenen Ehe gingen die Beteiligte zu 2, geboren 1930, und der Beteiligte zu 3, geboren 1935, hervor. Die Ehefrau und die Kinder wurden 1941 nach Kasachstan verschleppt, während der Erblasser in der Ukraine zurückblieb. Dort lernte er Emma S. (Mutter der Beteiligten zu 4 und 5) kennen.

Emma S. hatte 1928 in Billerfeld/Kreis Dnjepropetrowsk (Ukraine) S. geheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. Der Ehemann wurde 1938 verschleppt, seither ist er verschollen. Der Erblasser und Emma S. flohen gemeinsam 1942 nach Polen und wurden aufgrund ihrer deutschen Volkszugehörigkeit 1944 in Brigidau/Galizien eingebürgert. Aus dieser Verbindung gingen der Beteiligte zu 4, geboren 1944, und die Beteiligte zu 5, geboren 1946, hervor. 1947 zog die Familie nach Nürnberg. Seither lebte der Erblasser mit Emma S. zusammen. Die Beteiligten zu 1 bis 3 siedelten erst 1992 in die Bundesrepublik Deutschland über.

Als der Erblasser 1972 starb, beantragten die Beteiligten zu 4 und 5 sowie Emma S. beim Nachlaßgericht einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Zum Nachweis der Erbberechtigung legten sie einen Auszug aus dem Taufregister des evangelischen Pfarramts in Graase/Oberschlesien über die Taufe des Beteiligten zu 4, eine Heiratsbescheinigung sowie eine Geburts- und Taufbescheinigung des Hilfskomitees der evangelischen-lutherischen Schwarzmeerdeutschen vom 13.7.1951 vor. In der Heiratsbescheinigung wird „aufgrund der hier vorliegenden Unterlagen bescheinigt”, daß der Erblasser und Emma S. 1928 in Fischerdorf/Kreis Dnjepropetrowsk die Ehe geschlossen haben. Die Geburts- und Taufbescheinigung bestätigt, daß die Beteiligte zu 5 als Tochter des Erblassers und dessen Ehefrau Emma 1946 geboren wurde. Das Nachlaßgericht erteilte am 3.5.1972 antragsgemäß den Erbschein. Emma S. starb 1990.

Am 10.5.1995 beantragte die Beteiligte zu 1 die Einziehung des am 3.5.1972 erteilten Erbscheins als unrichtig, weil sie und ihre Kinder gesetzliche Erben des Erblassers seien. Mit Beschluß vom 23.2.1995 habe das Amtsgericht im Verfahren nach § 47 PStG festgestellt, daß der Eintrag des Standesamts im Sterbebuch des Erblassers durch Beischreibung folgenden Randvermerks zu berichtigen sei: „Der Verstorbene war verheiratet mit … (Beteiligte zu 1)”. Eine berichtigte Sterbeurkunde legte sie vor. Außerdem übergab sie eine Heiratsurkunde vom 7.1.1930 des Standesamtsregisters von Ribalski/Kreis Dnjepropetrowsk, wonach der Erblasser mit ihr die Ehe geschlossen hatte, und Geburtsurkunden der Standesämter des Gebiets von Dnjepropetrowsk für die Beteiligten zu 2 und 3, in denen sie und der Erblasser als Eltern bezeichnet sind. Sie wies darauf hin, daß Emma S. in deren eigenen Einbürgerungsunterlagen als Ehefrau des S. bezeichnet und der Vermerk hinzugefügt sei: „Gehört zum Herd … (Erblasser)”. In den Einbürgerungsunterlagen des Erblassers sind die Beteiligte zu 1 als Ehefrau und die Beteiligten zu 2 und 3 als seine Kinder genannt und vermerkt: „Zum Herd gehört Emma S.”.

Mit Beschluß vom 25.7.1995 zog das Nachlaßgericht den am 3.5.1972 erteilten Erbschein als unrichtig ein. Die Ausfertigung des Erbscheins wurde abgeliefert. Das Nachlaßgericht führte weitere Ermittlungen durch, indem es wegen der von den Beteiligten zu 4 und 5 behaupteten Eheschließung des Erblassers mit Emma S. Anfragen an das Hilfskomitee der evangelischen-lutherischen Kirche aus Bessarabien in Hannover und an den Bundesverband der Deutschen aus Rußland in Stuttgart richtete.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 haben einen Erbschein beantragt, der die Beteiligte zu 1 als Miterbin zu 1/4, die Beteiligten zu 2 und 3 als Miterben zu je 3/8 ausweisen soll. Am 5.12.1996 hat das Nachlaßgericht durch Vorbescheid einen Erbschein angekündigt, wonach der Erblasser von der Beteiligten zu 1 zu 1/2, von den Beteiligten zu 2 und 3 zu je 1/4 beerbt worden sein soll. Hiergegen haben die Beteiligten zu 4 und 5 Erinnerung eingelegt, der nicht abgeholfen wurde. Mit Beschluß vom 24.3.1997 wies das Landgericht die Beschwerde der Beteiligten zu 4 und 5 mit der...

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