Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Gastronomischer Betrieb als "Laden bzw anderweitige Nutzung in jeder Art"
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Entscheidung vom 19.02.1990; Aktenzeichen 1 T 0431/89) |
AG Ingolstadt (Entscheidung vom 02.03.1989; Aktenzeichen UR II 174/87) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Ingolstadt vom 19. Februar 1990 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Eigentümer einer Wohnanlage, in der einzelne Einheiten gewerblich genutzt werden.
Den Antragstellern gehört ein Wohnungseigentum im 1. Obergeschoß, das derzeit noch als Büro genutzt wird, später aber wieder Wohnzwecken zugeführt werden soll. In dem im Erdgeschoß darunter liegenden Teileigentum der Antragsgegnerin befand sich zunächst ein Verkaufsraum; nunmehr wird dort eine Imbißstube, in der Getränke und kalte Speisen abgegeben werden, betrieben. Sie ist täglich bis 1 Uhr geöffnet. Bei schönem Wetter, insbesondere in den Sommermonaten, werden auch vor dem Lokal mehrere Tische aufgestellt und Gäste bewirtet. Ferner findet durch ein Fenster der Gaststätte hindurch ein Straßenverkauf statt. Die Sperrstunde hierfür wurde auf 23 Uhr festgesetzt.
Das Teileigentum der Antragsgegnerin ist in dem Vertrag, durch den das Wohnungs- und Teileigentum begründet wurde, wie folgt beschrieben:
… verbunden mit einem Miteigentumsanteil von … das Sondereigentum an dem im Erdgeschoß gelegenen Laden, im Aufteilungsplan mit Nr. 14 bezeichnet, bestehend aus Laden und WC mit einer Fläche von ca. 42 m².
In der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung (GO) ist u. a. bestimmt:
§ 5
Gebrauchsregelung
…
(2) Eine gewerbliche und/oder freiberufliche Nutzung ist jederzeit zulässig, sofern sie beim Kaufvertrag mit dem Bauträger vorgesehen war. Soweit nicht der Bauträger Bauherr ist, bestimmt sich die Nutzungsart aus der späteren Teilungserklärung, welche die übrigen Bauherren zusammen mit dem Bauherrn, der Firma B., festlegen. Eine spätere Nutzungsänderung darf jederzeit erfolgen, sofern diese neue Nutzung nicht störender ist als die bisherige Nutzung.
…
(3) Soweit eine Einheit als zu anderen Nutzungsarten als zum Wohnen dient, sind von ihr ausgehende Beeinträchtigungen zu dulden; Nutzungsänderungen sind zulässig, wenn die neue Nutzung keine größeren Beeinträchtigungen bringt als die angegebene.
(4) Grundsätzlich ist vorgesehen, daß im Erdgeschoßbereich auch Läden errichtet werden und in den Obergeschossen zunächst Wohnungen entstehen. Soweit öffentlich-rechtlich zulässig, können jedoch auch in den Wohnungen Praxisräume für freie Berufe aller Art eingerichtet werden. Die bisher vorgesehenen Läden können auch anderweitig in jeder Art genutzt werden.
Die Antragsteller haben beantragt, der Antragsgegnerin unter Androhung eines Ordnungsgeldes für den Fall der Zuwiderhandlung zu verbieten, in ihrem Teileigentum einen gastronomischen Betrieb zu führen oder führen zu lassen. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 2.3.1989 dem Antrag stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht mit Beschluß vom 19.2.1990 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Antragsteller hätten gegen die Antragsgegnerin einen Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 3 WEG, weil der Betrieb der Gaststätte durch die Antragsgegnerin der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung widerspreche. In dieser sei die zulässige Nutzungsart des Teileigentums der Antragsgegnerin als „Laden” bezeichnet. Unter dem Begriff „Laden” sei nicht eine Kurzbezeichnung für alle nicht zu Wohnzwecken dienende Räume, sondern nach allgemeinem Sprachgebrauch eine Verkaufsstätte zum Vertrieb von Waren zu verstehen. Mit der Bezeichnung als „Laden” lasse sich das Führen eines gastronomischen Betriebs, der außerhalb der Ladenschlußzeiten geöffnet habe, nicht vereinbaren. Allein die Bewirtung von Gästen auf der Straße bis in die späten Nachtstunden, die Geräusche spät ankommender oder sich verabschiedender Besucher seien Beeinträchtigungen, die nicht zu vergleichen seien mit den Störungen, die von einem Laden ausgehen, der an den Werktagen nach 18 Uhr, an den Samstagen frühzeitig und an den Sonn- und Feiertagen ganztägig geschlossen habe. Nach dem Wortlaut des § 5 Nr. 4 GO könnten zwar „die bisher vorgesehenen Läden auch anderweitig in jeder Art genutzt werden”. Aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen über die Gebrauchsregelung, insbesondere aus § 5 Nr. 2 und Nr. 3 GO, ergebe sich jedoch, daß dadurch der Grundsatz, eine Nutzungsänderung nur dann als zulässig anzusehen, wenn die neue Nutzung keine größeren Beeinträchtigungen bringe als di...