Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbvertrag
Leitsatz (redaktionell)
Enthält eine letztwillige Verfügung eine Zuwendung an den Erbvertragspartner oder an einen diesem nahestehenden, insbesondere mit ihm verwandten Dritten, so wird sie in aller Regel bindend und daher vertragsmäßig gewollt sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Erblasser oder der andere Vertragsteil ein Interesse an der Bindung gehabt haben kann.
Normenkette
BGB § 2278
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 25.04.1990; Aktenzeichen 16 T 5081/90) |
AG München (Aktenzeichen 91 VI 5995/89) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 25. April 1990 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 2 hat die der Beteiligten zu 1 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 173.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die 1989 im 86. Lebensjahr verstorbene Erblasserin war verwitwet und kinderlos. Die Beteiligte zu 1 ist die Tochter des am 6.10.1971 vorverstorbenen Ehemanns der Erblasserin aus dessen erster Ehe. Die Beteiligten zu 2 und 3 sind die Geschwister der Erblasserin, die Beteiligten zu 4 bis 6 deren Abkömmlinge. Zum Nachlaß gehören Grundstücke sowie Bargeld und Bankguthaben.
Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten aus Anlaß ihrer Eheschließung in einem notariellen Übergabe- und Erbvertrag vom 22.5.1946 unter anderem vereinbart:
…
II.
Stirbt eines von uns, so soll der überlebende Ehegatte der alleinige und ausschließliche Erbe und Anerbe des Hofes … werden. Unsere pflichtteilsberechtigten Verwandten sollen auf den gesetzlichen Pflichtteil beschränkt sein.
…
VI.
In Ergänzung obigen Erbvertrages vereinbaren wir noch, dass nach dem Tode des Längstlebenden von uns beiden die Tochter des Ehemannes aus erster Ehe Erbin und Anerbin werden soll, für den Fall, dass aus der zweiten Ehe kein Sohn hervorgehen sollte.
In einem zwischen den Ehegatten und der Beteiligten zu 1 geschlossenen notariellen Übergabe- und Erbvertrag vom 22.6.1967 hatten die Ehegatten ihren Grundbesitz mit Ausnahme zweier Grundstücke an die Beteiligte zu 1 gegen Einräumung eines Leibgedings übertragen. Diese hatte sich für den Fall der Verpachtung oder des Verkaufs verpflichtet, die Hälfte des Erlöses an die Ehegatten oder den Überlebenden von ihnen herauszugeben mit der Maßgabe, daß deren Ansprüche insoweit „nicht vererblich” sein sollten. Der mit dem Übergabevertrag verbundene Erbvertrag lautet wie folgt:
Mit diesnotarieller Urkunde vom 22.Mai 1946 URNr… haben die Ehegatten … einen Erbvertrag errichtet und sich ihres Wissens gegenseitig zu ihren Erben eingesetzt.
Diese Bestimmung erhalten sie aufrecht.
Sie bestimmen jedoch weiter, dass nach dem Tode des Erstversterbenden von ihnen der im Übergabevertrag zum Eigentum zurückbehaltene Grundbesitz Flst.Nr. und der Gemarkung H… im Wege der Erbfolge zunächst der überlebende Ehegatte und nach dem Tode des Letztversterbenden von ihnen die Tochter bzw. Stieftochter … (Beteiligte zu 1) vermächtnisweise erhalten soll. Frl. … (Beteiligte zu 1) nimmt diese Vermächtniseinsetzung hiermit an.
Verpflichtung
Für den Fall, daß die Übergeber oder der Überlebende von ihnen den zurückbehaltenen Grundbesitz ganz oder teilweise verkaufen, ist er verpflichtet, den halben reinen Verkaufserlös an die Übernehmerin hinauszubezahlen.
Nach dem Tod ihres Ehemanns bestimmte die Erblasserin in einem eigenhändigen Testament vom 20.6.1973 unter anderem, daß der im Übergabevertrag zurückbehaltene Grundbesitz der Beteiligten zu 1 und deren Tochter gehören solle. Ferner hat sie weitere handschriftliche Testamente errichtet, in denen sie die Beteiligten zu 3 bis 6 bedacht hat.
Mit Beschluß vom 20.9.1989 hat das Nachlaßgericht entsprechend dem Antrag der Beteiligten zu 1 einen Alleinerbschein auf Grund des Erbvertrags vom 22.5.1946 erteilt. Hiergegen hat der Beteiligte zu 2 Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, den Erbschein als unrichtig einzuziehen. Er ist der Meinung, die Erblasserin sei auf Grund gesetzlicher Erbfolge von den Beteiligten zu 2 und 3 je zur Hälfte beerbt worden; denn die Beteiligte zu 1 sei nicht Schlußerbin auf Grund des Erbvertrags vom 22.5.1946, sondern Vermächtnisnehmerin auf Grund des späteren Erbvertrags vom 22.6.1967. Die Ehegatten hätten der Beteiligten zu 1 nur den Hof und das Grundvermögen zuwenden wollen, nicht dagegen das beträchtliche Barvermögen.
Das Nachlaßgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Widerruf der Schlußerbeneinsetzung sei im späteren Erbvertrag vom 22.6.1967 nicht ausdrücklich erfolgt und ergebe sich auch nicht aus dessen Inhalt. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 25.4.1990 die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 vom 3.6.1992. Die Beteiligte zu 1 beantragt, die weitere Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das L...