Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung
Tenor
Enthält ein Mietvertrag über Wohnraum eine Vereinbarung, wonach bei Nutzung zu anderen als Wohnzwecken ein vom Vermieter festzusetzender Zuschlag zu zahlen sei, so ist bei einer andersartigen Nutzung die Vereinbarung nicht aufgrund des § 10 Abs. 1 MHG unwirksam und eine Erhöhung des Zuschlags muß nicht auf dem Wege des § 2 MHG erwirkt werden.
Tatbestand
I.
Die Klägerin schloß am 16.6.1972 mit dem Beklagten und seiner Ehefrau einen Mietvertrag über die Wohnung … Erdgeschoß links. Der Mietvertrag lautet unter § 3 (Mietzins) Nr. 6:
„Werden die Mieträume untervermietet oder zu anderen als Wohnzwecken benutzt, so ist der Mieter für die Dauer der Untervermietung oder der andersartigen Benutzung verpflichtet, einen vom Vermieter festzusetzenden Zuschlag zu zahlen. § 8 dieses Vertrags bleibt unberührt.”
§ 8 (Genehmigungspflichtige Handlungen des Mieters) lautet unter 1.:
„Mit Rücksicht auf die Gesamtheit der Mieter und im Interesse einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung des Hauses und der Wohnung bedürfen die Mieter der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Vermieters, wenn sie
- die Wohnung oder einzelne Räume entgeltlich oder unentgeltlich Dritten überlassen, es sei denn, es handelt sich um eine unentgeltliche Aufnahme von angemessener Dauer (Besuch),
- die Wohnung oder einzelne Räume zu anderen als Wohnzwecken benutzen oder benutzen lassen”
Der Beklagte nutzt als Mieter die Wohnung zum Betrieb seiner Steuerkanzlei und beschäftigt darin Arbeitskräfte. Der Umfang der als gewerblich angesehenen Nutzung ist zwischen den Parteien umstritten. Es bestanden zwischen ihnen von jeher unterschiedliche Ansichten über eine Pflicht des Beklagten, einen Zuschlag wegen gewerblicher Nutzung zu bezahlen.
Mit Schreiben vom 27.4.1984 leitete die Klägerin dem Beklagten ein Mieterhöhungsverlangen zu, in dem sie neben einem erhöhten monatlichen Mietpreis für die Wohnung als Zuschlag für gewerbliche Nutzung DM 100,– verlangt. Der Mieterhöhung stimmte der Beklagte zum Teil zu; den Zuschlag für gewerbliche Nutzung lehnte er ab.
Das Amtsgericht hat durch Endurteil vom 11.2.1986 dem Hauptantrag der Klägerin stattgegeben und unter Nr. I erkannt:
„Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin für die von ihm teilweise gewerblich genutzte Wohnung in …, Erdgeschoß, einen angemessenen gewerblichen Mietzuschlag zu bezahlen.”
Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte Klageabweisung. Er ist insbesondere der Ansicht, daß § 3 Nr. 6 des Mietvertrags wegen der Unabdingbarkeit (§ 10 Abs. 1 MHG) unwirksam sei. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und behauptet unter Beweisantritt, daß die Wohnung überwiegend für die Steuerkanzlei genutzt werde.
Das Landgericht hat am 3.7.1985 beschlossen, einen Rechtsentscheid zu folgender Rechtsfrage einzuholen:
„Ist bei einem Mietverhältnis über Wohnraum eine Vereinbarung wirksam, in der sich der Mieter verpflichtet gesondert neben dem Mietzins im Fall der gewerblichen Nutzung von Mieträumen einen Zuschlag hierfür zu bezahlen?”
In der Begründung führt das Landgericht aus: Die Feststellungsklage sei zulässig und die Rechtsfrage entscheidungserheblich. Die Kammer neige der Ansicht des Beklagten zu, daß eine gewerbliche Teilnutzung nur im Rahmen eines Mieterhöhungsverfahrens gemäß § 2 MHG berücksichtigt werden könne und eine Vereinbarung über gesonderte Zuschläge wegen § 10 MHG unwirksam sei. Die Rechtsfrage sei von grundsätzlicher Bedeutung für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle; dazu gebe es jedoch in veröffentlichter Rechtsprechung und Literatur keine Stellungnahme.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zuständig, bei der Vorlage zum Rechtsentscheid auch über diejenigen Rechtsfragen zu befinden, die sich aus Art. III Abs. 1 des 3. MietRÄndG i.d.F. des Gesetzes vom 5.6.1980 (BGBl I S. 657) ergeben (§ 1 Abs. 1 Nr. 14 Zuständigkeitsübertragungsverordnung Justiz, BayRS 300-1-3-J; § 1 Verordnung über die Zuständigkeit für den Rechtsentscheid in Mietsachen, BayRS 300-3-15-J).
2. Die Vorlage ist zulässig (Art. III Abs. 1 des 3. MietRÄndG).
a) Der Rechtsstreit betrifft ein Mietvertragsverhältnis über Wohnraum; denn der Mietvertrag bezieht sich auf eine Wohnung und der Inhalt des Mietvertrags läßt eindeutig erkennen, daß die Räume von den Mietern bewohnt werden sollen. Eine auch nur teilweise andersartige Nutzung ist nur als Ausnahme vorgesehen und von einer Zustimmung der Vermieterin abhängig gemacht (§ 8 Nr. 1 Buchst. b des Mietvertrags).
b) Die Zulässigkeit der Vorlage scheitert nicht daran, daß die Rechtsfrage vom Landgericht nicht so genau formuliert ist, daß sie abstrakt beantwortet werden könnte. Die Wirksamkeit einer Vereinbarung über die genannte Zahlungspflicht kann rechtlich von mehreren Voraussetzungen abhängen, je nach Lage des Einzelfalles, weil die Wirksamkeit eines Vertrages über die Zahlung eines Zuschlags zur Miete nicht nur von den gesetzlichen Vorschriften des MHG bestimmt wird. Indessen ist dies unschädl...