Verfahrensgang

LG München II (Aktenzeichen 1 O 1765/20)

LG Lübeck (Aktenzeichen 5 O 118/20)

 

Tenor

Örtlich zuständig ist das Landgericht München II.

 

Gründe

I. Mit seiner zum Landgericht München II erhobenen Klage macht der im Bezirk dieses Gerichts wohnhafte Kläger gegen die im Bezirk des Landgerichts Braunschweig ansässige Beklagte Ansprüche geltend, die ihm aus dem Kauf eines Gebrauchtfahrzeugs der Marke VW Touran von dem im Bezirk des Landgerichts Lübeck wohnhaften Voreigentümer erwachsen seien. Das mit einem Motor des Typs EA 189 ausgestattete Fahrzeug sei von dem sogenannten Abgasskandal betroffen. Die Beklagte, die diesen Motor entwickelt, produziert und in Verkehr gebracht habe, habe durch die Verwendung einer verbotenen Abschalteinrichtung wider besseres Wissen zulässige Emissionswerte vorgespiegelt. Er, der Kläger, sei von der Beklagten über die Gesetzeskonformität getäuscht und dadurch zum Kauf des Fahrzeugs veranlasst sowie i. S. d. § 826 BGB vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden. Das Landgericht München II sei gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig. In dessen Bezirk sei in ein geschütztes Rechtsgut (Vermögen des Klägers an dessen Wohnsitz) eingegriffen worden. In dem der Klage als Anlage beigefügten Kaufvertrag, der von beiden Parteien am Wohnsitz des Verkäufers unterzeichnet worden ist, hat der Verkäufer den Erhalt des Kaufpreises bestätigt. Auf den Hinweis des Landgerichts München II, der Vertrag sei im Bezirk des Landgerichts Lübeck geschlossen worden und am Wohnsitz des Klägers sei ein Schadensort nicht ersichtlich, hat der Kläger seine Argumentation vertieft. Wenn der Schadenseintritt selbst zum Tatbestand der Rechtsverletzung gehöre, sei der Ort des Schadenseintritts Verletzungs- und damit Begehungsort. Im Falle der sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB liege dieser am Belegenheitsort des Klägervermögens. Der Kläger habe zu Recht von seinem Wahlrecht nach § 35 ZPO Gebrauch gemacht und das Landgericht München II als zuständiges Gericht ausgewählt. Hilfsweise hat der Kläger beantragt, das Verfahren an das Landgericht Lübeck zu verweisen. Die Beklagte hat die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt und die Meinung vertreten, der Rechtsstreit sei an das zuständige Landgericht Braunschweig zu verweisen. Mit Beschluss vom 30. Januar 2020 hat sich das Landgericht München II für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Lübeck verwiesen. Zur Begründung der eigenen Unzuständigkeit hat es unter Bezugnahme auf einen unveröffentlichten Beschluss des Oberlandesgerichts München ausgeführt, Voraussetzung für eine Zuständigkeitsbegründung am Wohnsitz des Klägers wäre, dass dort das betroffene Klägervermögen belegen sei. Für die durch die unerlaubte Handlung verursachte Minderung des Vermögens und die Bestimmung des Erfolgsortes sei entscheidend, von wo der Kaufpreis überwiesen worden sei. Denn die Rechtsgutsverletzung, nämlich die Beschädigung des Vermögens, verwirkliche sich grundsätzlich dort, wo die Bank die Anweisung zum Geldtransfer erhalte und zu Lasten des dort geführten Kontos ausführe (BayObLG MDR 2003, 893). Aus dem klägerischen Tatsachenvorbringen sei nicht ersichtlich, von welchem Ort aus eine Überweisung des Kaufpreises an den Verkäufer erfolgt sei. Es könne wegen des im Zahlungsverkehr weiter fortschreitenden Online-Bankings nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass der Kläger ein Konto im Bezirk des Landgerichts München II unterhalte und daher der Vermögensschaden dort eingetreten sei. Das Landgericht Lübeck hat sich nach Anhörung der Parteien mit Beschluss vom 27. April 2020 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht München II zurückverwiesen. Der Verweisungsbeschuss des Landgerichts München II sei nicht bindend. Zu der Begründung, der Kläger habe nicht vorgetragen, von welchem Ort aus eine Überweisung des Kaufpreises an den Verkäufer erfolgt sei, sei der Kläger nicht gehört worden. Dies wäre auf Grund des Klägervortrags jedoch erforderlich gewesen, aus dem sich implizit ergebe, das Klägervermögen befinde sich im Bezirk des Landgerichts München II. Mit Beschluss vom 8. Mai 2020 hat das Landgericht München II die Sache dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts Lübeck sei es bei der Prüfung der allgemeinem Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage ohne jeden Anhaltspunkt im klägerischen Tatsachenvorbringen nicht gehalten, von Amts wegen Ermittlungen über den Ort durchzuführen, von welchem aus die Überweisung des Kaufpreises erfolgt sei. Denn die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen von Amts wegen bedeute nicht Amtsermittlung der Tatsachen. Der Kläger hat seine Argumentation vertieft, das Landgericht München II sei das örtlich zuständige Gericht gemäß § 32 ZPO. Der Kaufpreis sei überwiegend in Höhe von 22.500,00 EUR per Online-Banking von zu Hause aus beglichen worden. Aus dem als Anlage beigefügten Kontoauszug ergibt sich, dass die Überweisung von einem Girokonto erfolg...

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