Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungs- und Unterbringungssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anordnung, daß der Betroffene zur Vorbereitung eines Gutachtens untersucht und durch die zuständige Behörde zur Untersuchung vorgeführt wird, ist auch dann nicht anfechtbar, wenn der Betroffene aufgrund der Anordnung mehrere Tage im Bezirkskrankenhaus untergebracht wird.

2. Feststellung der Rechtswidrigkeit einer vorläufigen Unterbringung, weil der Richter diese zu Unrecht auf § 1846 BGB gestützt hat.

 

Normenkette

FGG § 68b Abs. 3; BGB § 1846

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 13 T 24287/00)

AG München (Aktenzeichen 706 XVII 4133/00)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 19. Februar 2001 wird verworfen, soweit dieser den Beschluß des Amtsgerichts München über die Bestellung eines vorläufigen Betreuers vom 9. Oktober 2000 betrifft.

II. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 19. Februar 2001 wird, soweit dieser die Erstbeschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts München vom 9. November 2000 als unbegründet zurückweist, mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wird.

III. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen wird unter Abänderung des Beschlusses des Landgerichts München I vom 19. Februar 2001 festgestellt, daß der Eingriff in die Freiheit des Betroffenen durch den Beschluß des Amtsgerichts München vom 21. Dezember 2000 rechtsfehlerhaft war, weil das Amtsgericht seine Entscheidung nicht auf § 1846 BGB stützen durfte.

IV. Im übrigen werden die Rechtsmittel zurückgewiesen.

V. Der Antrag des Betroffenen auf Erteilung einer Kopie der schriftlichen Stellungnahme des Vorsitzenden Richters am Landgericht vom 2. Februar 2001 wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Mit der für sofort wirksam erklärten einstweiligen Anordnung vom 9.10.2000 bestellte das Amtsgericht befristet bis 1.4.2001 für den Betroffenen eine Rechtsanwältin zur vorläufigen Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Wohnungsangelegenheiten, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post sowie Interessenvertretung in Strafverfahren und Zivilverfahren.

Am 9.11.2000 ordnete das Amtsgericht gemäß § 68b Abs. 3, § 70e Abs. 2 FGG die Untersuchung des Betroffenen durch den Arzt im BKH und die Vorführung des Betroffenen zur Untersuchung durch den Sachverständigen an. Es bat den Sachverständigen für den Fall, daß eine abschließende Beurteilung der Untersuchungsbedüftigkeit nicht möglich sei, um Mitteilung, ob zur Vorbereitung des Gutachtens die Unterbringung und Beobachtung des Betroffenen erforderlich sei. Aufgrund dieses Beschlusses wurde der Betroffene am 29.11.2000 im Bezirkskrankenhaus aufgenommen.

Mit dem für sofort wirksam erklärten Beschluß vom 7.12.2000 ordnete das Amtsgericht zur Vorbereitung eines Gutachtens über die Frage der Durchführung einer ärztlichen Zwangsbehandlung die Unterbringung und Beobachtung des Betroffenen im Bezirkskrankenhaus bis 22.12.2000 an.

Mit Beschluß vom 21.12.2000 ordnete das Amtsgericht gemäß § 1846 BGB, § 70h FGG die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis längstens 31.1.2001 und die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung an. Am 9.1.2001 wurde der Betroffene aus dem Bezirkskrankenhaus entlassen.

Gegen die aufgeführten Entscheidungen des Amtsgerichts legte der Betroffene Rechtsmittel ein. Diese hat das Landgericht mit Beschluß vom 19.2.2001 zurückgewiesen. Hiergegen legte der Betroffene am 12.3.2001 „sofortige weitere Beschwerde” ein.

II.

1. Die weitere Beschwerde gegen die einstweilige Anordnung vom 9.10.2000 ist unzulässig geworden, da die vorläufige Betreuung, nachdem der Betroffene am 12.3.2001 weitere Beschwerde eingelegt hatte, mit dem 1.4.2001 endete und damit die Hauptsache des Betreuungsverfahrens erledigt war (BayObLGZ 1993, 82; BayObLG FamRZ 2001, 255/256). Hierdurch kam für die weitere Beschwerde das Rechtsschutzbedürfnis in Wegfall, weil sie nicht auf die Kosten beschränkt wurde (vgl. BGHZ 109, 108/110). Eine Entscheidung dahin, daß vom Senat festgestellt wird, die angeordnete Bestellung der vorläufigen Betreuerin sei rechtswidrig gewesen, ist nicht zulässig (BayObLGZ aaO).

2. Im übrigen sind die Rechtsmittel zulässig, insbesondere ergibt sich die Befugnis des Beschwerdeführers zur weiteren Beschwerde aus der Zurückweisung seiner Erstbeschwerden (vgl. BayObLGZ 1998, 195; Bassenge/Herbst FGG/RpflG 8. Aufl. § 27 FGG Rn. 7), dies unabhängig davon, ob die Erstbeschwerden zulässig waren (vgl. BayObLGZ 1993, 253). Sie sind aber nur begründet, soweit sich der Betroffene gegen die einstweilige Anordnung vom 21.12.2000 über seine vorläufige Unterbringung wendet.

a) Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die Beschwerden seien zulässig, auch insoweit, als sie sich gegen den Beschluß vom 9.11.2000 richten. Dieser Beschluß sei trotz der Regelung in § 68b Abs. 3 FGG anfechtbar, weil er die Grundlage nicht...

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