Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Lehnt das Vormundschaftsgericht die Festsetzung von Zahlungen des Betreuten an die Staatskasse im Rahmen einer Vergütungsentscheidung ab, so ist auch hiergegen die sofortige Beschwerde gegeben.

2. Betrifft der Anspruch des Betreuers einen Zeitraum vor dem 1.1.1999, kommt ein Rückgriff der Staatskasse aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 1836e BGB nicht in Betracht.

3. Zum Rückgriff gegenüber einem Betreuten, der mit Ausnahme möglicher Unterhaltsansprüche mittellos ist.

 

Normenkette

BGB §§ 1836c, 1836d, 1836e; FGG § 56g; BtÄndG Art. 5 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 13 T 10861/99)

AG Erlangen (Aktenzeichen 4 XVII 798/98)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Erlangen vom 23. November 1999 und des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 19. April 2001 dahin abgeändert, daß der Betroffene zur Deckung eines Betrags von 295,18 DM insoweit Zahlungen an die Staatskasse zu leisten hat, als ein Unterhaltsanspruch gegen die Eltern besteht.

II. Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Das Vormundschaftsgericht bewilligte am 21.5.1999 dem Betreuer des Betroffenen eine Entschädigung aus der Staatskasse in Höhe von 1.105,63 DM, wobei ein Teilbetrag von 295,18 DM auf die Zeit nach dem 1.1.1999 entfiel. Zugleich behielt es sich vor, Zahlungen festzusetzen, die der Betreute an die Staatskasse zu leisten hat. Mit Beschluß vom 23.11.1999 lehnte es eine solche Festsetzung ab. Die Eltern des Betroffenen, beides Rechtsanwälte, hatten mit Schriftsätzen vom 8.6. und 3.8.1999 auf schriftliche Anfragen jegliche Barunterhaltspflicht in Abrede gestellt. Gegen die Entscheidung legte die Staatskasse sofortige Beschwerde ein, mit der sie begehrte, Zahlungen des Betroffenen, beschränkt auf seinen Unterhaltsanspruch gegen die Eltern, anzuordnen.

Das Landgericht hat das Rechtsmittel am 19.4.2001 zurückgewiesen. Mit der zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt die Staatskasse ihren ursprünglichen Antrag weiter.

II.

Das Rechtsmittel ist statthaft, da es durch das Landgericht zugelassen worden ist (§ 56g Abs. 5 Satz 2 FGG). Es handelt sich um eine sofortige weitere Beschwerde (§ 29 Abs. 2 FGG). Denn nach § 56g Abs. 5 Satz 1 FGG findet gegen Entscheidungen nach § 56g Abs. 1 Satz 2 FGG die sofortige Beschwerde statt. Eine solche Entscheidung liegt auch dann vor, wenn das Vormundschaftsgericht die Anordnung von Zahlungen des Betreuten an die Staatskasse ablehnt. Dies ergibt sich unter anderem daraus, daß § 56g Abs. 5 Satz 1 FGG auch die einen solchen Rückgriff ablehnenden Entscheidungen des Gerichts nach § 56g Abs. 2 Satz 3 FGG der sofortigen Beschwerde unterstellt. Daraus folgt, daß § 56g Abs. 5 Satz 1 FGG im Interesse einer raschen abschließenden Klärung der Entschädigungsfrage alle im Rahmen der Absätze 1 bis 3 dieser Vorschrift zu treffenden Entscheidungen, auch solche, die ablehnenden Charakter haben, erfaßt. Die Beschwerdefrist ist hier jedoch gewahrt, da die landgerichtliche Entscheidung der Staatskasse nicht zugestellt worden ist.

III.

Das Rechtsmittel hat in der Sache teilweise Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, ein Rückgriff der Staatskasse für Tätigkeiten und Aufwendungen im Zeitraum bis 31.12.1998 komme schon deshalb nicht in Betracht, da § 1836e BGB nur auf spätere Sachverhalte Anwendung finde. Auch für die Zeit ab 1.1.1999 seien Rückgriffsansprüche ausgeschlossen, da Unterhaltsansprüche des Betroffenen gegen dessen Eltern aus Rechtsgründen nicht in Betracht kämen. Die Eltern seien auf jeden Fall nicht im Sinne von § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB rechtzeitig in Verzug gesetzt worden wären. Eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung gegenüber dem Betroffenen liege nicht vor.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht in vollem Umfang stand.

a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei einen Regreß abgelehnt, soweit die Ansprüche des Betreuers auf Vergütung und Aufwendungsersatz das Jahr 1998 betreffen. Der gesetzliche Forderungsübergang des § 1836e Abs. 1 Satz 1 BGB gilt nur hinsichtlich solcher Tätigkeiten oder Aufwendungen, die nach dem Inkrafttreten des Betreuungsänderungsgesetzes zum 1.1.1999 (vgl. Art. 5 Abs. 2 BtÄndG) erbracht oder gemacht worden sind (OLG Schleswig FamRZ 2000, 562; OLG Zweibrücken BTPrax 2000, 40; Jürgens/Winterstein Betreuungsrecht 2. Aufl. § 1836e Rn. 1; Palandt/Diederichsen BGB 60. Aufl. § 1836e Rn. 1; Zimmermann FamRZ 1999, 630/636; vgl. auch BayObLGZ 1999, 21/23). Dies entspricht den allgemeinen Grundsätzen des auf Pflegschaften und Betreuungen anwendbaren intertemporalen Rechts (vgl. BayObLGZ 2000, 26/31). Eine klarstellende Übergangsregelung wurde im Gesetzgebungsverfahren als überflüssig angesehen (vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 58).

b) Dagegen ist es nicht rechtsfehlerfrei, daß die Kammer einen Rückgriff auch abgelehnt hat für Ansprüche, die das Jahr 1999 betreffen. Der Regreß gemäß § 1908i Abs. 1 i.V...

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