Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird der Betreute nur deshalb als mittellos behandelt, weil ihm (möglicherweise) zustehende Unterhaltsansprüche gerichtlich geltend gemacht werden müßten, hat das Vormundschaftsgericht zwar die Verpflichtung des Betreuten auszusprechen, an die Staatskasse im Rahmen des Rückgriffs entsprechende Zahlungen zu leisten. Gleichzeitig hat es kenntlich zu machen, daß dieser Titel nur die Grundlage für die Einziehung der Unterhaltsansprüche sein kann.

2. Das Bestehen der Unterhaltsansprüche hat das Vormundschaftsgericht grundsätzlich nicht zu prüfen.

 

Normenkette

BGB §§ 1836c, 1836d, 1836e; FGG § 56g

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 13 T 10828/00)

AG Nürnberg (Aktenzeichen XVII 1316/92)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. Juni 2001 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Das Vormundschaftsgericht bewilligte am 8.12.2000 dem Betreuer des Betroffenen aus der Staatskasse eine Entschädigung in Höhe von 2.323,16 DM. Zugleich lehnte es ab, Zahlungen festzusetzen, die der Betreute an die Staatskasse zu leisten hat. Hiergegen legte die Staatskasse sofortige Beschwerde ein mit den Anträgen, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Vormundschaftsgericht zurückzuverweisen oder, falls das Landgericht in der Sache selbst entscheide, die Betreuervergütung gegen das betreute Vermögen festzusetzen, hilfsweise den Regreß der Staatskasse gegen den unterhaltsverpflichteten Vater anzuordnen.

Das Landgericht hat das Rechtsmittel am 29.6.2001 mit der ergänzenden Feststellung zurückgewiesen, daß „der Betreute, soweit die Staatskasse den Betreuer befriedigt, zur Deckung dieses Betrages in Höhe von 2.323,16 DM insoweit Zahlungen an die Staatskasse zu leisten hat, als ein Unterhaltsanspruch gegen seinen Vater besteht”. Mit der zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt die Staatskasse die bereits im Beschwerde verfahren gestellten Anträge weiter, wobei sie auch vorbringt, das Landgericht hätte die Festsetzung des Rückgriffs nicht einschränken dürfen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Entschädigung des Betreuers sei gegen die Staatskasse festzusetzen. Zwar zählten Unterhaltsansprüche auch zum einzusetzenden Einkommen des Betroffenen. Dieser gelte jedoch als mittellos, weil er die Entschädigung nur aufbringen könne im Wege gerichtlicher Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen seinen Vater, der zur freiwilligen Zahlung nicht bereit sei. Der Betroffene habe weder sonstiges einzusetzendes Einkommen noch einzusetzendes Vermögen. Dennoch seien vom Betroffenen zu leistende Zahlungen festzusetzen. Soweit die Staatskasse den Betreuer befriedige, gingen zwar nicht die Unterhaltsansprüche des Betroffenen, wohl aber die Ansprüche des Betreuers gegen den Betroffenen auf die Staatskasse über. Es bestehe daher die Möglichkeit, die aufgrund des übergegangenen Anspruchs vom Betroffenen zu leistenden Zahlungen unter Einbeziehung der ausstehenden Unterhaltsschuld festzusetzen. Mit Hilfe dieses Titels werde eine Pfändung und Überweisung des Unterhaltsanspruchs möglich. Die Voraussetzungen für eine solche Anordnung seien gegeben, da der Betroffene grundsätzlich gegen seinen Vater auch nachträglich Zahlungsansprüche geltend machen könne. Ob sämtliche Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch bestünden, müsse letztlich im Unterhaltsrechtsstreit geklärt werden.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei Vergütung und Aufwendungsersatz nicht gegenüber dem Betroffenen festgesetzt, § 1835 Abs. 4 Satz 1, § 1836a BGB. Zwar sind Unterhaltsansprüche einzusetzendes Einkommen des Betroffenen (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1836c Nr. 1 Satz 2 BGB), dennoch gilt der Betroffene als mittellos (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1836d Nr. 2 BGB), wenn Unterhaltsansprüche gerichtlich geltend gemacht werden müßten. Letzteres hat das Beschwerdegericht verfahrensfehlerfrei und damit für den Senat bindend (Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. § 27 FGG Rn. 23) festgestellt. Angesichts der eindeutigen Angaben des Betreuers zum Inhalt seiner Verhandlungen mit dem Vater des Betroffenen mußte das Gericht im Rahmen der Amtsermittlung (§ 12 FGG) den Vater nicht auch selbst anhören. Mit seiner Vermutung, der Vater würde „womöglich doch zahlen”, wenn er hierzu schriftlich aufgefordert würde, setzt der Vertreter der Staatskasse seine tatsächliche Sicht der Dinge an die Stelle derjenigen des Landgerichts, womit er im Rechtsbeschwerdeverfahren keinen Erfolg haben kann. Eine bestimmte Form für die außergerichtliche Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sieht das Gesetz nicht vor.

b) Das Landgericht hat es auch zu Recht abgelehnt, unmittelbar gegenüber dem Vater des Betroffenen als Unterhaltsverpflichteten Zahlungen festzusetzen. Soweit die Staatskasse den Betreuer befriedigt, gehen dessen An...

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