Entscheidungsstichwort (Thema)

Gütergemeinschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Hatten Ehegatten die allgemeine Gütergemeinschaft vereinbart, kann eine Auseinandersetzung des Gesamtguts nach den §§ 1471 ff. BGB solange der überlebende Ehegatte und Vollerbe alleiniger Berechtigter der Gesamtgutsgegenstände ist, nicht stattfinden. In dieser Situation sind die Rechte des Nacherben eingeschränkt.

 

Normenkette

BGB § 1471

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 08.05.1995; Aktenzeichen 1 T 1268/95)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 8. Mai 1995 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beschwerde gegen die Eintragung der Beteiligten zu 2 als Miteigentümerin zu 2/3 verworfen wird und der Beteiligte zu 3 die den Beteiligten zu 1 und 2 im Beschwerdeverfahren erwachsenen Kosten zu erstatten hat.

II. Der Beteiligte zu 3 hat die den Beteiligten zu 1 und 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde erwachsenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 2 Millionen DM festgesetzt.

IV. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3 wird die Nummer 3 des landgerichtlichen Beschlusses (Festsetzung des Geschäftswerts) dahin abgeändert, daß der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 2 Millionen DM festgesetzt wird; die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der im Jahre 1993 verstorbene Apotheker P. war im Grundbuch als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen, das zugleich Betriebsgrundstück der Apotheke war. Zu notarieller Urkunde vom 25.10.1957 schloß er mit seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 1, einen Ehe- und Erbvertrag. Die Vertragspartner vereinbarten darin „rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eheschließung (= 6.3.1935) den Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in seiner jetzigen und künftig geltenden Fassung”. Verwaltet werden sollte das Gesamtgut von den Ehegatten gemeinsam; Vorbehaltsgut wurde nicht vereinbart. Von der Eintragung des Güterstands in das Güterrechtsregister und das Grundbuch sollte vorläufig Abstand genommen werden.

P. setzte in dem Erbvertrag die Beteiligte zu 1 zu seiner Vorerbin ein; sie sollte von allen Beschränkungen befreit sein, von denen das Gesetz eine Befreiung zuläßt. Als Nacherben beim Tode der Beteiligten zu 1 bestimmte P. die beiden gemeinschaftlichen Söhne zu gleichen Teilen; Ersatznacherben sind nicht ausdrücklich benannt.

Nach dem Tode von P. wurde die Beteiligte zu 1 am 12.6.1964 „aufgrund Ehevertrag vom 25.10.1957 … und Erbschein des Amtsgerichts M. vom 9.3.1964” als Alleineigentümerin des Grundstücks eingetragen. In der 2. Abteilung wurde in Übereinstimmung mit dem Erbschein vermerkt:

Der Erblasser P. hat bezüglich seines gütergemeinschaftlichen Anteils eine Nacherbfolge angeordnet. … Die Vorerbin ist zur freien Verfügung über die Erbschaft berechtigt. Nacherben sind die Söhne C., Apotheker und M., Apotheker … Ersatznacherbfolge gemäß § 2069 BGB ist angeordnet …

Die Beteiligte zu 1 und die beiden Söhne betrieben die Apotheke weiter. M. starb im Jahre 1974; er hinterließ seine Ehefrau und einen gemeinsamen Sohn, den Beteiligten zu 3. C. starb am 23.8.1994; er hinterließ seine Ehefrau, die Beteiligte zu 2 und zwei gemeinsame Kinder, die Beteiligten zu 4 und 5. Die Beteiligte zu 2 ist Alleinerbin von C. Die Beteiligte zu 1 war aber nach wie vor als Alleineigentümerin des Grundstücks eingetragen.

Mit notariell beurkundetem Überlassungsvertrag vom 9.12.1994 übertrug die Beteiligte zu 1 einen Miteigentumsanteil von 2/3 an dem Grundstück auf ihre Schwiegertochter, die Beteiligte zu 2. Zweck der Übertragung war nach den Erklärungen der Vertragsteile, „die vermögensrechtliche Situation innerhalb der Gesellschaft auch vom Grundstück her zu vollziehen”. Die Vertragsteile erklärten die Auflassung des Miteigentumsanteils; nach dem Vertrag sind keine Gegenleistungen zu erbringen.

Das Grundbuchamt hat am 4.1.1995 antragsgemäß die Beteiligte zu 2 als Miteigentümerin zu 2/3 eingetragen und den Nacherbenvermerk im Wege der Berichtigung am ganzen Grundstück gelöscht. Der Beteiligte zu 3 hat gegen die Löschung Erinnerung/Beschwerde eingelegt und weiter beantragt, gegen die Eintragung der Beteiligten zu 2 als Miteigentümerin einen Widerspruch in das Grundbuch einzutragen. Das Landgericht hat die Beschwerde gegen die Eintragungen mit Beschluß vom 8.5.1995 zurückgewiesen. Es hat weiter ausgesprochen, daß außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu erstatten seien, den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren hat es auf 4 375 000 DM festgesetzt (Nr. 3 des Beschlusses). Der Beteiligte zu 3 hat gegen den Beschluß weitere Beschwerde eingelegt; er hat außerdem beantragt, den Geschäftswert auf 875 000 DM festzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel zur Hauptsache ist nicht begründet; die Geschäftswertbeschwerde hat teilweise Erfolg.

1. Das Landgericht geht davon aus, daß sich die Erstbeschwerde gegen die E...

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