Entscheidungsstichwort (Thema)

Vor- und Nacherbschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Daß der Amtsermittlungsgrundsatz des § 12 FGG im Antragsverfahren nicht gilt und der Antragsteller den lückenlosen Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit zu führen hat, ist kein ausreichender Grund, von der Gewährung rechtlichen Gehörs abzusehen.

 

Normenkette

FGG § 12

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Beschluss vom 03.03.1994; Aktenzeichen 3 T 195/93)

AG Bamberg (Entscheidung vom 18.10.1993)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 werden der Beschluß des Landgerichts Bamberg vom 3. März 1994 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Bamberg vom 18. Oktober 1993 aufgehoben.

II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I.

Als Eigentümer eines Grundstücks waren ursprünglich die Geschwister M. in Bruchteilsgemeinschaft eingetragen. Diese bestand aus den Miteigentümerinnen Kunigunde R. und Barbara R. zu je 1/4 sowie der aus Johann, Paul,

Otto und Heinrich M. sowie Kunigunde R. und Barbara R. bestehenden Erbengemeinschaft als Miteigentümerin zu 1/2. Im Jahr 1960 ging der 1/4-Miteigentumsanteil von Kunigunde R. und deren Anteil an der Erbengemeinschaft im Weg der Erbfolge auf die aus Johann, Paul, Otto und Heinrich M. sowie Barbara R. bestehende Erbengemeinschaft über. Die Miterbenanteile von Johann M. erbte im Jahr 1961 seine Ehefrau, die Beteiligte zu 1, als Vorerbin; Nacherbe ist der gemeinsame Sohn von Johann M. und der Beteiligten zu 1; die Nacherbfolge wurde im Grundbuch vermerkt; der Nacherbe ist am 3.1.1991 gestorben und von den Beteiligten zu 2 beerbt worden.

Im Jahr 1975 gingen der 1/4-Miteigentumsanteil von Barbara R. und deren Anteile an den Erbengemeinschaften im Weg der Erbfolge auf ihren Ehemann Erhard R. über. Dieser erwarb im Jahr 1976 die Miterbenanteile von Otto und Heinrich M. hinzu. Im Jahr 1978 gingen die Miterbenanteile und der Miteigentumsanteil von Erhard R. im Weg des Erbgangs auf dessen zweite Ehefrau, die Beteiligte zu 1, über. Diese erwarb schließlich die Miterbenanteile von Paul M. noch hinzu. Sie ist jetzt als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen.

In Abteilung II ist folgendes vermerkt:

Hinsichtlich des Anteils der … (= Beteiligte zu 1) an der Erbengemeinschaft ist Nacherbfolge angeordnet. Nacherbe hinter der … (= Beteiligte zu 1) ist beim Tode der Vorerbin der … (= Nacherbe). Eingetragen an dem früheren Bruchteil der Erbengemeinschaft M. am …

In der Veränderungsspalte ist vermerkt:

Zu dem Nacherbenvermerk wird klargestellt: Der Nacherbenvermerk erstreckt sich lediglich auf die Erbanteile, die die nunmehrige Alleineigentümerin … (= Beteiligte zu 1) aufgrund Erbscheins … von Johann M. geerbt hat; eingetragen am …

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt, im Weg der Grundbuchberichtigung den Nacherbenvermerk zu löschen. Das Grundbuchamt hat durch Zwischenverfügung vom 18.10.1993 die Löschungsbewilligung des Nacherben verlangt. Die Erinnerung/Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht durch Beschluß vom 3.3.1994 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg; es führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und der Zwischenverfügung des Grundbuchamts.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Anders als in den vom Bundesgerichtshof in der Vergangenheit entschiedenen Fällen lägen hier die Voraussetzungen dafür, gegenüber der Beteiligten zu 1 den Schutz des Nacherben zurücktreten zu lassen, nicht vor; § 2113 BGB sei entsprechend anzuwenden. Wenn der Nacherbe im Fall der noch bestehenden Erbengemeinschaft, bei der einer der Miterben Vorerbe sei, geschützt gewesen sei, so sei kein Grund ersichtlich, ihm nach Vereinigung aller Erbteile keinen Schutz mehr zu gewähren. In den der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrundeliegenden Fällen sei das Schutzbedürfnis des Nacherben dadurch als überwunden angesehen worden, daß die Vorerben bereits vor Eintritt des Erbfalls ihnen zu eigenem Recht zustehende Anteile am Gesamthandsvermögen gehabt hätten, aber bei vorgehendem Schutz des Nacherben nicht mehr frei über die dazu gehörenden Gegenstände hätten verfügen können. Vor dem Erbfall nach Johann M. hätten der Beteiligten zu 1 keinerlei Rechte am Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaften zugestanden. Der Ausnahmecharakter der vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fälle treffe daher hier nicht zu. Andernfalls könnte der Vorerbe durch Zuerwerb aller übrigen Erbanteile den Nacherbenschutz beseitigen.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Gegenstand des Verfahrens vor dem Grundbuchamt ist der Antrag der Beteiligten zu 1, den Nacherbenvermerk im Weg der Grundbuchberichtigung gemäß § 22 GBO zu löschen. Der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk schützt den Nacherben davor, daß Verfügungen des Vorerben infolge gutgläubigen Erwerbs entgegen § 2113 Abs.1, 2 BGB wirksam werden (Horber/Demharter GBO 20. Aufl. § 51 Rn.31). Mit der Löschung des N...

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