Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage der Wechselbezüglichkeit, wenn die Eheleute in zeitlich mehr als zwei Jahre auseinanderliegenden gemeinschaftlichen Testamenten zunächst nur sich gegenseitig als Erben, später ohne ausdrückliche Bezugnahme auf das frühere gemeinschaftliche Testament nur die Schlußerben eingesetzt haben.

2. Zur Auslegung einer Ersatzerbenbestimmung, wonach „die gesetzlichen Ehefrauen oder die Kinder” der Erben Ersatzerben sein sollen.

 

Normenkette

BGB §§ 2270-2271

 

Verfahrensgang

LG Passau (Beschluss vom 17.02.1998; Aktenzeichen 2 T 278/97)

AG Passau (Aktenzeichen 3 VI 174/97)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Passau vom 17. Februar 1998 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 1 hat den anderen Beteiligten die ihnen im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 200.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der 1997 im Alter von 78 Jahren kinderlos verstorbene Erblasser war in zweiter Ehe verheiratet mit der Beteiligten zu 1. Seine erste Ehefrau Gerda war 1990 verstorben. Mit letzterer hatte er zwei handschriftliche Testamente errichtet. Der von ihr geschriebene Text des ersten Testaments vom 20.1.1987 lautet:

„Unser letzter Wille!

Nach unserem Tod soll jeweils der noch lebende Ehepartner den gesamten Besitz erben”.

Es folgen die beiden Unterschriften des Erblassers und seiner ersten Ehefrau, dann die Angabe des Errichtungsortes und des Datums.

Am 26.10.1989 errichteten der Erblasser und seine erste Ehefrau in gleicher Weise ein zweites Testament folgenden Wortlauts:

„Am 26.10.89

Testament!

A (= Beteiliger zu 2) wird beauftragt unseren gesamten Nachlaß zu verkaufen, er bekommt für diese Arbeit einen Extra Anteil von 10 % des Gesamt Erlöses!

Als Erben bestimmen wir:

A, B (= Beteiligter zu 3), C

Sollte einer dieser Erben aus dem Leben geschieden sein, so sollen die gesetzlichen Ehefrauen, oder die Kinder das Erbe antreten

Dieses ist unser gemeinsamer Wille!”

Es folgen wiederum die beiden Unterschriften.

Dieses Testament befand sich im Besitz des Beteiligten zu 2 in einem Briefumschlag mit der Aufschrift

„Das Testament nach unserem Ableben”,

gefolgt von den Unterschriften beider Ehegatten.

A, B und C sind bzw. waren die drei Brüder der, ersten Ehefrau des Erblassers. C ist 1990 verstorben. Er war geschieden; seine zwei Töchter sind die Beteiligten zu 4 und 5.

Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau errichtete der Erblasser noch zwei notarielle Testamente. Mit dem Testament vom 13.11.1991 setzte er eine Nichte seiner ersten Ehefrau zur Alleinerbin ein; seine (damalige) Lebensgefährtin, die Beteiligte zu 1, wurde mit einem Vermächtnis bedacht.

Mit dem Testament vom 20.5.1997 widerrief der Erblasser alle bisherigen Verfügungen von Todes wegen und setzte die Beteiligte zu 1 als alleinige Erbin ein, ersatzweise deren Kinder.

Die Beteiligte zu 1 hat einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist.

Der Beteiligte zu 2 hat dagegen einen Erbschein beantragt, wonach der Erblasser von ihm und dem Beteiligten zu 3 zu je 1/3, von den Beteiligten zu 4 und 5 zu je 1/6 beerbt wurde.

Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 18.11.1997 den Antrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und angekündigt, einen Erbschein gemäß dem Antrag des Beteiligten zu 2 zu erteilen.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht mit Beschluß vom 17.2.1998 zurückgewiesen.

Das Amtsgericht hat daraufhin am 5.3.1998 einen Erbschein gemäß dem Vorbescheid erteilt.

Gegen den landgerichtlichen Beschluß vom 17.2.1998 richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz eingelegte weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1, die beantragt, den erteilten Erbschein einzuziehen und einen Erbschein gemäß ihrem Antrag zu erteilen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die in der gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FGG) eingelegte, nicht fristgebundene weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist zulässig. Der mit dem Vorbescheid angekündigte Erbschein ist zwar inzwischen erteilt worden. Das auf seine Aufhebung gerichtete Verfahren kann jedoch mit dem Ziel der Einziehung des erteilten Erbscheins fortgeführt werden (BayObLGZ 1982, 236/239). Das Beschwerderecht der Beteiligten zu 1 ergibt sich schon aus dem Umstand, daß ihre Erstbeschwerde zurückgewiesen wurde (BayObLGZ 1993, 290/291; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 7. Aufl. § 27 FGG Rn. 7).

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist jedoch unbegründet.

1. Das Gericht der weiteren Beschwerde hat die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung der Vorinstanz unabhängig von den mit der weiteren Beschwerde vorgebrachten Rügen zu prüfen (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO; Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 27 Rn. 15). Es hat deswegen insbesondere auch die Zulässigkeit der Erstbeschwerde nachzuprüfen. Diese wurde vom Landgericht zu Recht bejaht. Sie folgt daraus, daß die Beteiligte zu 1 für sich ein von dem angekündigten Erbschein abweichendes Erbrecht in Anspruch nimmt (§ 20 Abs. 1 FGG; BayObLG FamRZ 1995, 1092/1093).

Das...

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