Leitsatz (amtlich)
Ist dem Betroffenen noch kein Betreuer bestellt, aber bereits ein Verfahrenspfleger, so ist dieser zur Abgabe des Betreuungsverfahrens zu hören. Seine Zustimmung zur Abgabe ist aber nicht erforderlich.
Normenkette
FGG §§ 65a, 46, 67
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 709 XVII 6728/97) |
AG Landshut (Aktenzeichen 4 AR 21/98) |
Tenor
Eine Entscheidung über die Abgabe des Betreuungsverfahrens ergeht nicht.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht München überprüft, ob für die Betroffene ein Betreuer zu bestellen ist. Diese hält sich nunmehr in einem im Bezirk des Amtsgerichts Landshut gelegenen Heim auf, wo sie voraussichtlich für längere Zeit bleiben wird. Das Amtsgericht München beabsichtigt deshalb, das Verfahren an dieses Gericht abzugeben. Die Betroffene und ihre Verfahrenspflegerin wurden zur Abgabe nicht gehört. Ein Betreuer ist noch nicht bestellt. Das Amtsgericht Landshut hat die Übernahme des Verfahrens abgelehnt.
Das Amtsgericht München hat die Sache dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung über die Abgabe vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung zuständig, weil die beteiligten Amtsgerichte in verschiedenen bayerischen Landgerichtsbezirken liegen (§ 65a Abs. 1 Satz 1, § 46 Abs. 2 Satz 1, § 199 Abs. 2 Satz 2 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 1 AGGVG; vgl. BayObLG FamRZ 1993, 448).
2. Eine Entscheidung über die Abgabe kann im vorliegenden Fall nicht ergehen, weil das Amtsgericht München die Verfahrenspflegerin nicht angehört hat.
Hierzu ist es verpflichtet. Der schon bestellte Verfahrenspfleger ist im Betreuungsverfahren gesetzlicher Vertreter des Betroffenen und wie dieser am Verfahren zu beteiligen (Keidel/Kuntze FGG 13.Aufl. § 67 Rn. 11; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 7.Aufl. § 13 FGG Rn. 4). Er ist deshalb auch zur Abgabe des Betreuungsverfahrens zu hören (Bassenge/Herbst § 65a FGG Rn. 5; Damrau/Zimmermann Betreuung und Vormundschaft 2.Aufl. § 65a FGG Rn. 10; Knittel BtG § 65a FGG Rn. 13; Jürgens BtR § 65a FGG Rn. 9). Der Verfahrenspfleger muß der Abgabe aber nicht zustimmen, da er nur die Rechte des Betroffenen aus § 65a Abs. 2 Satz 1 FGG ausübt (Bassenge/Herbst a.a.O.; Damrau/Zimmermann a.a.O.; Jürgens a.a.O.; a.A. Keidel/Kuntze § 65a Rn. 7; Bumiller/Winkler FG 6.Aufl. § 65a Anm. 2 d).
Das Amtsgericht München muß deshalb die Anhörung der Verfahrenspflegerin nachholen.
3. Der Abgabe des Verfahrens steht hingegen nicht entgegen, daß das Amtsgericht München die Betroffene nicht gemäß § 65a Abs. 2 Satz 1 FGG angehört hat. Das Vormundschaftsgericht darf nämlich von der Anhörung absehen, wenn der Betroffene aufgrund seiner psychischen Erkrankung oder geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, zu begreifen, daß in Zukunft ein anderes Gericht für ihn tätig werden soll (BayObLGZ 1998 Nr. 10 m.w.N.). Dies gilt hier für die Betroffene, wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen vom 26.7.1997 ergibt.
Der Abgabe steht auch nicht entgegen, daß bisher noch kein Betreuer bestellt ist (BayObLGZ 1992, 351; Bassenge/Herbst § 65a Rn. 3).
Unterschriften
Karmasin, Ammon, Dr. Schreieder
Fundstellen