Leitsatz (amtlich)
Bei der Erstreckung des Aufgabenkreises des Betreuers auf die Regelung des Umgangs des Betreuten mit seinen Eltern ist Art. 6 Abs. 1 GG zu beachten.
Normenkette
GG Art. 6 Abs. 1; BGB § 1896 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 04.11.2002; Aktenzeichen 3 T 28/02) |
AG Würzburg (Beschluss vom 20.11.2001; Aktenzeichen XVII 1059/00) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Würzburg vom 4.11.2002 wird, soweit sie die Entscheidung des LG zur Prozesskostenhilfe betrifft, verworfen.
II. Im Übrigen wird der weiteren Beteiligten für das Verfahren der weiteren Beschwerde Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt R beigeordnet.
III. Auf die weitere Beschwerde werden die Beschlüsse des LG Würzburg vom 4.11.2002 und des AG Würzburg vom 20.11.2001 insoweit aufgehoben, als dadurch der Aufgabenkreis der Betreuerin auf die Entgegennahme, das Öffnen und Anhalten der Post sowie Entscheidungen über Fernmeldeverkehr erweitert wurde.
IV. Weiterhin wird die in Ziffer 3 des Tenors des Beschlusses des LG Würzburg vom 4.11.2002 getroffene Kostenentscheidung aufgehoben.
V. Im Übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.
VI. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der jetzt 26-jährige, geistig behinderte Betroffene lebte seit seiner Kindheit in Heimen. 1995 wurde für ihn, der zu dieser Zeit in einer Behinderteneinrichtung in Norddeutschland wohnte, ein Betreuer für den Aufgabenkreis Vermögensangelegenheiten einschließlich der Sozialleistungsangelegenheiten, Vertretung vor Ämtern und Behörden und Erteilung der Einwilligung in ärztliche Heilmaßnahmen bestellt. Der Aufgabenkreis des Betreuers wurde 1997 um die Aufenthaltsbestimmung erweitert. Am 20.6.2000 wurde die Betreuung um rund fünf Jahre verlängert. In dieser Entscheidung wurde lediglich der 1995 angeordnete Aufgabenkreis genannt, nicht aber die Aufenthaltsbestimmung.
Im November 2000 zog der Betroffene zu seinen Eltern nach Bayern. Daraufhin wurde das Betreuungsverfahren hierher abgegeben, der bisherige Betreuer entlassen und eine neue, berufsmäßige Betreuerin bestellt. Hinsichtlich des Aufgabenkreises wurde auf den Beschluss vom 20.6.2000 Bezug genommen. Im Juni 2001 brachte die Betreuerin den Betroffenen in einem Heim für geistig und mehrfach Behinderte unter. Am 17.9.2001 beantragte die Mutter des Betroffenen, hier die weitere Beteiligte, die jetzige Betreuerin zu entlassen und sie, die Mutter, selbst zur Betreuerin zu bestellen. Hierauf teilte ihr das AG mit, ein Wechsel in der Person der Betreuerin komme aufgrund der durchgeführten Ermittlungen nicht in Betracht.
Mit Schreiben vom 15.10.2001 beantragte die Betreuerin die Erweiterung ihres Aufgabenkreises auf die Bestimmung des persönlichen Umgangs und das Öffnen und Anhalten der Post sowie Entscheidungen über den Fernmeldeverkehr. Sie begründete diesen Antrag damit, es habe immer wieder Schwierigkeiten mit den Eltern des Betroffenen, insb. der Mutter, gegeben. Die Eltern leugneten die Behinderung ihres Sohnes und hielten die Unterbringung in dem Heim für nicht notwendig. Der Betroffene werde täglich von ihnen angerufen und negativ beeinflusst. Das AG erholte eine nervenärztliche Stellungnahme des auf Honorarbasis seit Beginn des Jahres in dem Heim tätigen und dabei immer wieder mit der Beziehung zwischen dem Betroffenen und seinen Eltern befassten Facharztes. Dieser führte aus, laufende sich an keine Absprachen haltende Einflussnahmen der Eltern erwiesen sich als zunehmend problematisch, weshalb die Erweiterung der Betreuung dringend empfohlen werde.
Das AG erweiterte am 20.11.2001 den Aufgabenkreis der Betreuerin um die Entgegennahme, das Öffnen und Anhalten der Post sowie Entscheidungen über Fernmeldeverkehr und die Bestimmung des persönlichen Umgangs mit Eltern. Hiergegen legte die Mutter des Betroffenen Beschwerde ein. Gleichzeitig beantragte sie Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten.
Das LG hat am 4.11.2002, gestützt auf ein von ihm erholtes psychiatrisches Gutachten vom 8.7.2002, die Beschwerde zurückgewiesen und Prozesskostenhilfe versagt.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Mutter des Betroffenen.
II. 1. Die weitere Beschwerde greift den Beschluss des LG vom 4.11.2002 insgesamt an, daher auch die darin enthaltene Entscheidung zur Prozesskostenhilfe. In der Beschwerdeschrift vom 25.11.2002 ist ausgeführt, das LG habe die Erstbeschwerde „nebst dem Antrag auf Prozesskostenhilfe” zurückgewiesen. Daraus geht hervor, dass die Prozesskostenhilfeentscheidung vom Anfechtungswillen umfasst ist. Insoweit ist die weitere Beschwerde jedoch unzulässig, weil sie vom LG nicht zugelassen wurde (vgl. BayObLG v. 14.5.2002 – 1Z BR 59/02, BayObLGZ 2002, 147 [148] = BayObLGReport 2002, 425 = NJW 2002, 2573).
2. Im Übrigen ist die weitere Beschwerde zulässig. Die Mutter des Betroffenen ist im Verfahren über die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers selbst beschwerdeberechtigt (§ 69...