Verfahrensgang
Vergabekammer Südbayern (Aktenzeichen 3194.Z3-3_01-22-17) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 3. November 2022 (Az.: 3194.Z3-3_01-22-17) in den Ziffern 2 und 4 dahingehend abgeändert, dass die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin zu tragen hat und die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin für notwendig erklärt wird.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens nach § 173 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 GWB sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin schrieb mit Bekanntmachung vom 7. März 2022 im Amtsblatt der Europäischen Union Leistungen der Tragwerksplanung gemäß § 51 HOAI für den Neubau eines Schulzentrums im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb aus. Zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollten maximal fünf Bewerber, die bei Punktgleichstand durch Los ausgewählt werden sollten.
Im Nachprüfungsverfahren wandte sich die Antragstellerin gegen eine Reihe von Vorgaben der Ausschreibung. Sie beanstandete unter anderem, dass die Anzahl der einzureichenden Referenzen unzulässig beschränkt worden sei, auch sei unklar, welche Folge es habe, wenn ein Bewerber mehr Referenzen vorlege. Vergaberechtswidrig sei von einer Beauftragung der Leistungsphase 1 abgesehen worden. Damit sei der spätere Auftragnehmer gezwungen, Leistungen unentgeltlich zu erbringen. Im Formblatt Honorarangebot seien nicht nachvollziehbare Angaben gemacht worden. Die Vergleichbarkeit der Angebote sei damit nicht mehr gewährleistet. Weitere Regelungen würden zu einer unangemessenen Benachteiligung und zu unzumutbar langen, einseitigen Bindungen für die Bewerber bzw. Bieter führen.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag mit Beschluss vom 3. November 2022 zurückgewiesen (Ziffer 1), da die Antragstellerin bei dem zwischenzeitlich durchgeführten Losentscheid nicht zur Angebotsabgabe ausgelost worden sei und etwaige Vergabeverstöße, die lediglich die Angebotsabgabe bzw. den späteren Vertrag beträfen, sie damit nicht in ihren Rechten verletzen könnten. Ihr sind die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin mit Ausnahme der Rechtsanwaltskosten auferlegt worden (Ziffer 2). Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin hat die Vergabekammer nicht für notwendig erachtet (Ziffer 4).
Eine anwaltliche Vertretung sei nicht erforderlich gewesen, weil sich der Vortrag der Antragsgegnerin im Wesentlichen darin erschöpft habe, den von ihr durchgeführten Teilnahmewettbewerb zu erörtern. Hierzu müsse die Antragsgegnerin, die über mehrere Vergabestellen mit ausgebildetem Personal, darunter im Vergaberecht tätige Juristen, verfüge, auch ohne anwaltliche Unterstützung in der Lage sein. Auf die komplexeren Fragen der Leistungsbestimmung sowie der Beschränkung der Anzahl der Referenzen sowie der Vertragsbestimmungen sei es im vorliegenden Nachprüfungsverfahren nicht entscheidungserheblich angekommen.
Beide Verfahrensbeteiligten haben gegen den Beschluss der Vergabekammer sofortige Beschwerde eingelegt. Die Antragstellerin hat die Durchführung eines neuen Teilnahmewettbewerbs mit grundlegend geänderten Vorgaben angestrebt. Nach Ablehnung ihres Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ist der Zuschlag erteilt worden. Im Termin vom 19. April 2023 hat die Antragstellerin beantragt, ihre Rechtsverletzung festzustellen, und die sofortige Beschwerde schließlich zurückgenommen.
Die Antragsgegnerin hat ihre sofortige Beschwerde aufrechterhalten.
Sie vertritt den Standpunkt, die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts sei für das Verfahren vor der Vergabekammer notwendig gewesen. Keineswegs habe sich das Nachprüfungsverfahren auf bloße Fragen zum Teilnahmewettbewerb beschränkt. Vielmehr sei es der Antragstellerin in erster Linie darum gegangen, zu klären, ob Vertragsbedingungen der Vergabestelle durch die Vergabekammer überprüft und korrigiert werden könnten. Dabei handele es sich um eine noch weitgehend ungeklärte Frage, welche die Schnittstelle zwischen Vergaberecht und Vertragsvollzug betreffe. Die Antragsgegnerin sei in der Antragserwiderung auf sämtliche im Nachprüfungsantrag vom 12. April 2022 aufgeworfenen tatsächlichen und rechtliche Probleme eingegangen und habe hierauf auch eingehen müssen. Anfang Juni 2022 seien die Bieter über den zwischenzeitlich durchgeführten Losentscheid informiert worden. Erst mit rechtlichem Hinweis vom 5. August 2022 habe die Vergabekammer ihre vorläufige Rechtsauffassung mitgeteilt, dass der Nachprüfungsantrag wegen der nicht mehr möglichen Rechtsverletzung unbegründet sei, weil die Antragstellerin nach dem Ergebnis des inzwischen durchgeführten Losentscheids nicht zu den Bewerbern...