Entscheidungsstichwort (Thema)
Verstoß gegen das Fahrpersonalgesetz nach Anhörung der Staatsanwaltschaft
Verfahrensgang
AG Augsburg (Urteil vom 17.11.1995) |
Tenor
I. Der Antrag des Betroffenen, gegen das Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 17. November 1995 die Rechtsbeschwerde zuzulassen, soweit er mit einer Geldbuße von 100 DM belegt wurde, wird als unbegründet verworfen.
II. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 17. November 1995 aufgehoben, soweit der Betroffene wegen rechtlich zusammentreffender vorsätzlicher Ordnungswidrigkeiten des Zulassens der Überschreitung der zulässigen Lenkzeit und des Nichteinhaltens der vorgeschriebenen Ruhezeiten durch das Fahrpersonal verurteilt wurde.
Mitaufgehoben wird die Kostenentscheidung.
Die tatsächlichen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Richter des Amtsgerichts Augsburg zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht Augsburg verurteilte am 17. November 1995 den Betroffenen wegen sachlich zusammentreffender Ordnungswidrigkeiten des vorsätzlichen Nichteinhaltens einer Lenkzeitunterbrechung als Mitglied des Fahrpersonals und rechtlich zusammentreffender vorsätzlicher Ordnungswidrigkeiten des Zulassens der Überschreitung der zulässigen Lenkzeit und des Nichteinhaltens der vorgeschriebenen Ruhezeiten durch das Fahrpersonal zu Geldbußen von 100 DM und 8.000 DM.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts fuhr der Betroffene am 9.11.1994 mit einem Lastkraftwagen von Günzburg nach Erding und zurück. Dabei entschloß er sich, die vorgeschriebene Lenkzeitunterbrechung von 45 Minuten nicht einzuhalten, sondern unterbrach die Fahrt nur für 20 Minuten.
Der Betroffene war seit etwa Mitte 1994 allein verantwortlicher Disponent einer Brauerei in Günzburg. Er hatte dort die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten durch das Fahrpersonal zu überwachen. Er unterließ jedoch jegliche Kontrolle der Schaublätter der Fahrzeuge und wies auch die Fahrer S. und C. nicht auf die Verpflichtungen des Fahrpersonals hin. Spätestens seit Oktober 1994 nahm er billigend in Kauf, daß es ständig zu Verstößen der beiden Fahrer kam.
Wegen der fehlenden Kontrollen überschritten beide Fahrer in einer Reihe von Fällen die täglichen Lenkzeiten, zudem hielten sie mehrfach die vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht ein.
Gegen dieses Urteil richten sich der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde und die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit denen er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Antrag des Betroffenen, hinsichtlich der verhängten Geldbuße von 100 DM die Rechtsbeschwerde zuzulassen, ist unbegründet.
Nach § 80 Abs. 1 OWiG darf die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Ein solcher Fall liegt nach einstimmiger Auffassung des Senats hier offensichtlich nicht vor.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird daher nach § 80 Abs. 4 Sätze 1 und 3 OWiG verworfen. Damit gilt die Rechtsbeschwerde als zurückgenommen (§ 80 Abs. 4 Satz 4 OWiG).
2. Die Rechtsbeschwerde ist hinsichtlich der Geldbuße von 8.000 DM zulässig (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG) und auch begründet.
a) Die Verfahrensrügen greifen zwar nicht durch.
Die Aufklärungsrüge ist unzulässig, weil sie nicht in der durch § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG vorgeschriebenen Form erhoben ist. Die Aufklärungsrüge erfordert die Behauptung bestimmter Tatsachen, die das Gericht mit dem nicht benutzten Beweismittel hätte feststellen können. Dagegen genügt der Hinweis, daß die Vernehmung eines bestimmten Zeugen erforderlich gewesen wäre, diesen Anforderungen nicht.
Die Rüge der Verletzung des § 265 Abs. 1 StPO ist zulässig, aber unbegründet.
Zur Erteilung eines rechtlichen Hinweises bestand kein Anlaß. Dem Betroffenen wird im Bußgeldbescheid vorsätzliches Handeln angelastet. Entsprechend wurde er auch verurteilt.
b) Dagegen hat die Sachrüge Erfolg.
aa) Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen eine Verurteilung des Betroffenen wegen Verstoßes gegen die Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nicht. Im angefochtenen Urteil sind keinerlei Angaben zu den Fahrtstrecken enthalten, auf denen die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten nicht eingehalten wurden. Ohne diese kann der Senat nicht prüfen, ob der Amtsrichter die VO (EWG) Nr. 3820/85 zu Recht angewandt hat oder das Europäische Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR) anzuwenden ist. Diese Prüfung ist immer dann erforderlich, wenn es sich um Beförderungen im grenzüberschreitenden Verkehr handelt. Dem amtsgerichtlichen Urteil ist nicht zu entnehmen, daß die gegenständlichen Fahrten nur innerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland durchgef...