Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Aufrechnungsmöglichkeit gegen Wohngeldansprüche
Beteiligte
ausgenommen die Antragsgegnerin (Eigentümerliste in der Anlage zum Beschluß des Landgerichts) |
Tenor
I. Die Antragsteller haben samtverbindlich die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten aller drei Rechtszüge zu tragen.
II. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3 380,60 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Antragsteller haben die Antragsgegnerin auf Zahlung von 3 380,60 DM Wohngeld in Anspruch genommen. Die Antragsgegnerin hat die Aufrechnung mit einer rechtskräftig festgestellten Gegenforderung in Höhe von 6 633,79 DM nebst Zinsen (Kostenfestsetzungsbeschluß vom 6.8.1981) geltend gemacht.
Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin mit Beschluß vom 28.12.1984 verpflichtet, den geforderten Betrag zu zahlen. Gegen Wohngeldforderungen könne auch mit rechtskräftig titulierten Forderungen nicht aufgerechnet werden. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin mit Beschluß vom 19.3.1985 zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat dagegen sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin das Wohngeld gezahlt. Die Beteiligten haben daraufhin die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
II.
1. Es ist nur noch über die Kosten des – gesamten – Verfahrens gemäß § 47 WEG zu entscheiden, denn die Beteiligten haben die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt (BayObLGZ 1973, 30/32 ff.; Senatsbeschluß vom 27.6.1985 BReg. 2 Z 59/84).
Bei der sonach zu treffenden Ermessensentscheidung sind alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere der voraussichtliche Ausgang des Verfahrens bei dessen streitiger Fortsetzung zu berücksichtigen (BayObLG aaO).
2. Es entspricht der Billigkeit, den Antragstellern die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen und die Antragsgegnerin von jeglicher Kostenlast freizustellen.
Die Antragsgegnerin hat gegen die Wohngeldforderung von Beginn des Verfahrens an in erster Linie die Aufrechnung mit einer rechtskräftig titulierten Gegenforderung geltend gemacht, welche die erhobene Wohngeldforderung übersteigt. Daß die Antragsteller Schuldner dieser Gegenforderung waren, die für die Aufrechnung erforderliche Gegenseitigkeit (vgl. § 387 BGB; Palandt BGB 45. Aufl. § 387 Anm. 3) also gegeben war, haben sie selbst eingeräumt.
Bei dieser Sachlage hätten die Antragsteller aller Voraussicht nach mit ihrem Antrag nicht durchdringen können, wenn das Verfahren streitig fortgeführt worden wäre. Sie wären am Einwand der Aufrechnung gescheitert.
a) Die Vorinstanzen haben allerdings die Aufrechnung für unzulässig angesehen. Sie sind dabei davon ausgegangen, daß gegenüber Wohngeldansprüchen, die ihrer Natur nach im Interesse einer geordneten Verwaltung und zur Vermeidung von Unzuträglichkeiten und Schäden einer raschen Verwirklichung bedürfen, nur mit anerkannten Gegenforderungen oder mit Ansprüchen aus Notgeschäftsführung (§ 21 Abs. 1 WEG, § 683 BGB) aufgerechnet werden könne (BayObLGZ 1977, 67/71; 1978, 270/277; BayObLG ZMR 1983, 285/287; Bärmann/Pick/Merle WEG 5. Aufl. RdNr. 99, Weitnauer WEG 6. Aufl. RdNr. 13 j; Palandt Anm. IIIc cc, je zu § 16 WEG). Sie haben weiter die Auffassung vertreten, eine rechtskräftig festgestellte Gegenforderung sei in diesem Zusammenhang einer anerkannten Forderung nicht gleichzustellen.
Letzteren kann indes nicht beigepflichtet werden. Wenn das Aufrechnungsverbot seinem Sinn und Zweck nach schon für anerkannte Gegenforderungen nicht gilt (vgl. die oben angegebenen Nachweise), dann muß eine Aufrechnung erst recht dann möglich sein, wenn die Gegenforderung zwar nicht anerkannt ist, aber deshalb nicht mehr bestritten werden kann, weil sie rechtskräftig festgestellt ist und Einwendungen gegen sie nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 Abs. 1 ZPO) geltend gemacht werden können. Gegen Wohngeldansprüche kann mithin auch mit Gegenforderungen aufgerechnet werden, die rechtskräftig festgestellt sind.
b) Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht daraus, daß ein Aufrechnungsverbot in der Gemeinschaftsordnung enthalten ist.
Dieses Aufrechnungsverbot wäre voraussichtlich dahin einschränkend auszulegen gewesen, daß es die Aufrechnung mit rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen nicht ausschließt. Denn ein Verbot der Aufrechnung mit solchen Gegenforderungen müßte als Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen werden (§ 242 BGB; BGH WPM 1978, 620/621; Palandt § 387 Anm. 7 c).
3. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 2 WEG.
Unterschriften
A, K, L
Fundstellen