Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermächtnis
Leitsatz (amtlich)
Die Zuwendung eines Bruchteils des Erblasservermögens muss nicht in jedem Fall eine Erbeinsetzung darstellen; sie kann auch als Quotenvermächtnis verstanden werden, durch das dem Erben die Auszahlung eines dem Bruchteil entsprechenden Teils des Nachlasswertes an den Bedachten auferlegt wird.
Normenkette
BGB § 2087 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 05.11.1997; Aktenzeichen 5 T 3262/97) |
AG Augsburg (Aktenzeichen VI 2591/96) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 5. November 1997 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 3 hat dem Beteiligten zu 2 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 60.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der im Alter von 81 Jahren verstorbene Erblasser war zweimal verheiratet. Die Beteiligte zu 1 ist seine zweite Ehefrau. Die Beteiligten zu 2 und 3 sind seine Kinder aus erster Ehe. Weitere Abkömmlinge sind nicht vorhanden. Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus einem Hausgrundstück im Wert von mehr als 400.000 DM. Es ist weiteres Vermögen von wesentlich geringerem Wert vorhanden, insbesondere war der Erblasser Inhaber kleinerer Gemeinschaftskonten zusammen mit seiner zweiten Ehefrau.
Ein Erbvertrag, den der Erblasser mit seiner ersten Ehefrau abgeschlossen hatte, enthielt keine Verfügungen für den Tod des Letztversterbenden. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau hat der Erblasser in zwei privatschriftlichen Testamenten vom Dezember 1974 und Februar 1975 verfügt, daß sein Sohn, der Beteiligte zu 2, „das Haus und den Grundbesitz sowie das ganze Inventar” erben solle. Ferner hat er in diesen Verfügungen Verpflichtungen gegenüber seiner damals noch lebenden Mutter behandelt, die sein Sohn übernehmen sollte, und seiner Tochter, der Beteiligten zu 3, ein „Erbgut” von 10.000 DM ausgesetzt.
In einem weiteren handschriftlichen Testament vom 3.1.1991 hat der Erblasser folgendes bestimmt:
„Nach meinem Ableben erbt meine Ehefrau … (Beteiligte zu 1) den Bundesschatzbrief A Kenn-Nr. … mit dem Betrag von 20.000 DM einschließlich der angefallenen Zinsen.”
Sein letztes Testament vom 15.8.1991 hat folgenden Wortlaut:
„Nach meinem Ableben erbt mein Sohn … das elterliche Anwesen, Haus und Grundbesitz mit dem Inventar …
Ich mache meinem Sohn … zur Auflage, unsere Grabstätte … zu pflegen.
Meine Tochter … soll ihren gesetzlichen Erbteil bekommen.”
Der Sohn versteht das Testament vom 15.8.1991 dahin, daß er zum Alleinerben eingesetzt ist und seiner Schwester als Vermächtnis „den gesetzlichen Erbteil”, d.h. 1/4 des Nachlaßwertes auszahlen soll. Er hat zu Grundbuchberichtigungszwecken einen entsprechenden Erbschein beantragt. Demgegenüber hat die Tochter einen Erbschein beantragt, der sie zusammen mit ihrem Bruder als Erben zu je 1/2 ausweisen soll. Sie begründet dies damit, daß sie nach dem letzten Testament ihren „gesetzlichen Erbteil” erhalten, d.h. erben solle. Erben seien nur sie und ihr Bruder, die zweite Ehefrau sei enterbt.
Das Amtsgericht hat durch Vorbescheid einen Erbschein entsprechend dem Antrag des Sohnes angekündigt und den Antrag der Tochter zurückgewiesen. Die Beschwerde der Tochter ist erfolglos geblieben. Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts vom 5.11.1997 richtet sich die weitere Beschwerde der Tochter vom 9.12.1997.
Das Nachlaßgericht hat am 17.11.1997 einen Erbschein entsprechend dem Vorbescheid ausgefertigt und dies den Beteiligten mitgeteilt, den Erbschein aber noch nicht hinausgegeben.
Entscheidungsgründe
II.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die weitere Beschwerde mit dem Ziel der Aufhebung der nachlaßgerichtlichen Entscheidung (Vorbescheid und Zurückweisung des Erbscheinsantrags der Tochter) gegeben (vgl. BayObLGZ 1991, 10/12). Der Erbschein ist bisher nur für die Akten erstellt, aber noch nicht in Urschrift oder Ausfertigung an die Beteiligten oder eine andere Stelle, insbesondere das Grundbuchamt hinausgegeben; er ist somit noch nicht erteilt (vgl. BayObLGZ 1960, 192/194 und 501/503 f.). Das Rechtsmittel ist auch im übrigen zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.
1. Das Landgericht hat für die Bestimmung der Erbfolge zutreffend auf die beiden Testamente vom 3.1.1991 und 15.8.1991 abgestellt. Der Erblasser hat in diesen beiden einander ergänzenden Verfügungen praktisch sein gesamtes Vermögen verteilt. Daher ist anzunehmen, daß er durch sie den oder die Erben bestimmen wollte (vgl. BayObLG FamRZ 1995, 246/248 und 1997, 641/642).
2. Der Erblasser hat in dem Testament vom 15.8.1991 angeordnet, daß sein Sohn „das elterliche Anwesen … erben” und seine Tochter „ihren gesetzlichen Erbteil bekommen” sollen. Das Landgericht hat diese Verfügung zu Recht für auslegungsbedürftig gehalten. Jedenfalls ergibt sich allein daraus, daß der Erblasser die Zuwendu...