Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 12.01.1988; Aktenzeichen 13 I 8717/87) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12. Januar 1988 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 3 hat die den Beteiligten zu 1 und 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die jetzt sechs Jahre und neun Monate alte Sabine … ist die eheliche Tochter der Beteiligten zu 1 und 2. Bei ihnen lebte sie von der Geburt bis zum Februar 1985.
Am 1.2.1985 mußte der Vater eine Freiheitsstrafe wegen schweren Raubes antreten. Am 22.2.1985 zog die Mutter mit ihrer Tochter zur Großmutter mütterlicherseits (Beteiligte zu 3), weil die Familienwohnung wegen eines Wasserrohrbruchs nicht bewohnbar war. Als die Wohnung wiederhergestellt war, kehrte die Mutter dorthin zurück, das Mädchen blieb bei den Großeltern. Dort hält es sich seitdem ununterbrochen auf. Die Mutter besuchte es regelmäßig. Es fanden auch Besuche des Mädchens bei der Mutter statt. Ihren Vater sah das Mädchen im Jahr 1985 zweimal während des Hafturlaubs. Ein weiteres Zusammentreffen während der Haftzeit kam nicht zustande, weil das Mädchen nach der Behauptung der Großmutter weitere Besuche beim Vater ablehnte.
Im Jahre 1986 wurde die Mutter von einem Mädchen entbunden, dessen leiblicher Vater nicht der Ehemann der Mutter ist.
Kurze Zeit vor der Entlassung des Vaters aus dem Strafvollzug beantragte die Großmutter beim Amtsgericht … – Vormundschaftsgericht –, den Eltern die elterliche Sorge für ihre Tochter zu entziehen, Vormundschaft anzuordnen und sie als Vormund zu bestellen.
Am 1.2.1987 wurde der Vater nach Verbüßung von zwei Dritteln seiner Strafe entlassen. Die Mutter widmete sich dem Haushalt und der Betreuung des Kleinkindes. Auf Anraten des Erziehungsberaters haben die Eltern das Mädchen vorerst nicht besucht.
Das Vormundschaftsgericht hat eine Stellungnahme des Kreisjugendamts eingeholt. Es hat die Eltern, die Großmutter und Vertreter des Kreisjugendamts persönlich angehört, außerdem das Mädchen in Abwesenheit seiner Eltern und der Großmutter. Ferner hat es ein Gutachten der Dipl.-Psych. M. Institut für Gerichtspsychologie, darüber eingeholt, ob es zum Wohl des Mädchens erforderlich sei, im Haushalt der Großmutter zu bleiben, und ob es verantwortet werden könne, es gegen den Willen der Großeltern kurzfristig in den Haushalt der Eltern zurückzuführen. Durch Beschluß vom 11.11.1987 hat das Vormundschaftsgericht den Antrag der Großmutter zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß hat die Großmutter Beschwerde eingelegt. Sie hat behauptet, es hätte „katastrophale Folgen”, wenn das Mädchen gegen seinen Willen aus der vertrauten Umgebung herausgerissen und in eine „völlig fremde, zerrüttete Umgebung” verpflanzt würde. Die Eltern haben beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Das Landgericht hat durch Beschluß vom 12.1.1988 die Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde der Großmutter. Sie beantragt, die Beschlüsse des Landgerichts und des Vormundschaftsgerichts aufzuheben und die elterliche Sorge für das Mädchen auf sie zu übertragen, hilfsweise das Recht zur Aufenthaltsbestimmung. Die Eltern beantragen, die weitere Beschwerde zurückzuweisen. Das Kreisjugendamt hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Es hat sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Eine Maßnahme gemäß § 1666 BGB sei nicht erforderlich. Das Verlangen der Eltern, die Tochter solle in ihren Haushalt zurückkehren, stelle keinen Mißbrauch des Sorgerechts dar. Hierdurch werde das Mädchen auch nicht gefährdet, wie aus dem Gutachten der Sachverständigen zu entnehmen sei.
Zwar lehne es das Mädchen ab, zu den Eltern zurückzukehren. Die Ursache dafür sei jedoch weniger in einer fehlenden Bindung zu den Eltern zu suchen, sondern darin, daß die Großmutter die Eltern ablehne, besonders den Vater. Die Großeltern hätten aktiv dazu beigetragen, das Mädchen den Eltern zu entfremden. Die Großmutter vermöge nicht zu erkennen, daß sie dem Mädchen dadurch sehr schade und daß sie es ihm unmöglich mache, ein unbeeinflußtes Bild von seinen Eltern zu entwickeln. In diesem Verhalten der Großmutter sei eine schwerwiegende Einschränkung ihrer Erziehungsfähigkeit zu sehen, wie sich aus dem Sachverständigengutachten ergebe. Aus psychologischer Sicht könne es gut verantwortet werden, daß die Eltern ihre Tochter wieder selbst erziehen. Das Mädchen habe sich eine im Kern von der geäußerten Ablehnung unberührte Bindung zu den Eltern bewahren können. Diese sei nicht negativ, obgleich sie derzeit in den geäußerten Wünschen nicht zum Tragen komme. Das Mädchen sei psychisch stabil genug, einen Umgebungswechsel zu verkraften und für sich nutzbringend zu verarbeiten.
Entgegen der Auffassung der Großmutter sei das Kind nicht gefährdet, wenn es i...