Entscheidungsstichwort (Thema)
Verstoß gegen das Fahrpersonalgesetz nach Anhörung der Staatsanwaltschaft
Verfahrensgang
AG Kempten (Urteil vom 12.08.1993) |
Tenor
I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) –Zweigstelle Sonthofen– vom 12. August 1993 aufgehoben.
II. Der Betroffene wird freigesprochen.
III. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht Kempten (Allgäu) –Zweigstelle Sonthofen– setzte gegen den Betroffenen durch Urteil vom 12.8.1993 wegen dreier rechtlich zusammentreffender, fahrlässig begangener Ordnungswidrigkeiten des nicht richtigen Ausstellens der Bescheinigung über arbeitsfreie Tage eine Geldbuße von 300 DM fest.
Hierzu hat das Amtsgericht folgendes festgestellt:
Der Betroffene betreibt ein Fuhrunternehmen. Zur Zeit der … Hauptverhandlung hatte er 10 Lastzüge in Betrieb, die zur Beförderung von Gütern herangezogen werden. Für diese 10 Lastzüge hat der Betroffene … mehrere Fahrer beschäftigt, die nicht nur im Bereich … wohnhaft sind, sondern auch in anderen Städten in ganz Deutschland leben. Die Abstimmung und genaue Organisation bezüglich der Transporte und der jeweils zum Einsatz kommenden Fahrer obliegt dabei dem Betroffenen.
Auch der Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen … erhört zum Fuhrpark des Betroffenen. Dieses Kfz kann bis zu 40 Tonnen Güter transportieren.
Am 17.11.1992 gegen 08.10 Uhr fuhr der Zeuge … mit dem eben genannten Lkw bei … auf öffentlichen Straßen. Am Grenzübergang wurde er kontrolliert. Dabei wurde u.a. festgestellt, daß der genannte Zeuge drei Schreiben mit der Überschrift „Bestätigung über arbeitsfreie Tage gem. § 4 FPersV” mitführte, die zwar vom Firmeninhaber, dem Betroffenen, unterschrieben, aber nicht ausgefüllt waren. Eines dieser Formulare war vom Zeugen gerade – zu Unrecht – für die Zeit vom 09.11.1992–13.11.1992 ausgefüllt worden.
Der Betroffene hatte diese drei Schreiben in der Form eines Lückentextes – einzusetzen waren noch der Name des Fahrers, der Zeitraum der … arbeitsfreien Tage und der Grund der Arbeitsfreiheit – vorgefertigt, unterschrieben und dem Zeugen … mit auf die Fahrt gegeben, damit sie von diesem im Falle einer Kontrolle nachträglich ausgefüllt werden konnten. Wie allen anderen Fahrern hatte der Betroffene auch dem Zeugen … diese Blankobescheinigungen zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt auf einmal ausgehändigt. Dabei war – in Ermangelung anderer Anhaltspunkte – davon auszugehen, daß der Betroffene die Fahrer und damit auch den Zeugen … anwies, nur dann die Bescheinigungen auszufüllen, wenn tatsächlich arbeitsfreie Tage vorlagen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet wird.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zum Freispruch des Betroffenen.
1. Ein Verstoß des Betroffenen gegen § 8 Nr. 2 a i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 FPersV, § 7 Abs. 1 Nr. 1 FPersG liegt nach den Feststellungen des Amtsgerichts schon objektiv nicht vor.
a) Zwar könnte die vom Fahrer ausgefüllte Blankobestätigung des Betroffenen eine unrichtige Bescheinigung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2, § 8 Nr. 2 a FPersV sein.
Da das Amtsgericht davon ausgeht, daß der Fahrer „zu Unrecht” den Zeitraum vom 9. bis 13.11.1992 als arbeitsfrei eingesetzt habe, kommt für diesen Sachverhalt nur die Tatbestandsvariante der nicht richtigen Ausstellung der Bescheinigung in Betracht, da die übrigen Tathandlungen tatsächlich arbeitsfreie Tage voraussetzen. Ausstellen einer … Bescheinigung im Sinne des § 8 Nr. 2 a FPersV bedeutet wie in § 793 Abs. 1 BGB oder wie Herstellen in § 267 Abs. 1 StGB das Errichten einer Urkunde, die erst vollständig ist, wenn sie eine für den Rechtsverkehr bedeutsame Gedankenerklärung verkörpert und ihren Aussteller erkennen läßt. Solange daher die Formulare über die arbeitsfreien Tage nicht ausgefüllt, sondern nur mit dem Firmenstempel und der Unterschrift des Betroffenen versehen waren, stellten sie keine Urkunden und damit auch keine Bescheinigungen im Sinne der §§ 4 Abs. 1, 8 Nr. 2 a FPersV dar. Erst mit der Ausfüllung durch den Fahrer am 17.11.1992 erhielt das Blankoformular, das bereits die Unterschrift des Betroffenen trug, den Charakter einer Urkunde und damit einer Bescheinigung.
Im übrigen geht § 4 Abs. 1 Satz 2 FPersV davon aus, daß die Bescheinigung unter Angabe der Gründe auszustellen und auszuhändigen ist, also das Aushändigen dem Ausstellen nachzufolgen hat, so daß die Erteilung einer Blankobestätigung (im Hinblick auf den möglichen Mißbrauch) danach nicht zulässig, wenn auch nicht mit Geldbuße bedroht ist. Kann vor Antritt der Fahrt eine Bescheinigung nicht ausgestellt werden, greift § 4 Abs. 2 FPersV ein, wonach die Bescheinigung nachträglich auszustellen ist.
Zwar kann nur der Unternehmer im Sinne eines Sondertatbestandes (vgl. … KK/Rengier OWiG Rn. 18 vor § 8) Normadressat des Verbots der unrichtigen...