Leitsatz (amtlich)
Will das Landgericht eine sofortige Beschwerde wegen Verfristung verwerfen, so hat es zuvor dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Normenkette
GG Art. 103
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 24.09.2001; Aktenzeichen 7 T 458/01) |
AG Regensburg (Aktenzeichen 13 UR II 10/00) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Vollstreckungsgläubiger wird der Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 24. September 2001 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde, an das Landgericht zurückverwiesen.
III. Der Wert des Gegenstands der weiteren Beschwerde wird auf 1.500 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Nach der für diese Wohnungseigentümergemeinschaft bestehenden Hausordnung ist das Halten von Hunden und Katzen verboten. Die Vollstreckungsschuldnerin hat ihre Eigentumswohnung vermietet. Im Mietvertrag ist in § 15 Abs. 4 festgehalten, daß die Eigentümerin von dem Hund wußte und damit einverstanden ist. Die Mieterin hält in der Wohnung einen Hund. Die Vollstreckungsschuldnerin kündigte das Mietverhältnis und untersagte die Hundehaltung. Die Mieterin widersetzte sich der Kündigung und berief sich auf ein Recht zur Hundehaltung in der Wohnung.
Mit rechtskräftigem Beschluß vom 9.10.2000 hat das Amtsgericht die Vollstreckungsschuldnerin verurteilt, die Hundehaltung in der ihr gehörenden Eigentumswohnung zu unterbinden und für den Fall des Verstoßes hiergegen ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, angedroht. Mit Schriftsatz vom 24.4.2001 haben die Vollstreckungsgläubiger die Festsetzung von Zwangsgeld, für den Nichtbeitreibungsfall Zwangshaft beantragt. Diesen Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 18.7.2001 zurückgewiesen. Der Beschluß des Amtsgerichts wurde den Gläubigervertretern am 2.8.2001 zugestellt. Die Vollstreckungsgläubiger haben mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 16.8.2001 gegen diesen Beschluß sofortige Beschwerde eingelegt. Das bei den Gerichtsakten befindliche Original des Beschwerdeschriftsatzes trägt den Einlauf Stempel der Justizbehörden R. mit dem Datum vom 17.8.2001. Demgegenüber haben die Verfahrensbevollmächtigten im Verfahren der weiteren Beschwerde eine beglaubigte Kopie des Schriftsatzes vom 16.8.2001 vorgelegt, die sich vom Original nur dadurch unterscheidet, daß anstelle der eigenhändigen Unterschrift des Rechtsanwalts sich ein Namensstempel befindet und daß die Kopie zusätzlich den Stempel Abschrift und „Bitte zurück an” mit Pfeil nach unten auf die Anschrift der Verfahrensbevollmächtigten trägt. Die Kopie gibt einen Eingangs Stempel der gemeinsamen Einlauf stelle der Justizbehörden R. mit dem Datum 16.8.2001 wieder. Außerdem haben die Verfahrensbevollmächtigten der Vollstreckungsgläubiger im Verfahren der weiteren Beschwerde eine beglaubigte Abschrift von Aufzeichnungen einer Kanzleiangestellten über die Abgabe von Schriftsätzen vorgelegt. Diese Kopie enthält den Vermerk, daß der Beschwerdeschriftsatz vom 16.8.2001 am 16.8.2001 eingereicht wurde. Der Vermerk trägt eine Unterschrift, die mit der von dem Verfahrensbevollmächtigten der Vollstreckungsgläubiger angebotenen Zeugin übereinstimmen kann.
Mit Beschluß vom 24.9.2001 hat das Landgericht R. ohne vorherigen Hinweis die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen.
Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Vollstreckungsgläubiger, mit der sie geltend machen, daß die Beschwerde rechtzeitig erfolgt und auch in der Sache begründet gewesen sei.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig.
Es handelt sich um ein Verfahren nach § 888 ZPO. Diese Vorschrift ist nach § 45 Abs. 3 WEG auf die Zwangsvollstreckung aus rechtskräftigen Entscheidungen nach dem Wohnungseigentumsgesetz anwendbar. Anzuwenden ist nach § 26 Nr. 10 EGZPO die Zivilprozeßordnung in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, da die angefochtene Entscheidung der Geschäftsstelle vor dem 1.1.2002 übergeben wurde. Die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde ergibt sich aus § 793 Abs. 2 ZPO a.F.; § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. steht der Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde nicht entgegen, da die Entscheidung des Landgerichts einen neuen selbständigen Beschwerdegrund enthält. Dieser liegt darin, daß das Landgericht die Beschwerde als unzulässig verworfen hat und damit nicht sachlich auf den Verfahrensgegenstand eingegangen ist (vgl. Zöller/Gummer 22. Aufl. § 568 Rn. 13). Es liegt auch nicht der Fall einer alternativen Begründung oder einer Offenlassung der Zulässigkeitsfrage (vgl. hierzu Zöller/Gummer § 568 Rn. 14) vor, da das Landgericht die Zulässigkeit weder offengelassen noch eine alternative Begründung gewählt hat. Das Landgericht hat seine Entscheidung auf die Unzulässigkeit der Beschwerde gestützt und das auch im Tenor zum Ausdruck gebracht. Es hat „lediglich ergänzend” darauf verwiesen, daß das Rechtsmittel auch in der Sache keinen Erfolg haben könnte.