Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Fristwahrende Maßnahmen während eines Urlaubs
Verfahrensgang
AG Lindau (Bodensee) (Aktenzeichen UR II 58/88) |
LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 1366/89) |
Tenor
I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde wird abgelehnt.
II. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 28. Dezember 1989 wird verworfen.
III. Die Antragsgegner haben die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6 525,87 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsgegner sind Miteigentümer von drei Wohnungen in einer Eigentumswohnanlage, deren Verwalterin die Antragstellerin ist. Aufgrund einer Ermächtigung in der Gemeinschaftsordnung hat die Antragstellerin in Verfahrensstandschaft für die übrigen Wohnungseigentümer einen Anspruch über 6 525,87 DM Wohngeld gerichtlich gegen die Antragsgegner geltend gemacht.
Mit Beschluß vom 24.5.1989 hat das Amtsgericht die Antragsgegner zur Zahlung eines Teilbetrags verpflichtet und im übrigen die Hauptsache als erledigt angesehen. Gegen diesen Beschluß haben die Antragsgegner am 19.6.1989 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt.
Auf verschiedene Schreiben der Antragsgegner teilte ihnen der Berichterstatter der Beschwerdekammer am 27.11.1989 mit, daß vor einer Entscheidung in der Sache noch eine Äußerung der Antragstellerin abgewartet werden müsse und die Wiedervorlage der Akten für den 10.12.1989 notiert sei.
Mit Beschluß vom 28.12.1989 hat das Landgericht die sofortige Beschwerde der Antragsgegner mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß diese zur Zahlung von 6 525,87 DM verpflichtet sind. Dieser Beschluß wurde den Antragsgegnern durch Niederlegung beim Postamt am 9.1.1990 zugestellt.
Am 24.1.1990 ging beim Landgericht ein Schreiben der Antragsgegner vom 22.1.1990 ein, in dem sie unter Hinweis auf eine Auslandsreise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragten.
Am 5.2.1990 haben die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner beim Landgericht sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts eingelegt und zugleich den Wiedereinsetzungsantrag wiederholt und ergänzt.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist verspätet eingelegt und deshalb unzulässig. Ein Wiedereinsetzungsgrund ist nicht vorgetragen.
1. Die zweiwöchige Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde nach § 45 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 1, § 29 Abs. 2 FGG ist am 23.1.1990 um 24 Uhr abgelaufen (§ 17 Abs. 1 FGG, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die am 5.2.1990 eingegangene sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist daher verspätet.
2. Den Antragsgegnern kann auch nicht nach § 22 Abs. 2 FGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erteilt werden. Dies würde nach § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG voraussetzen, daß die Antragsgegner ohne ihr Verschulden verhindert waren, die Frist einzuhalten. Dabei richten sich die Anforderungen an die Sorgfalt des Rechtsmittelführers einerseits nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten (Stein-Jonas/Schumann ZPO 20. Aufl. § 233 Rn. 36), andererseits nach der konkreten Verfahrenslage, in der ein Verfahrensbeteiligter mit dem Erlaß einer gerichtlichen Entscheidung rechnen und deshalb Vorsorge für eine längere Abwesenheit treffen muß (BGH VersR 1982, 652/653; BGH Warn 1978 Nr. 300; Stein-Jonas/Schumann § 233 Rn. 37). Nach diesen Maßstäben haben die Antragsgegner die Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde nicht unverschuldet versäumt.
a) Nach den vorgelegten Urkunden und eidesstattlichen Versicherungen ist davon auszugehen, daß sich die Antragsgegner ab 23.12.1989 zu einem Urlaub in Spanien aufhielten und nach ihrer Rückkehr in der Nacht vom 21. auf 22.1.1990 am 22.1.1990 den beim Postamt niedergelegten Beschluß des Landgerichts abholten und zur Kenntnis nahmen. Vor ihrem Abflug hatten sie bei dem Postamt einen Nachsendeantrag zu ihrer Urlaubsanschrift gestellt, ohne zu wissen, daß förmlich zugestellte Sendungen nicht nachgesandt werden.
b) Dieser Geschehensablauf entlastet die Antragsgegner nicht vom Vorwurf eigenen Verschuldens an der Nichteinhaltung der Rechtsbeschwerdefrist. Spätestens aufgrund des Schreibens der Beschwerdekammer vom 27.11.1989 mußten die Antragsgegner damit rechnen, daß eine Sachentscheidung über ihre sofortige Beschwerde in der zweiten Hälfte des Monats Dezember, also möglicherweise während ihres Urlaubs, ergehen und ihnen zugestellt werde. In dieser Lage waren die Antragsgegner gehalten, eine wirksame Vorsorge dafür zu treffen, daß sie Kenntnis erhielten von einer während ihres Urlaubs ergehenden Entscheidung und daß eine rechtzeitige Rechtsmitteleinlegung sichergestellt wurde. Da die Antragsgegner mindestens zweimal in den letzten Jahren Rechtsbeschwerde in Wohnungseigentumssachen bei dem Senat eingelegt haben, ist davon auszugeh...