Leitsatz (amtlich)
1. Im Wohnungseigentumsverfahren muss die Endentscheidung nicht von denjenigen Richtern gefällt werden, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben. Offen bleibt, ob etwas anderes gilt, wenn es auf einen persönlichen Eindruck aus der mündlichen Verhandlung ankommt.
2. Ein Beschluss der Wohnungseigentümer, durch den mehrheitlich ein Verwaltungsbeirat bestellt wird, obwohl die Gemeinschaftsordnung für die Bestellung eines Verwaltungsbeirats die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erfordert, ist nicht nichtig.
3. Sieht ein Beschluss die Notwendigkeit einer Zustimmung des Verwaltungsbeirats zu einer bestimmten Maßnahme vor, so genügt die Zustimmung des Vorsitzenden allein nicht. Vielmehr ist es erforderlich, dass sich der Verwaltungsbeirat als Gremium für die beabsichtigte Maßnahme ausspricht.
Normenkette
WEG §§ 10, 29, 43
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 1 T 17295/01) |
AG München (Aktenzeichen 481 UR II 363/01 WEG) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des LG München I vom 19.11.2001 insoweit aufgehoben, als die Beschwerde des Antragsgegners gegen Nr. I und Nr. III des Beschlusses des AG München vom 11.9.2001 zurückgewiesen wurde. Insoweit wird die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
II. Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
§ 2 Nr. 1 der Gemeinschaftsordnung (GO) lautet wie folgt:
§ 2 Nutzungsrecht
1) Der Sondereigentümer hat das Recht der alleinigen und beliebigen Nutzung seines Wohnungs- bzw. Teileigentums sowie der Mitbenützung der zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten Räume, Anlagen und Einrichtungen sowie der gemeinschaftlichen Grundstücksflächen, soweit sich nicht Beschränkungen aus dem Gesetz und dieser Urkunde ergeben.
Zur Mitbenützung stehen insbesondere zur Verfügung:
Hauszugänge, Treppenhaus, nicht im Sondereigentum stehende Garagenflächen, Waschküche, Trockenraum, Luftschutzkeller, Zentralheizung, Warmwasserversorgung, Fahrstuhlanlage, Gemeinschaftsantenne etc.
Bei der Ausübung seines Nutzungsrechts ist der Wohnungseigentümer im Interesse des friedlichen Zusammenlebens aller Hausbewohner an die Grundsätze von Treu und Glauben, an die Verkehrssitten sowie insbesondere an die Verpflichtungen von § 14 WEG gebunden. Die zur gemeinschaftlichen Benutzung bestimmten Räume, Anlagen, Einrichtungen und Teile des Grundstücks sind schonend und pfleglich zu behandeln.
§ 14 GO bestimmt, dass ein Verwaltungsbeirat nicht bestellt wird und die Einsetzung eines Verwaltungsbeirats der Zustimmung aller Miteigentümer bedarf.
In der Eigentümerversammlung vom 28.11.1996 fassten die Eigentümer mehrheitlich folgenden Beschluss:
Die Verwalterin wird beauftragt und bevollmächtigt, Parabolantennen, die außerhalb der zentralen Antenne von einzelnen Eigentümern oder deren Mietern aufgestellt sind, zu beseitigen zu verlangen und den Beseitigungsanspruch der Gemeinschaft ggf. im Einvernehmen mit dem Verwaltungsbeirat gerichtlich durchzusetzen.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 26.11.1998 wurden mehrheitlich vier Wohnungseigentümer zu Mitgliedern des Verwaltungsbeirates bestellt.
Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirates verlangte mit Schreiben vom 17.7.2000 von der Hausverwaltung, auf die Entfernung der Satellitenschüssel in der Wohnung des Antragsgegners mit den gebotenen rechtlichen Mitteln hinzuwirken. Am 14.4.2001 wurde vom Vorsitzenden des Verwaltungsbeirates die Zustimmung zu einem Vorgehen gegen den Antragsgegner erteilt.
Die Antragsteller haben beim AG beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, die auf dem zu seinem Sondereigentum gehörenden Balkon angebrachte Parabolantenne zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Der Antragsgegner hat beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen und den vorerwähnten Beschluss vom 28.11.1996 aufzuheben.
Das AG hat am 11.9.2001 den Antragsgegner verpflichtet, die auf der Balkonbrüstung seiner Wohnung angebrachte Parabolantenne zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen (Nr. I). Den als Widerantrag gestellten Beschlussanfechtungsantrag hat es zurückgewiesen (Nr. II). Die Kostenentscheidung ist in Nr. III enthalten. Das LG hat am 19.11.2001 die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet.
1. Das LG hat ausgeführt:
Die Verwalterin sei zur Durchsetzung des Beseitigungsverlangens wirksam ermächtigt. Der nicht fristgerecht angefochtene Beschluss vom 28.11.1996 sei nicht wegen fehlender Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft nichtig. Es handle sich dabei um eine Gebrauchsregelung nac...