Leitsatz (amtlich)
I. Ein zulässiger Antrag auf gerichtliche Entscheidung gehört zu den allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen, die im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen sind und deren Fehlen zur Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde führt.
II. Aus § 119 Abs. 2 StVollzG und der revisionsähnlichen Ausgestaltung einer reinen Rechtskontrolle folgt auch, dass im Rechtsbeschwerdeverfahren nach dem Strafvollzugsgesetz weder der Beschwerdeführer noch der Beschwerdegegner oder die Aufsichtsbehörde neue Tatsachen vortragen können.
III. Die gerichtliche Fürsorgepflicht erfordert es im Strafvollzugsverfahren grundsätzlich, auf gegebenenfalls vorhandene Mängel hinzuweisen und Nachbesserung anzuregen. Bei Antragstellern, die vollzugsrechtlich erfahren sind, besteht eine solche Hinweispflicht jedoch nicht.
Normenkette
StVollzG § 109 Abs. 1-2, § 119 Abs. 2; BaySvVollzG Art. 103
Verfahrensgang
AG Straubing (Entscheidung vom 22.02.2024; Aktenzeichen SR StVK 1726/23) |
Tenor
1. Dem Sicherungsverwahrten S. wird bezüglich seiner Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg beim Amtsgericht Straubing vom 22.02.2024 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist gewährt.
2. Die Rechtsbeschwerde des Sicherungsverwahrten gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg beim Amtsgericht Straubing vom 22.02.2024 wird auf seine Kosten einstimmig als unzulässig verworfen.
3. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 100,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Sicherungsverwahrte S. derzeit in der Einrichtung für Sicherungsverwahrte der Justizvollzugsanstalt Straubing untergebracht.
Mit Schreiben vom 11.12.2023, eingegangen bei Gericht am selben Tage, stellte der Sicherungsverwahrte einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Zur Begründung führte er aus, dass durch Allgemeinverfügungen der Anstalt vom 23.04.2015 und 17.02.2022 die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Zusendung von Lebensmittelpaketen für Sicherungsverwahrte in einer Art und Weise geregelt worden seien, die seine Rechte verletzen würden.
Zu diesem Schreiben nahm die Einrichtung für Sicherungsverwahrte der Justizvollzugsanstalt Straubing am 22.01.2024 Stellung. In ihrer Stellungnahme verwies sie darauf, dass der Antrag unzulässig wäre, weil die Jahresfrist des § 113 StVollzG nicht eingehalten worden wäre, jedenfalls jedoch unbegründet wäre, da die Regelungen in den angegriffenen Allgemeinverfügungen rechtmäßig wären.
Hierauf entgegnete der Sicherungsverwahrte mit Schreiben vom 12.02.2024, indem er ausführte, dass sich sein Antrag auf eine bestimmte Maßnahme beziehe, nämlich um die Nicht-Aushändigung von Inhalt eines ihm zugesandten Lebensmittelpakets ca. Mitte Dezember 2023.
Mit Beschluss vom 22.02.2024 wies die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg beim Amtsgericht Straubing den Antrag vom 11.12.2023 in der Form, den er durch das Schreiben vom 12.02.2024 erhalten hat, als unzulässig zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Antragsteller sein Begehren nicht ausreichend substantiiert vorgetragen habe.
Gegen diesen, dem Sicherungsverwahrten am 29.02.2024 zugestellten Beschluss, legte dieser am 03.04.2024 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Straubing Rechtsbeschwerde ein. Zur Begründung führte er aus, dass ihm bei etwaigen Unklarheiten seines Vortrages ein gerichtlicher Hinweis hierauf hätte gegeben werden müssen. Zugleich beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die versäumte Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde. Er habe den Urkundsbeamten rechtzeitig zur Aufnahme der Rechtsbeschwerde angefordert.
Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragt mit Schreiben vom 12.04.2024, dem Sicherungsverwahrten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, die Rechtsbeschwerde aber als unbegründet zu verwerfen.
Hierzu nahm der Sicherungsverwahrte mit Schreiben vom 22.04.2024 Stellung.
II.
Dem Sicherungsverwahrten war gemäß Art. 103 BaySvVollzG, § 120 Abs. 1 S. 2 StVollzG, § 44 S. 1, § 45, § 46 Abs. 1 StPO antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde zu bewilligen, da er die Frist trotz rechtzeitigem Bemühen zur Einlegung der Rechtsbeschwerde wegen der ihm nicht zurechenbaren Verzögerungen des angeforderten Urkundsbeamten - wie von diesem bestätigt - unverschuldet versäumt hat.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil bereits kein zulässiger Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach Art. 103 BaySvVollzG i.V.m. § 109 Abs. 1 StVollzG vorliegt und der Beschwerdeführer diesen unzulässigen Antrag mit seiner Rechtsbeschwerde weiterverfolgt.
1. Ein zulässiger Antrag auf gerichtliche Entscheidung gehört zu den allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen, die nach überwiegender Auffassung im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen sind und deren Fehlen zur Unzulässigkeit der Recht...