Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung einer iranischen Ehescheidung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine iranische Ehescheidung, die unter Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts (hier: erschlichenes Urteil) erfolgt ist, kann nicht anerkannt werden.
2. Ist in einem solchen Fall die Anerkennung dennoch erfolgt, kann sie von der Justizverwaltung zurückgenommen werden.
3. In Statussachen ist dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme rechtswidriger Anerkennungsentscheidungen der Vorrang vor privaten Vertrauensinteressen einzuräumen.
Normenkette
FamRÄndG Art. 7 §§ 1-2; FGG § 18; VwVfG § 48; ZPO § 328
Verfahrensgang
OLG München (Entscheidung vom 08.04.1999; Aktenzeichen 3465 a E 82/99) |
Tenor
I. Der Antrag, die Entscheidung der Präsidentin des Oberlandesgerichts München vom 8. April 1999 aufzuheben, wird zurückgewiesen.
II. Für die Entscheidung wird eine Gebühr von 100 DM festgesetzt. Sie ist von der Antragstellerin zu entrichten.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin ist iranische Staatsangehörige. Sie schloß am 16.3.1989 im Iran die Ehe mit einem ebenfalls iranischen Staatsangehörigen.
Laut vorgelegter Scheidungsurkunde wurde am 28.10.1995 vor dem Scheidungsnotariat Nr. 60 in Teheran die Scheidung ausgesprochen und dort auch am selben Tag unter Nr. 5630 registriert.
Mit Entscheidung vom 20.5.1998 sprach das Bayerische Staatsministerium der Justiz auf Antrag der Antragstellerin die Anerkennung der Scheidung aus. Am 8.4.1999 hob die Präsidentin des Oberlandesgerichts München die Anerkennungsentscheidung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz auf und wies den Antrag der Antragstellerin zurück. Zur Begründung führte die Präsidentin des Oberlandesgerichts aus:
Die Antragstellerin habe die Scheidung erschlichen. Nicht ihr Ehemann, sondern ein Freund von ihr sei vor den Scheidungsbehörden im Iran aufgetreten und habe sich als ihr Mann ausgegeben. Er habe im Reisepaß ihres Mannes dessen Foto entfernt und mit seinem eigenen Bild ersetzt. Mit diesem Ausweis sei er zusammen mit der Antragstellerin vor dem Gericht erschienen, habe sich als ihr Ehemann ausgegeben und die für die Scheidung erforderlichen Erklärungen abgegeben. Genauso sei bei der Registrierung der Scheidung im Scheidungsnotariat verfahren worden. Vor dem Grenzschutzamt und im Asylrechtverfahren vor dem Verwaltungsgericht hätten die Antragstellerin und ihr Freund diese Angaben gemacht und erklärt, daß sie wegen der manipulierten Scheidung und der gefälschten Ausweise bei Rückkehr in den Iran mit dem Tode zu rechnen hätten. Im Widerrufsverfahren habe die Antragstellerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten mitteilen lassen, daß von einer gefälschten oder erschlichenen Scheidung keine Rede sein könne. Zu ihren Angaben über die Täuschung habe sie trotz entsprechender Aufforderung nicht weiter Stellung genommen.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin und beantragt, die Entscheidung der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 8.4.1999 aufzuheben. Sie bringt vor: Das Verwaltungsgericht habe nicht festgestellt, daß die Scheidung im Iran rechtsfehlerhaft zustande gekommen oder durch Fälschung erfolgt sei. Das Verwaltungsgericht habe diesen Vortrag nicht geglaubt. Eine Bindung an ihr Vorbringen vor dem Verwaltungsgericht bestehe deshalb nicht. Eine rechtskräftige Feststellung, daß sie die Scheidung manipuliert habe, liege nicht vor. Die Rechtssicherheit gebiete es, daß an der Anerkennungsentscheidung festgehalten werde. Da sie inzwischen wieder verheiratet sei, bestehe Vertrauensschutz. Ihr neuer Ehemann habe auf die Wirksamkeit und den dauerhaften Bestand der Entscheidung vertraut. Das gleiche gelte für ihr Kind aus erster Ehe. Der Anerkennungsbescheid sei aufrecht zu erhalten, weil er nicht teilbar sei.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der nicht fristgebundene Antrag auf Entscheidung durch das Bayerische Oberste Landesgericht ist statthaft und formgerecht gestellt (Art. 7 § 1 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 FamRÄndG, § 199 Abs. 1 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 3 AGGVG). Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Die Präsidentin des Oberlandesgerichts München hat die Entscheidung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz zu Recht aufgehoben und den Antrag auf Anerkennung der Ehescheidung zutreffend zurückgewiesen.
2. Die Anerkennung ausländischer Urteile in der Bundesrepublik Deutschland ist allgemein in § 328 ZPO geregelt. Danach tritt, wenn die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind, die Rechtskraft-, Gestaltungs- und Tatbestandswirkung grundsätzlich ohne besonderen Ausspruch ein. Lediglich die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen erfolgt in dem besonderen in Art. 7 § 1 FamRÄndG geregelten Verfahren. Das ändert jedoch nichts daran, daß auch insoweit die allgemeinen Anerkennungsvoraussetzungen nach § 328 Abs. 1 ZPO gegeben sein müssen: Nur wenn die dort aufgeführten Versagungsgründe fehlen, liegen die Anerkennungsvoraussetzungen vor. Danach kann ein ausländisches Ehescheidungsurteil mit Wirkung für das Inland nur anerkannt werden, wenn keiner der in § 328 Abs...