Leitsatz (amtlich)

1. Im Hinblick auf den in den Landtag eingebrachten Gesetzentwurf zur Auflösung des Bayerischen Obersten LG bestehen derzeit keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass an Beschlüssen in Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ein abgeordneter Richter am OLG mitwirkt.

2. Ordnungsmäßiger Verwaltung kann es auch entsprechen, wenn die Wohnungseigentümer zunächst lediglich einen Grundsatzbeschluss über die Art der Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums fassen und die Umsetzung weiterer Beschlussfassung vorbehalten. Kommen im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung mehrere Möglichkeiten in Betracht, besteht ein Auswahlermessen. Das setzt aber voraus, dass den Wohnungseigentümern die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen unterbreitet werden.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 27.01.2004; Aktenzeichen 1 T 12530/03)

AG München (Beschluss vom 04.06.2003; Aktenzeichen 482 UR II 434/02)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers werden der Beschluss des LG München I vom 27.1.2004 und der Beschluss des AG München vom 4.6.2003 aufgehoben.

II. Der am 22.3.2002 unter Tagesordnungspunkt 4a) gefasste Eigentümerbeschluss wird für ungültig erklärt.

III. Die Antragsgegner tragen als Gesamtschuldner die Gerichtskosten sämtlicher Rechtszüge. Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 21.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus zwei Baukörpern bestehenden Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Die Fassaden der Gebäude, die 1977 errichtet wurden, sind mit Asbestzementplatten (sog. Eternitplatten) verkleidet. In der Eigentümerversammlung vom 22.3.2002 wurde unter Tagesordnungspunkt 4a) mehrheitlich folgender Beschluss gefasst:

Antrag auf Beschlussfassung über Reinigen und Streichen der Fassadenflächen - Kosten lt. Angebot der Firma Sch. 20.747,77 Euro.

Vor Wiedergabe des Abstimmungsergebnisses heißt es in dem Protokoll:

Herr R. (Vertreter der Hausverwaltung) erklärte, dass vor Auftragsvergabe weitere Angebote von behördlich autorisierten Fachfirmen eingeholt werden. Die Oberflächen werden mit Wasser gereinigt, das Wasser wird aufgefangen und vorschriftsmäßig entsorgt.

Der Antragsteller, der eine gesteigerte Gesundheitsgefährdung durch freigesetzte Asbestzementfasern befürchtet und einen völligen Austausch sämtlicher Platten bevorzugt, hat diesen Beschluss fristgerecht angefochten. Die beschlossene Maßnahme sei unzulässig. Sie sei ferner wirtschaftlich nicht sinnvoll und im Übrigen nicht hinreichend bestimmt.

Das AG hat den Antrag nach Erholung eines Sachverständigengutachtens durch Beschluss vom 4.6.2003 abgewiesen. Das LG hat die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers durch Entscheidung vom 27.1.2004 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

1. Der Senat entscheidet in der Besetzung, die durch den vom Präsidium des Bayerischen Obersten LG beschlossenen Geschäftsverteilungsplan i.V.m. dem 2. Nachtrag zur Geschäftsverteilung vom 19.4.2004 und durch die senatsinterne Geschäftsverteilung, zuletzt geändert am 3.5.2004, vorgegeben ist. Das hat zur Folge, dass eine für ein Jahr zum Bayerischen Obersten LG abgeordnete Richterin am OLG, die zugleich Berichterstatterin ist, mitwirkt.

Der Senat hat bei jeder Entscheidung von Amts wegen zu prüfen, ob er vorschriftsmäßig besetzt ist. Abgeordnete Richter sind gesetzliche Richter, wenn für die Abordnung ein sachlicher Grund besteht (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG; Art. 86 Abs. 1 S. 2 BV). Dem Bayerischen Landtag liegt inzwischen ein Gesetzentwurf zur Auflösung des BayObLG vor. Dies stellt jedenfalls derzeit einen sachlichen Grund dafür dar, dass die Justizverwaltung aus fiskalischen Gründen eine stellenplangemäße Neubesetzung der Richterstellen am BayObLG (Art. 10 AGGVG) nicht durchführt. Bedenken im Hinblick auf die sachliche und persönliche Unabhängigkeit (Art. 97 GG; Art. 85, 87 Abs. 1 S. 2 BV) bestehen nicht, zumal die mitwirkende Richterin am OLG auf die Stelle befördert wurde, die sie auf Dauer innehaben soll, eine Einflussnahme der Justizverwaltung, wie sie im Fall einer Erprobung möglich erscheint, also ausscheidet. Welche Tätigkeiten die abgeordnete Richterin ehrenamtlich ausübt oder in ihrem früheren Geschäftsbereich beim LG ausgeübt hat, ist von vorneherein ohne Bedeutung. Der Rechtsbeschwerdeführer hatte hinreichend Gelegenheit, sich zu den maßgebenden Fragen zu äußern. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG; Art. 91 Abs. 1 BV) gebietet es nicht, die Entscheidung weiter hinauszuzögern.

2. Das LG hat ausgeführt:

Der angefochtene Eigentümerbeschluss vom 22.3.2002 entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Zu einer solchen gehöre insb. die ordnungsmäßige Instandhaltung und die Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, mithin auch das Streichen de...

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