Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Widerspruch zwischen Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung

 

Verfahrensgang

LG München II (Entscheidung vom 06.05.1997; Aktenzeichen 8 T 3513/96)

AG Fürstenfeldbruck (Entscheidung vom 24.04.1996; Aktenzeichen UR II 59/95)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 6. Mai 1997 mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Anlage. Der Antragsgegnerin gehört das Teileigentum Nr. 4 im Erdgeschoß, das in der Aufteilungsliste (Anlage I zur Teilungserklärung vom 11.9.1986) als „Laden mit Lager” bezeichnet ist. Die im Erdgeschoß gelegenen weiteren Teileigentumsrechte Nr. 5, 6 und 7 tragen ebenfalls die Bezeichnung „Laden” oder „Laden mit Lager”. Im Obergeschoß befinden sich die jeweils als „Büro (Praxis)” bezeichneten Teileigentumsrechte Nrn. 8 bis 11. Im Dachgeschoß liegen drei Wohnungen, die in der Aufteilungsliste mit den Nrn. 1 bis 3 bezeichnet sind; dem Antragsteller gehört die Wohnung Nr. 1. Das Teileigentumsrecht Nr. 12 ist verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen Räumlichkeiten des Nebengebäudes; es trägt im Aufteilungsplan die Bezeichnung „Cafe”. Die als Inhalt des Wohnungs- bzw. Teileigentums im Grundbuch eingetragene Gemeinschaftsordnung (Anlage II zur Teilungserklärung) enthält folgende Regelung:

§ 1

Zweckbestimmung des Gebäudes.

Mit Ausnahme der Raumeigentumsrechte Nrn. 4 bis 12 dürfen die Wohnungen grundsätzlich nur zu Wohnzwecken benutzt werden. Die Ausübung eines Gewerbes ist nur mit Zustimmung des Verwalters zulässig. Diese Zustimmung ist widerruflich …

Der Verwalter darf die Zustimmung nur aus wichtigem Grund verweigern oder widerrufen …

Hinsichtlich der Raumeigentumsrechte Nrn. 4 bis 12 gilt die Genehmigung zur Nutzung als Gewerbe endgültig und für dauernd als erteilt. Ein Widerruf dieser endgültig erteilten Genehmigung ist nur möglich, wenn die gewerbliche Nutzung dieses Raumeigentumsrechts eine erhebliche Störung der übrigen Hausbewohner durch die Kundschaft oder Klienten mit sich bringt oder die Störung durch den Umfang des Gewerbes eine nicht unerhebliche ist.

Die Antragsgegnerin hat ihr Raumeigentum verpachtet. Ihre Pächter betreiben darin unter dem Namen „Weinkost V.” ein Feinkostgeschäft mit Konzession zum Ausschank und Verzehr. Der Betrieb verfügt über ca. 40 Sitzplätze und ist bis 1 Uhr nachts geöffnet. Am 7.3.1996 wurde den Pächtern die bauaufsichtliche Genehmigung zum Umbau und zur Nutzungsänderung eines Ladens mit Weinlokal in einen Laden mit Gaststätte erteilt.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Sondereigentum Nr. 4 ausschließlich als Laden mit Lager zu nutzen oder nutzen zu lassen, insbesondere die derzeit ausgeübte Nutzung als Speisegaststätte durch ihre Pächter zu beenden. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 24.4.1996 die Antragsgegnerin verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Teileigentumsräume als Speisegaststätte zu nutzen oder die Nutzung Dritten zu gestatten sowie insbesondere die derzeit ausgeübte Nutzung als Speisegaststätte („Weinkost V.”) durch die Eheleute … zu beenden. Die Antragsgegnerin hat sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie in erster Linie die Aufhebung der vom Amtsgericht ausgesprochenen Unterlassungsverpflichtung beantragt hat, hilfsweise deren Einschränkung, daß nur die Nutzung oder die Gestattung der Nutzung als Speisegaststätte ab abends 22 Uhr, weiter hilfsweise ab abends 20 Uhr zu unterlassen sei.

Die Nutzung des Teileigentums der Antragsgegnerin war Gegenstand der Eigentümerversammlung vom 24.6.1996. Die Versammlungsniederschrift hält hierzu fest:

Tagesordnungspunkt 4

Von Herrn … (Antragsteller) wurde über das Amtsgericht … gegen Frau … (Antragsgegnerin) ein Beschluß mit der Nutzungsuntersagung der Räumlichkeiten im Erdgeschoß … erwirkt. Gemäß des Beschlusses ist die derzeit ausgeübte Nutzung als Speisegaststätte zu beenden, da die Teilungserklärung besagt, daß eine Nutzung als Laden mit Lager gegeben ist. Nach Diskussion ergehen folgende Beschlüsse:

Antrag: Die Eigentümergemeinschaft beschließt, daß Einverständnis damit besteht, daß Familie … (Antragsteller) gegen die Pächter der im Aufteilungsplan mit Nr. 4 bezeichneten Einheit (Laden mit Lager) wegen der vertragswidrigen Nutzung entgegen der Gemeinschaftsordnung vorgeht.

Beschluß: Bei Gegenstimme von Frau … (Antragsgegnerin) mehrheitlich angenommen.

Das Landgericht hat mit Beschluß vom 6.5.1997 die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Der Umstand, daß die de...

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