Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Zulässigkeit einer Erstbeschwerde gegen einstweilige Anordnung des Landgerichts
Verfahrensgang
AG Wolfratshausen (Aktenzeichen 3 UR II 19/84) |
LG München II (Aktenzeichen 6 T 1527/84) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragsgegners zu 2) gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 24. Oktober 1984 wird als unzulässig verworfen.
II. Der Antragsgegner zu 2) hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Beschwerde Verfahrens zu erstatten. Im übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohn- und Teileigentümer einer Wohnanlage, zu welcher drei Reihenhäuser mit drei Garagen im Mittelhaus und ein gemischt genutztes Gebäude gehören. Die Räume des zuletzt genannten Gebäudes stehen im Sondereigentum der Antragsgegner. Diese beabsichtigen, das Gebäude so umzubauen, daß acht Eigentumswohnungen entstehen. Mit den Baumaßnahmen wurde begonnen.
Der Antragsteller fühlt sich durch die Baumaßnahmen beeinträchtigt. Er hält sie ohne einstimmige Billigung durch die Wohnungseigentümer für unzulässig.
Er hat die Antragsgegner auf Unterlassung baulicher Veränderungen am Wohnungseigentum Nr. I der Wohnanlage – das ist das gemischt genutzte Gebäude – in Anspruch genommen.
Das Amtsgericht hat den Antrag des Antragstellers mit Beschluß vom 14.8.1984 abgewiesen. Dagegen hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Er verfolgt nunmehr – weitere Anträge sind hier nicht von Interesse – folgende Anträge:
„Die Antragsgegner sind samtverbindlich verpflichtet, bei Meidung einer in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Beugestrafe die begonnenen Umbauarbeiten an dem Sondereigentum Nr. 1 lt. Aufteilungsplan einzustellen, soweit diese die äußeren, im Gemeinschaftseigentum stehenden Gebäudeteile dieser Einheit betreffen (insbesondere vorgesetzte Südwand, Garagentore, Fenstervergrößerungen, Wendeplatten auf Gartenfläche, Heizungsabtrennung, Bauschuttablagerung auf Sondernutzungsfläche usw.), vorgenommene Änderungen zu beseitigen und den ursprünglichen Bauzustand der Einheit Nr. I wieder herzustellen.”
Der Antragsteller hat vorab um Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 44 Abs. 2 WEG mit folgendem Antrag gebeten:
„Den Antragsgegnern zu 1) und 2) wird bei Meidung einer in das Ermessen des Gerichts zu setzenden Beugestrafe nach § 888 ZPO für die Dauer des Verfahrens verboten, begonnene Abbruch-, Umbau- und Ausbauarbeiten am Sondereigentum Nr. I lt. Aufteilungsplan (der mit Nr. I bezeichneten Räume im gemischt genutzten Gebäude) – soweit sie das Gemeinschaftseigentum betreffen und verändern – weiter fortzusetzen.”
Nach mündlicher Verhandlung hat das Landgericht am 24.10.1984 folgende einstweilige Anordnung beschlossen:
„Den Antragsgegnern zu 1) und 2) wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,– – ersatzweise Ordnungshaft – oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung für die Dauer des Beschwerdeverfahrens verboten, an dem in ihrem Sondereigentum stehenden Gebäude (im Aufteilungsplan vom 23.07.1976 mit Nr. I bezeichnet) Abbruch-, Umbau-, Ausbau-Arbeiten durchzuführen oder durchführen zu lassen.”
Es hat dazu ausgeführt: Es halte den Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß § 44 Abs. 3 WEG für geboten, da die sofortige Beschwerde des Antragstellers nicht aussichtslos erscheine. Es bestehe ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Einschreiten, da ein Abwarten bis zur endgültigen Entscheidung dem Antragsteller nicht zuzumuten sei, da sonst vollendete Tatsachen geschaffen werden könnten.
Gegen diesen Beschluß wendet sich der Antragsgegner zu 2) mit seinem als Beschwerde bezeichneten Rechtsmittel vom 6.11.1984, welches das Landgericht dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.
II.
Das Rechtsmittel ist unzulässig.
Nach § 44 Abs. 3 Satz 2 WEG können im Wohnungseigentumsverfahren einstweilige Anordnungen selbständig nicht angefochten werden.
In der Rechtsprechung und im Schrifttum sind allerdings in Fällen, in denen das Gesetz die Unanfechtbarkeit der Entscheidung vorsieht, Ausnahmen unter ganz besonders gelagerten Umständen zugelassen worden, wenn die Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist, insbesondere wenn eine Entscheidung auf Grund eines derartigen Verfahrens im Gesetz überhaupt nicht vorgesehen ist (vgl. BayObLGZ 1971, 59/62; Senatsbeschluß vom 29.12.1983 BReg. 2 Z 124/83; OLG Hamm OLGZ 1978, 16; Bärmann/Pick/Merle WEG 5. Aufl. § 44 RdNrn. 5 und 6). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Von einer greifbaren Gesetzwidrigkeit (OLG Hamm OLGZ 1978, 16/18, Bärmann/Pick/Merle § 44 RdNr. 6) kann hier keine Rede sein.
Sie ist nicht daraus abzuleiten, daß das Landgericht mit seiner einstweiligen Anordnung über den Antrag des Antragstellers hinausgegan...