Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen

 

Verfahrensgang

AG Straubing (Aktenzeichen UR II 47/89)

LG Regensburg (Aktenzeichen 2 T 98/91)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 23. Juli 1991 insgesamt und der Beschluß des Amtsgerichts Straubing vom 18. März 1991 teilweise aufgehoben.

II. Der erste Eigentümerbeschluß zu Tagesordnungspunkt 7 der Versammlung vom 25. August 1989 wird zur Gänze, der zweite Eigentümerbeschluß zu diesem Tagesordnungspunkt insoweit für ungültig erklärt, als darin der Verteilungsschlüssel für die Wasser- und Kanalgebühren rückwirkend ab 30. Juli 1983 abgeändert worden ist.

III. Im übrigen – Festlegung eines neuen Verteilungsschlüssels für die Zukunft – wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Antragstellerin und Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus 26 Wohnungen besteht; die weitere Beteiligte ist Verwalterin. Der Antragstellerin gehören fünf Wohnungen.

Die Niederschrift über die Versammlung vom 30.7.1983 enthält zum Tagesordnungspunkt „Wirtschaftsplan” folgende Feststellungen:

2. Wasserzählereinbau

Auf Verlangen der Gemeinde W. wurde im Januar 1983 ein Gesamtzähler für die Abwasserbeseitigung eingebaut. Die Gemeinde rechnet nach Gesamtverbrauch cbm ab. Deshalb beschließen die Wohnungseigentümer, nach Rechnungstellung der Gemeinde, den Verbrauch pro Wohnung an den Einzelzählern abzulesen und danach intern abzurechnen.

In der Versammlung vom 25.8.1989, die der am 19.7.1985 neu bestellte Verwalter D. einberufen hatte, war die Abrechnung der „Wasser- und Kanalgebühren” unter Tagesordnungspunkt 7 Gegenstand von Beratung und Abstimmung. Nach der Versammlungsniederschrift forderte die Antragstellerin erneut die Verteilung dieser Gebühren „pro Kopf”. In der Niederschrift heißt es dann weiter:

Nach Aussage des Verwalters, der sich auf Auskünfte von Fachleuten beruft, werden mit den Kaltwasserzählern nur etwa 20 % des tatsächlichen Verbrauchs erfaßt. Es soll deshalb der Beschluß vom 30.7.1983 aufgehoben werden. In einer weiteren Abstimmung soll der Beschluß gefaßt werden, rückwirkend seit 30.7.83 und in Zukunft nach m² abzurechnen (wie dies auch bisher der Fall war).

Für die Aufhebung des Beschlusses vom 30.7.1983 und für den vorgeschlagenen Abrechnungsschlüssel für Wasser-/Kanalgebühren ergaben sich jeweils Mehrheiten von 706,48/1000 zu 234,87/1000 Miteigentumsanteilen.

Das Landgericht erklärte den Eigentümerbeschluß über die Neuwahl des Verwalters D. mit Beschluß vom 27.9.1989 für ungültig; die Entscheidung ist rechtskräftig geworden.

Die Antragstellerin hat am 25.9.1989 beantragt, die Eigentümerbeschlüsse zu Tagsordnungspunkt 7 der Versammlung vom 25.8.1989 für ungültig zu erklären; weitere, die Einzelabrechnungen betreffende Anträge sind nicht mehr Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 18.3.1991 abgewiesen, das Landgericht die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde mit Beschluß vom 23.7.1991 zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist zulässig; der nach § 45 Abs. 1 WEG erforderliche Beschwerdewert ist erreicht. Das Interesse der Antragstellerin daran, daß der Eigentümerbeschluß vom 30.7.1983 nicht aufgehoben und die Wasser- und Kanalgebühren weiterhin nach dem tatsächlichen Verbrauch umgelegt werden, ist mit mehr als 1 200 DM zu bewerten. Nach der von der Antragstellerin vorgelegten Jahresabrechnung 1989/90 trafen auf sie für eine Wohnung 31,25 DM Kanalgebühren und 10,24 DM Gebühren für Wasser. Für die fünf Wohnungen der Antragstellerin ist danach ein Betrag von insgesamt mindestens 150 bis 200 DM zu schätzen. Von einer Abrechnung nach Quadratmetern Wohnfläche, wie sie am 25.8.1989 rückwirkend beschlossen wurde, hat die Antragstellerin für Vergangenheit und Zukunft erhebliche Mehrbelastungen zu erwarten. Sie trägt vor, daß sie ihre Wohnungen teilweise nicht vermietet habe und dort dann überhaupt kein Wasser verbraucht werde. Da der beschlossene neue Verteilungsschlüssel für alle zukünftigen Abrechnungen gelten soll, ist der sich danach ergebende Jahresbetrag deutlich zu erhöhen (vgl. § 9 ZPO). Der Senat nimmt den Wert des Beschwerdegegenstands auf Grund dieser Erwägungen mit 1 500 DM an.

2. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Der erste Eigentümerbeschluß vom 25.8.1989 zu Tagesordnungspunkt 7 (Aufhebung des Beschlusses vom 30.7.1983) ist für ungültig zu erklären; ebenso der zweite Eigentümerbeschluß, soweit er für die Wasser- und Kanalgebühren rückwirkend einen anderen Verteilungsschlüssel vorsieht; im übrigen ist die Entscheidung des Landgerichts zu diese...

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