Entscheidungsstichwort (Thema)

Personenstandssache: Geburtenbuch des Standesamts Amberg

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Eheschließung im Iran in der Weise, daß eine bevollmächtigte dritte Person in Abwesenheit der Brautleute deren Konsenserklärungen vor dem zuständigen Trauungsorgan abgibt, ist kollisionsrechtlich als Formfrage zu qualifizieren, wenn feststeht, daß im konkreten Fall keine – vom iranischen Recht auch zugelassene – Stellvertretung im Willen stattgefunden hat.

 

Normenkette

EGBGB Art. 11 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1; Genfer Flüchtlingskonvention Art. 12 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Amberg (Aktenzeichen 32 T 1367/99)

AG Amberg (Aktenzeichen 1 UR 4/99)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 werden der Beschluß des Amtsgerichts Amberg vom 13. Oktober 1999 insgesamt und der Beschluß des Landgerichts Amberg vom 10. März 2000 insoweit aufgehoben, als er die Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluß des Amtsgerichts Amberg zurückweist.

II. Der Standesbeamte wird angewiesen, der Beurkundung der Geburt des Kindes A zugrunde zu legen, daß die am 25.5.1998 in Hamadan (Iran) geschlossene Ehe der Beteiligten zu 1 und 2 nach deutschem Recht wirksam ist.

III. Den Beteiligten zu 1 und 2 wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde Prozeßkostenhilfe gewährt. Ihnen wird Rechtsanwalt R beigeordnet.

IV. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1 ist die Mutter des geborenen Kindes, dessen Vaterschaft der Beteiligte zu 2 mit Zustimmung der Beteiligten zu 1 anerkannt hat. Das Verfahren betrifft die vom Standesbeamten der Beteiligten zu 3 einstweilen zurückgestellte Beurkundung der Geburt dieses Kindes.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind iranische Staatsangehörige und Muslime mit Wohnsitz in Deutschland. Die Beteiligte zu 1 ist Asylbewerberin, der Beteiligte zu 2 ist anerkannt als Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.7.1951 (Genfer Flüchtlingskonvention). Sie haben am 25.5.1998 in Hamadan (Iran) in der Weise geheiratet, daß die Ehe in Abwesenheit beider Brautleute durch eine bevollmächtigte dritte Person geschlossen wurde. Zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 einerseits und der Beteiligten zu 3 andererseits bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob diese Eheschließung nach deutschem Recht wirksam ist.

Die Beteiligten zu 1 und 2 begehren die Beurkundung der Geburt des Kindes als gemeinsames eheliches Kind, das als Geburtsnamen den Namen des Beteiligten zu 2 führt. Ihr entsprechender Antrag wurde vom Standesbeamten mit der Begründung abgelehnt, daß sie zum Zeitpunkt der Geburt nach deutschem Recht nicht wirksam verheiratet waren. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 45 Abs. 1 PStG hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 13.10.1999 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluß vom 10.3.2000 zurückgewiesen und zugleich die beantragte Prozeßkostenhilfe versagt. Mit der weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1 und 2 ihr Ziel weiter.

II.

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 ist zulässig (§ 49 Abs. 1 Satz 2, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 4 i.V.m. § 20 FGG). Sie führt zur Aufhebung der Entscheidungen des Beschwerdegerichts und des Amtsgerichts sowie zur Anweisung an den Standesbeamten, der Beurkundung der Geburt des Kindes zugrunde zu legen, daß die Eheschließung der Beteiligten zu 1 und 2 auch nach deutschem Recht wirksam ist.

1. Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß die im Hinblick auf die iranische Staatsangehörigkeit der Beteiligten zu 1 und 2 zu prüfende internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben und das deutsche Verfahrensrecht anzuwenden ist. Es geht um die Eintragung der Geburt im deutschen Geburtenbuch; die internationale Zuständigkeit folgt aus der örtlichen Zuständigkeit (vgl. § 50 Abs. 1 PStG; BayObLGZ 1995, 238/240).

2. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist der Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 auf Beurkundung der Geburt des Kindes als gemeinsames eheliches Kind, das den Namen des Beteiligten zu 2 führt; strittig zwischen den Beteiligten ist aber nur die Frage der Wirksamkeit der Eheschließung der Beteiligten zu 1 und 2. Der Standesbeamte hat die beantragte Amtshandlung allein mit der Begründung abgelehnt, daß die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes nach deutschem Recht nicht wirksam miteinander verheiratet waren. Bei dieser Sachlage kann sich der Senat auf die Entscheidung der streitigen Rechtsfrage der Wirksamkeit der Ehe beschränken; die Prüfung der weiteren Voraussetzungen der Beurkundung obliegt dem Standesbeamten.

3. Die Vorinstanzen haben die Wirksamkeit der Ehe im wesentlichen mit folgender Begründung verneint: Der Beteiligte zu 2 unterliege als anerkannter Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention nicht mehr seinem Heimatrecht, sondern deutschem Recht. Dieses sehe eine Eheschließung durch Bevollmächtigung einer dritten Person nicht vor. Ein...

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