Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung des Geburtenbucheintrages bei fehlender Einigung der Eltern über den Namen des Kindes. Verwirkung des Rechts auf Berichtigung des Geburtenbuches
Leitsatz (redaktionell)
1. Fehlt es an einer Einigung der Eltern über den Namen des Kindes, so ist der Geburtenbucheintrag zu berichtigen.
2. Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte in Personenstandssachen.
3. Zur Verwirkung des Rechts, eine Berichtigung des Geburtenbuchs zu beantragen.
Normenkette
PStG § 47 Abs. 1-2, §§ 50, 60; BGB §§ 242, 1626 Abs. 1, § 1627; EGBGB Art. 5 Abs. 1 S. 2, Art. 10 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 28.03.1994; Aktenzeichen 13 T 9532/93) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen UR III 317/92) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28. März 1994 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Für das 1991 von der Beteiligten zu 1, einer deutschen Staatsangehörigen, geborene Mädchen wurde im Geburtenbuch des Standesamts der Vorname „Lisa” eingetragen. Grundlage der Eintragung war eine nur von der Beteiligten zu 1, nicht aber von ihrem Ehemann und Vater des Kindes (Beteiligter zu 2), am 4.6.1991 unterzeichnete Geburtsanzeige. In der Spalte „Vornamen (sämtliche)” des Formulars wurde von der Beteiligten zu 1 der Name „Lisa” eingetragen. Hinzugefügt wurde von einer Angestellten der Geburtsklinik der Vermerk „Es werden keine weiteren Namen gewünscht”, den die Beteiligte zu 1 unterzeichnete.
Mit Schreiben vom 25.11.1992 beantragte der mit seiner Ehefrau im Bezirk des Landgerichts Nürnberg-Fürth wohnhafte Beteiligte zu 2 beim Amtsgericht Nürnberg die Eintragung des zweiten Vornamens „Aliki”. Er und seine Ehefrau hätten sich schon vor der Geburt darauf geeinigt, für das Kind einen zweiten, nämlich griechischen Vornamen eintragen zu lassen, weil er griechischer Staatsangehöriger sei. Da die Tochter als Frühgeburt zur Welt gekommen sei, hätten sie diesen zweiten Vornamen noch nicht abgesprochen. Völlig überraschend habe seine Ehefrau schon am Tag nach der Geburt ein Formular vorgefunden mit der Aufforderung der Klinik, dieses sofort auszufüllen. Er selbst sei zu diesem Zeitpunkt nicht erreichbar gewesen. Die Beteiligte zu 1 schloß sich dem Berichtigungsantrag an, dem die Beteiligte zu 3 entgegentrat.
Mit Beschluß vom 23.9.1993 ordnete das Amtsgericht an, daß der Geburtenbucheintrag durch Beischreibung des Randvermerks „Der Vorname des Kindes lautet richtig: Lisa Aliki” zu berichtigen sei. Gegen die ihr am 1.10.1993 zugestellte Entscheidung hat die Beteiligte zu 3 (= Standesamtsaufsicht) am 14.10.1993 sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die Beteiligten zu 1 und 2 persönlich angehört und das Rechtsmittel am 28.3.1994 zurückgewiesen. Gegen die ihr formlos mitgeteilte Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3. Sie beantragt, die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts aufzuheben und den Berichtigungsantrag abzulehnen. Den Beteiligten zu 1 und 2 ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden; sie haben sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den ihr – entgegen der Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 1 FGG – nur formlos mitgeteilten Beschluß des Landgerichts ist zulässig (§ 49 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 PStG; § 27 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 2 und 4, § 22 Abs. 1 FGG), aber nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Vorname eines Kindes werde durch das Zusammentreffen des übereinstimmenden Willens der Eltern festgelegt und durch die Eintragung dieses Namens im Geburtenbuch. Diese sei dann unrichtig, wenn es an einer Einigung der Eltern fehle. Zwar seien an den Nachweis der Unrichtigkeit einer auf einer ordnungsgemäßen Anzeige beruhenden Eintragung strenge Anforderungen zu stellen. Hier sei jedoch der Vortrag der Eltern glaubhaft, das Kind hätte von vornherein den deutschen Vornamen „Lisa” und einen weiteren griechischen Namen erhalten sollen. Die unrichtige Angabe der Mutter, ein weiterer Vorname werde nicht gewünscht, sei aus der durch die Frühgeburt verursachten Aufregung zu erklären. Ihre Schilderung der Vorgänge bei ihrer Anhörung wirke überzeugend. Da über die Namensgebung zwischen den Eltern keine vollständige Einigung erzielt gewesen sei, habe diese nach der unrichtigen Eintragung mit der Wahl des zweiten Namens „Aliki” abgeschlossen werden können.
2. Die Beschwerdeentscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.
a) Im Ergebnis zutreffend, wenn auch ohne Begründung, ist das Landgericht davon ausgegangen, daß das sachlich und örtlich zuständige (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 PStG) Amtsgericht Nürnberg auch international zuständig war und den Sachverhalt nach deutschem Recht zu beurteilen hatte.
aa) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte und damit deren Befugnis, in der Sache tätig zu werde...