Leitsatz (amtlich)

1. Vergibt der Verwalter ohne ermächtigenden Beschluss der Wohnungseigentümer Aufträge zur Ausführung von nicht dringenden Instandsetzungsmaßnahmen erheblichen Umfangs, so kann dieses Fehlverhalten seine Abberufung insb. dann rechtfertigen, wenn es auf Uneinsichtigkeit beruht, die Gemeinschaft damit rechnen muss, dass es fortgesetzt wird und ihr eine weitere Zusammenarbeit deshalb nicht mehr zugemutet werden kann.

2. Aus Vereinbarungen der Wohnungseigentümer über bauliche Maßnahmen kann der Verwalter regelmäßig für sich keine Befugnisse ableiten, sie ohne die noch erforderlichen Beschlüsse der Wohnungseigentümer durch eigenmächtige Auftragsvergaben und die Einforderung von Sonderumlagen umzusetzen.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 25.08.2003; Aktenzeichen 1 T 7402/03)

AG München (Aktenzeichen 483 UR II 1274/02)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I vom 25.8.2003 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert wird für sämtliche Rechtszüge auf 21.962 Euro festgesetzt.

Die entgegenstehenden Wertfestsetzungen der Vorinstanzen werden entspr. abgeändert.

 

Gründe

I. Die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, deren erste vom Bauträger bestellte Verwalterin der Antragsteller war und die nun von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Die ursprüngliche Gemeinschaftsordnung enthielt unter Nr. 5 zum Lifteinbau folgende Regelung:

Das Anwesen kann mit einem Fahrstuhl ausgestattet werden. Die Wohnungs- und Teileigentümer stimmen bereits heute dem Einbau eines Fahrstuhles, der Bereitstellung von im Gemeinschaftseigentum stehenden Maschinenräumen, die sich im Keller befinden werden, und dem Umbau des Treppenhauses und den damit verbundenen Bauarbeiten zu. Der Einbau des Fahrstuhls erfolgt durch den derzeitigen Eigentümer.

Die laufenden Kosten für den Betrieb, den Unterhalt und die Wartung des Fahrstuhls treffen die Eigentümer … des 1., 2., 3., 4. und 5. Obergeschosses entspr. ihren 1000stel Miteigentumsanteilen.

Ein Nachtrag zur Teilungserklärung bestimmt dazu Folgendes:

Zu Ziff. 5. wird ergänzt, dass der Lifteinbau derzeit nicht durch den derzeitigen Eigentümer erfolgt, sondern durch die Eigentümergemeinschaft durchgeführt wird. Der Lifteinbau hat jedoch innerhalb der nächsten drei Jahre, gerechnet ab heute zu erfolgen und ist gleichzeitig mit dem Ausbau des Dachgeschosses durchzuführen. Die künftigen Wohnungs- und Teileigentümer stimmen bereits heute dem Lifteinbau zu. Die Kosten für den Einbau des Fahrstuhles werden auf die Eigentümer von Wohnungs- und Teileigentumseinheiten je Stockwerk wie folgt verteilt:

Innerhalb der einzelnen Etagen erfolgt die Umlegung der Einbaukosten auf die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer entspr. ihren 1000stel Miteigentumsanteilen.

Der Antragsteller erteilte an einen Architekten und an Handwerker Aufträge zur Planung und zum Einbau des Fahrstuhls und forderte von den Wohnungseigentümern Sonderumlagen ein, ohne darüber Beschlüsse in einer Eigentümerversammlung herbeigeführt zu haben. Er begründete sein Verhalten damit, dass er durch die in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Vereinbarung berechtigt und verpflichtet sei, die Maßnahme so umzusetzen. In der Eigentümerversammlung vom 23.10.2002 führte der Antragsteller unter dem Tagesordnungspunkt „Beschluss über die Abberufung des Hausverwalters” aus, dass die Umsetzung der Vereinbarung über den Lifteinbau nur dadurch verhindert werden könne, wenn er abberufen werde. Die Wohnungseigentümer fassten sodann mehrheitlich den Beschluss, den Antragsteller mit sofortiger Wirkung abzuberufen und den Verwaltervertrag fristlos zu kündigen.

Der Antragsteller hat beim AG beantragt, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären und festzustellen, dass der Verwaltervertrag durch die fristlose Kündigung vom 23.10.2002 nicht beendet worden sei. Das AG hat mit Beschluss vom 24.3.2003 die Anträge abgewiesen, das LG hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers am 25.8.2003 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

Ein wichtiger Grund sowohl für die Abberufung des Verwalters als auch für die fristlose Kündigung des Verwaltervertrags habe vorgelegen. Eine schwere Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Verwalter und den Wohnungseigentümern könne insb. durch gewichtige Pflichtverstöße oder durch Rechtsmissbrauch hervorgerufen sein. Die Vergabe von Aufträgen zu Instandsetzungsmaßnahmen ohne die dafür erforderlichen Beschlüsse der Wohnungseigentümer berechtigten zur Abberufung, wenn das darin zum Ausdruck gelangte Fehlverhalten so gravierend sei, dass der Gemeinschaft eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden könne. Hier liege ein solch schwerwiegender Pflichtenverstoß vor. Die Teilungserklär...

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