Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmer, Beschwerde, Betriebsrat, Aufsichtsrat, Mitbestimmungsrecht, Dienstleistungen, Gesellschaft, Leiharbeitnehmer, Ware, Umzug, Beweislast, Haftung, FamFG, Amtsermittlungspflicht, Darlegungs- und Beweislast, Verletzung des Rechts

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 25.11.2020; Aktenzeichen 38 O 4505/20)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 26. November 2020, Az. 38 O 4505/20, wird zurückgewiesen.

II. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Pflicht der Antragsgegnerin, nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG einen Aufsichtsrat zu bilden.

Die Antragsgegnerin, eine Logistikdienstleisterin der A. Gruppe, ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in P.; von dort aus verteilt sie weltweit Komponenten der Elektroindustrie. Der Antragsteller und Beschwerdeführer ist Betriebsrat der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin, bei der im Jahr 2017 nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG ein Aufsichtsrat gebildet worden ist, hat am 12. März 2020 die Einleitung eines Statusverfahrens bezüglich der Zusammensetzung des Aufsichtsrats im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG lägen nach Ansicht ihrer Geschäftsführung nicht mehr vor. Während sie im Jahr 2017 in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt habe, habe sie nunmehr als Folge der im Jahre 2019 durchgeführten Personalreduktion weniger als 400 Arbeitnehmer. Die Geschäftsführung erwarte nicht, dass die Arbeitnehmerzahl im Kalenderjahr 2020 oder auch danach in der Regel mehr als 400 Arbeitnehmer übersteigen werde. Die Zahl der in der Regel bei der Antragsgegnerin beschäftigten Arbeitnehmer werde damit deutlich unter dem Schwellenwert von 500 liegen, der im Drittelbeteiligungsgesetz für einen obligatorischen Aufsichtsrat vorgesehen sei. Das Drittelbeteiligungsgesetz sei auf sie nicht mehr anwendbar. Die Geschäftsführung weise darauf hin, dass die Aufsichtsratspflichtigkeit der Antragsgegnerin und die Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG i. V. m. § 97 Abs. 2 Satz 1 AktG endeten, wenn nicht Antragsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG i. V. m. § 98 Abs. 2 AktG innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger das nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG i. V. m. § 98 Abs. 1 AktG zuständige Gericht anriefen.

Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schriftsatz vom 12. April 2020 gewendet, der am selben Tag bei dem Landgericht München I eingegangen und am 4. Mai 2020 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden ist.

Zur Begründung hat der Antragsteller, der sein Vorbringen in weiteren Schriftsätzen ergänzt hat, insbesondere ausgeführt, auch wenn aufgrund einer Betriebsänderung (Verlagerung der von A. S. vertriebenen Ware von P. [Deutschland] nach T.[Belgien]) die Anzahl der bei der Antragsgegnerin beschäftigten Arbeitnehmer mit Ablauf des Jahres 2019 bzw. zu Beginn des Jahres 2020 unter die nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG erforderlichen Arbeitnehmer von mehr als 500 gefallen sei, sei die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft derzeit völlig ungewiss. Nach eigenen Angaben der Antragsgegnerin seien die genannten Forecastzahlen (prognostizierte Auftragslage) nicht aussagekräftig. Die Personalplanung der Antragsgegnerin sei nicht nachvollziehbar. Sie basiere nicht auf einer nachvollziehbaren und realistischen Einschätzung der tatsächlichen Sachlage. Tatsächlich herrsche Personalmangel, wie sich an den Überstundenanträgen vom 20./21. Juli 2020 zeige. Im Juli 2020 habe sowohl beim Wareneingang als auch beim Warenausgang ein Rückstand in der Auftragsbearbeitung bestanden; es bestehe ein Mehrbedarf an Mitarbeitern. Am 30. April 2020 habe die Geschäftsleitung bekanntgegeben, dass Auftragsvolumen von A. S. von T. zurück nach P. geholt werde, dies betreffe die Hersteller O. S., N. und STM. Es sei von einer weiteren Verlagerung von Ware und Aufträgen an den Standort der Antragsgegnerin auszugehen. Die mit Mail vom 13. August 2020 bekannt gegebene Schließung des Standorts in N. werde zwangsläufig zu weiteren konzerninternen Auftragsverlagerungen führen. Die Antragsgegnerin, deren Auftragslage durch konzerninterne Verlagerungen der jeweiligen Vertriebsgesellschaften erheblich beeinflusst werde, lege ihre Personalplanung nicht nachvollziehbar dar. Ferner sei nach Angaben der Präsidenten der Schwesterfirmen der Antragsgegnerin eine Entscheidung bezüglich einer Konzentration der bestehenden Aufträge hin zum Betrieb der Antragsgegnerin bzw. einer anderen Gesellschaft erst nach einem Vergleich der verschiedenen Logistikstandorte im Europäischen Wirtschaftsraum möglich. Diesbezüglich habe sich aus Sicht des Antragstellers in der Praxis erwiesen, dass der Betrieb der Antragsgegnerin in P. bezüglich der entscheidende...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?